Reaktion auf Corona-Krise: Jobcenter reaktiviert das Telefon
Auch die Behörde für Langzeitarbeitslose schließt ihre Standorte. Nun sollen die wieder telefonisch erreichbar sein, was 2017 abgeschafft wurde.
Nur stellt sich das Ganze für die rund 180.000 Menschen, die vom Jobcenter abhängen, schwierig dar. Denn bei den 17 Jobcenter-Standorten wurden trotz Protesten am 13. September 2017 die Telefonnummern abgestellt. Seither ist die Behörde für alle Hartz-IV-Empfänger nur noch durch Vorbeikommen oder Anruf in einem zentralen Callcenter erreichbar. Wer einen falschen Bescheid bekam, konnte das seither nicht telefonisch klären.
Das Jobcenter stellte am Montag einen Text auf die Homepage: „Standorte geschlossen – wir sind trotzdem weiter für Sie da!“. Die Kunden sollten ihre Anträge und Unterlagen „online, per Post, per E-Mail oder über den Hausbriefkasten“, einreichen. „Persönliche Gesprächstermine entfallen“, heißt es. Wer nicht persönlich vorspreche, dem entstünde „kein Nachteil“. Bisher kann ein versäumter Termin zu Kürzungen führen.
Außerdem arbeite das Jobcenter daran, neben der alten Callcenter-Nummer „für Notfälle“ zusätzliche Hotlines mit einem „direkten Kontakt zu einem Ansprechpartner am Standort“ einzurichten. Es werde wieder direkt zum Sachbearbeiter durchgestellt werden, erklärt eine Sprecherin. Das wäre mehr, als es in den letzten zwei Jahren gab.
Die Linke-Sozialpolitikerin Carola Ensslen sagte, es sei schade, dass die Infrastruktur der Telefone abgebaut wurde. „Es wäre gut, wenn die Menschen in Zukunft wieder dauerhaft ihre Sachbearbeiter am Telefon erreichen können“. Es sei zwar richtig, wegen des Coronavirus die Öffnungszeiten einzuschränken. „Es muss aber auch gewährleistet sein, dass Menschen, die akut kein Geld mehr haben, denen der Strom abgeschaltet oder die Wohnung gekündigt wurde, schnelle Hilfen erhalten“, so Ensslen. Dafür müssten die Jobcenter auf Nachweisverfahren verzichten und berücksichtigen, dass nicht jeder die Möglichkeit hat, Unterlagen digital einzureichen.
Den Menschen müsste zudem verständlich mitgeteilt werden, dass sie bei Terminversäumnis nicht mehr mit Leistungskürzung bestraft werden. Ensslen: „Nicht, dass sie sich aus Angst vor Sanktionen in Gefahr begeben, nur um dann vor verschlossenen Türen zu stehen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!