Reaktionen auf Anschlag in Berlin: Obama und Putin kondolieren Merkel
Regierungen und Religionsvertreter zeigen sich tief betroffen von dem blutigen Vorfall auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz.
Noch in der Nacht durchsuchte die Polizei Berlins größte Flüchtlingsunterkunft am ehemaligen Flughafen Tempelhof. Dort soll der Festgenomme gelebt haben. Bei dem Einsatz wurden vier Männer befragt, alles lief ruhig ab, es gab keine weiteren Festnahmen. Der Verdächtigte streite die Tat bislang ab, heißt es aus Sicherheitskreisen.
Obama telefonierte mit der Kanzlerin
Bei einem Telefonat zwischen Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama habe er der Kanzlerin kondoliert und seine „tiefe Anteilnahme“ ausgedrückt, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Obama „bat die Bundeskanzlerin, den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl zu übermitteln. Den Verwundeten wünschte er rasche Genesung“.
Zugleich versicherte der US-Präsident der Bundeskanzlerin die Unterstützung der USA zur Aufklärung der Hintergründe der Tat, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Auch der russische Präsident Wladimir Putin hat sich „schockiert“ über den mutmaßlichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gezeigt. „Dieses gegen friedliche Zivilisten verübte Verbrechen schockiert durch seine Brutalität und seinen Zynismus“, erklärte Putin am Dienstag.
Der Kreml teilte mit, Putin habe Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kondoliert.
Nach Ansicht des Liberal-Islamischen Bundes (LIB) sollten Zusammenhalt und alltägliches Miteinander nicht infrage gestellt werden. „Lasst uns gemeinsam denjenigen in den Weg stellen, die uns durch Worte und Taten zu spalten versuchen und lasst uns weiterhin für eine offene und friedliche Gesellschaft eintreten“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des LIB.
Die Tat erinnere an das islamistisch motivierte Attentat von Nizza im Sommer dieses Jahres, sagte die LIB-Vorsitzende und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor. „Dies macht uns als (…) Muslime besonders betroffen.“
Solidarität und Mitgefühl von Religionsgemeinschaften
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat den Angehörigen der Opfer seine Solidarität versichert. „Unser tief empfundenes Mitgefühl und unser Beileid gilt allen, die ihre Liebsten bei dieser Schreckenstat verloren haben“, erklärte der Vorsitzende Aiman Mazyek am Dienstag in Berlin. Die Tat erinnere an die Attentate von Brüssel, Paris und Istanbul, „was uns Muslime zutiefst betroffen macht“. Mazyek: „Den Mörder dieser entsetzlichen Tat müsse die volle Härte unserer Gesetze treffen.“
„Tiefe Bestürzung und unendlicher Schmerz befällt uns angesichts der Tatsache, dass so viele unserer unschuldigen Bürger diesem Wahnsinn zum Opfer fielen“, fügte Mazyek hinzu: „Wir stehen in dieser schweren Zeit fest und solidarisch an der Seite unseres Landes. Wir beten für Deutschland und Berlin.“ In den nächsten Tagen würden in den Gottesdiensten vieler Moscheen die Opfer, Verletzten und deren Angehörigen in die Gebete mit aufgenommen werden. „Wir rufen zu gemeinsamen Mahnwachen mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften auf“, erklärte Mazyek.
Der Zentralrat der Muslime wolle dafür einstehen, „dass unsere Weltstadt Berlin mit ihren Menschen eine weltoffene, lebensfrohe und tolerante Stadt ist und bleibt“, so der Vorsitzende Mazyek weiter.
Berlins katholischer Erzbischof Heiner Koch sieht in dem mutmaßlichen Terroranschlag auch einen Angriff auf das christliche Weihnachtsfest. Natürlich sei auch das Weihnachtsfest als Fest des Friedens und der Mitmenschlichkeit besonders getroffen, sagte Koch am Dienstag auf domradio.de: „Hier wird ja wirklich auch eine Botschaft und eine Kultur mitgetroffen.“ Für Dienstagmittag hatte das Erzbistum zu einem stillen Gedenkgottesdienst in die St. Hedwigs-Kathedrale eingeladen.
Koch betonte, „es ist nicht die Zeit der großen Worte und der schönen Parolen“. „Wir werden mit den Angehörigen und mit allen anderen manches nur aushalten – da, wo man nichts mehr sagen kann.“ Mit Blick auf die Opfer und deren Angehörige sagte Koch, „wir können, denke ich, im Moment nur mitschweigen. Wir erleben hier unsere ganze Ohnmacht, die Ohnmacht des „Nicht-mehr-weiter-Wissens“, unterstrich der Erzbischof.
Koch rief die Menschen zugleich dazu auf, alles daranzusetzen, dass die Lage „nicht in Wut und in Ungerechtigkeit umschlägt“. „Und zur gleichen Zeit darf es auch nicht bagatellisiert werden“, forderte das Kirchenoberhaupt. Er gehe davon aus, dass die große Mehrheit sich nicht beirren lassen und den „Weg dennoch in Frieden und Freiheit“ weitergehen werde. „Aber es ist natürlich ein anderes Weihnachtsfest jetzt – eines, das getrübt ist, geprägt von der Gebrechlichkeit des Friedens und der Menschlichkeit. Was für Weihnachten gilt, gilt jetzt auch für Berlin – es ist Nacht“, sagte Koch.
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