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Reaktion auf Ausweisung aus TschadTschads Botschafterin ausgewiesen

Die Diplomatin Ali Moussa muss Deutschland innerhalb von 48 Stunden verlassen. Das entspricht dem Umgang des Landes mit dem deutschen Botschafter.

Muss Deustchland verlassen: Tschads Botschafterin Mariam Ali Moussa Foto: epa

Berlin taz | Tschads Botschafterin in Deutschland muss das Land innerhalb von 48 Stunden verlassen. Wie das Auswärtige Amt in Berlin am Dienstag mitteilte, erfolgt diese Maßnahme in Reaktion auf die Ausweisung des deutschen Botschafters in Tschad am Osterwochenende.

„In Reaktion auf die unbegründete Ausweisung unseres Botschafters in Tschad haben wir heute die tschadische Botschafterin in Berlin, Mariam Ali Moussa, einbestellt und sie aufgefordert, Deutschland binnen 48 Stunden zu verlassen. Wir bedauern, dass es dazu kommen musste“, erklärte das Auswärtige Amt. „Botschafter Kricke hat sein Amt in N’Djamena vorbildlich ausgeübt und sich für Menschenrechte und den raschen Übergang zu einer zivilen Regierung in Tschad eingesetzt. Dieses Engagement wird die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Tschad gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort fortführen.“

Der seit 2021 in Tschad stationierte deutsche Botschafter Gordon Kricke war am Abend des Freitag 7. April von Tschads Regierung zur unerwünschten Person erklärt und aufgefordert worden, das Land innerhalb von 48 Stunden zu verlassen. Als Begründung wurde „mangelnder Respekt für diplomatische Gepflogenheiten“ genannt. Kricke reiste am Samstagabend aus und traf am Sonntag in Berlin ein. Die Botschaft wird nun geschäftsführend von den verbleibenden Mitarbeitern unter Leitung der stellvertretenden Botschafterin weitergeführt.

Proteste werden massiv niedergeschlagen

Die offizielle deutsche Betonung, man setze sich „für Menschenrechte und den raschen Übergang zu einer zivilen Regierung in Tschad“ ein, ist eine Bestätigung deutlicher Kritik an der Regierung von Präsident Mahamat Déby in N'Djamena, was als Grund für Krickes Ausweisung gibt.

Präsident Déby sollte 2021 eigentlich nur für eine Übergangszeit von 18 Monate Staatschef in der Nachfolge seines im Rahmen von Kampfhandlungen verstorbenen Vaters Idriss Déby werden. Im Oktober 2022 hatte er auf einem „nationalen Dialog“ diese Übergangsfrist um zwei Jahre verlängern und die Möglichkeit seiner anschließenden Kandidatur bei Präsidentschaftswahlen festschreiben lassen. Proteste dagegen wurden mit massiver Gewalt und Dutzenden Toten niedergeschlagen.

Deutschland ist nicht das einzige Land, das daran scharfe Kritik geübt hat, aber das einzige, dessen Botschafter jetzt infolgedessen das Land verlassen musste.

Derweil berichtet eine tschadische Nachrichtenseite, ein tschadisches Militärfahrzeug habe direkt vor dem deutschen Botschaftsgebäude in N'Djamena einen schweren Verkehrsunfall verursacht. Ein Motorrad, auf dem ein Vater seine drei Kinder zur Schule bringen wollte, sei am Dienstag im morgendlichen Verkehr vor dem Gebäude von einem Militärfahrzeug angefahren worden, das entgegen der Verkehrsrichtung unterwegs war, „ohne jeden Respekt für die Verkehrsregeln“, wie der Bericht ausführt. Alle vier seien nun verletzt. Verkehrspolizisten hätten den Unfall aufgenommen, aber den Verletzten keine Hilfe geleistet.

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6 Kommentare

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  • Generelles vorneweg:



    Sehr geehrter Herr Johnson, liebe Taz, danke für die kompetente Berichterstattung, auch aus anderen Ländern.



    Es gibt ja (leider) nicht nur in der Ukraine Not und Elend.



    Zum Artikel;



    Konsequentes Handeln der Regierung!



    Ein Land, dass Botschafter ausweist, hat mit Nichts Anderem als Antwort zu rechnen.



    Als Demokratie haben wir die moralische Pflicht, DemokratInnen in anderen Ländern zu unterstützen.



    Der Botschafter hatte in diesem Sinne völlig korrekt gehandelt, indem er eine versprochene Wahl anmahnte.



    Folter, Erschießungen von Demonstranten und Ähnliches, ist inakzeptabel. Im Gegensatz zu einem Vielschreiber in diesem Bereich verstehe ich eine Wortmeldung dazu nicht als "ungebührliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes".



    So argumentieren in der Regel Despoten.



    Glücklicherweise ist in der Kommune zu erkennen, dass eine Mehrheit die Demokratie hochhält.



    Somit sollte der Person deutlich werden, dass sie offenbar keine überzeugenden Argumente vorzuweisen hat.



    Wie man/frau aus einer solchen Position heraus, einem Botschafter Sprachunterricht geben will, grenzt an Selbstüberschätzung.

  • Anstatt sich für die unglücklichen Formulierungen des Botschafters zu entschuldigen und die Missverständnisse auf diplomatischem Wege durch die Außenministerin auszuräumen holt das AA den Holzhammer raus und jagt die Botschafterin in die Wüste. Ein solches Verhalten wird ganz sicher in ganz Afrika wahr genommen werden und die Position Deutschlands erheblich schwächen.

    Immer mit den Zeigefinger voraus. Das wird sicherlich helfen weiter Rohstoffpartnerschaften abzuschließen.

    • @DiMa:

      Scheinbar haben einige Menschen momentan Probleme mit Diktatoren oder solche die es werden wollen. Bestimmt ist es bequem vom Sofa aus zu beurteilen was andere hätten "Machen" oder "Tun" sollen. Fakt ist eines unter Diktatoren sterben Menschen sehr schnell wenn sie eigene Meinungen entwickeln. Daher finde ich es mutig, verpflichtend das Menschen daraufhinweisen das dies nicht UN konform ist. Wenn es keine Kritik gibt entwickelt sich aus einem Diktator ein "Ungeheuer". Was wäre denn mit den Ostdeutschen passiert wenn nicht die westlichen Medien einen guten Blick auf diese "Lumpenregierung" gehabt hätte.

      • @Andreas Voigt:

        Die Kritik wird an der Situation vor Ort nichts ändern, die Position des Kritikers wird lediglich geschwächt und die hinterlasse Lücke wird durch weniger kritische Staaten gefüllt werden (insbesondere China, Russland, Saudi Arabien).

        Im Ergebnis verbessert sich durch die Kritik vor Ort nichts und es gibt nur einen Verlierer: Deutschland.

        Wer angesichts der heutigen politischen Weltlage irgendwo versucht, mit der diplomatischen Moralkeule Punkte zu sammeln, der macht das allensfalls aus innenpolitischen Gründen auf Kosten des außenpolitischen Einflusses.

    • @DiMa:

      Haben Sie da irgendwelche Originalzitate, die "unglückliche Formulierungen" speziell des deutschen Botschafters belegen? Ich konnte bislang leider nur einhellige Kritik und Besorgnis am diktatorischen Kurs, der brutal und mörderisch jede Forderung nach Erfüllung des ursprünglichen "Versprechens" nach freien Wahlen niederschießen lässt, finden - und dass angesichts der immer noch starken militärischen Präsenz Frankreichs dort die Machthaber sich nicht getrauen, ähnlich mit dem französischen Botschafter zu verfahren, der die Kritik und Besorgnis des deutschen Auswärtigen Amtes offensichtlich vollständig teilt...

      • @Alohomorus:

        Sie schreiben ja selbst, dass der Botschafter Kritik geübt hat. All diese Punkte betreffen innerstaatliche Angelegenheiten des Tschad. Hier hätte der Botschafter zurückhaltender agieren sollen.

        Ob in einem Land Wahlen abgehalten werden oder nicht ist eine innenpolitische Entscheidung eines Staates. Auch die Art der Regierungsform ist ausschließlich eine innerstaatliche Angelegenheit.