Raumsonde Cassini verabschiedet sich: Programmierter Absturz
Knapp 20 Jahre war die Saturn-Sonde unterwegs. Sie lieferte riesige Mengen an Daten und Bildern. Am Freitag wird Cassini auf den Planeten stürzen.
Berlin taz | Für Weltraumexperten wird es ein ganz großer Abschied. Rund zwanzig Jahre nach ihrem Start wird die Sonde Cassini am Freitag aus einer Entfernung von rund 1,5 Milliarden Kilometern ein letztes Mal Daten zur Erde senden. Die 12.500 Kilogramm schwere Sonde wird dann kontrolliert in den Saturn stürzen.
So hat es zumindest die US-Raumfahrtbehörde Nasa geplant. Der Treibstoff geht zu Ende. Das „große Finale“ wird von der Nasa emotional aufgeladen regelrecht zelebriert, als ginge es darum, einen langjährigen Mitarbeiter und Freund zu verabschieden.
„Das Ende der Mission wird ein ergreifender Moment, aber ein passender und sehr wichtiger Abschluss einer beeindruckenden Reise“, sagte Missionsleiter Earl Maize, vom Jet Propulsion Laboratory“ (JPL) am California Institute of Technology (Caltech), das für die Nasa arbeitet. Eingeleitet wurde die Endphase bereits vor fünf Monaten.
Nachdem Cassini bereits dreizehn Jahre erfolgreich den Ringplaneten Saturn mit seinen mehr als 60 Monden umkreiste, wurde die Sonde im April diesen Jahres auf eine Bahn gelenkt, die zwischen Saturn und seinen Ringen verlief. Eine Premiere, denn zuvor war noch nie eine Sonde in diese Region geschickt worden.
22-mal sollte Cassini diese 2.400 Kilometer breite Lücke zwischen Planeten und Ringen durchqueren. „Basierend auf unseren Modellen erwarten wir, dass dieser Zwischenraum frei von Partikeln ist, die groß genug wären, um die Sonde zu beschädigen“, sagte Missionsleiter Maize seinerzeit. Er behielt recht. 21-mal ging es gut.
Die letzte Tour
Derzeit ist Cassini das letzte Mal unterwegs. Die Flugbahn wurde so berechnet, dass die Sonde von der Anziehungskraft des Saturns hinabgezogen wird. Das „letzte Abtauchen“ beginnt nach Angaben der Nasa Freitag um 10.37 Uhr (MESZ), dann wird die Sonde in die Atmosphäre des Gasriesen eintauchen. Geplant ist, dass acht der zwölf wissenschaftlichen Instrumente an Bord der Sonde bis zuletzt arbeiten und Daten an die Erde senden. Kurz vor 14 Uhr erwarten die Raumfahrtexperten in Kalifornien das letzte Signal von Cassini.
Die Sonde wird sich dann 1.500 Kilometer über dem Planeten befinden. Kurz darauf wird sie in der Atmosphäre verglühen. „Während des Rasens in die Atmosphäre werden wir in Echtzeit Daten senden – das gab es noch nie am Saturn“, sagt Nasa-Managerin Lisa Spilker gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Die Astronomen erwarten wertvolle Daten, etwa über die Zusammensetzung der Saturnatmosphäre.
Über Cassinis Ende wird das JPL live im Internet berichten. Um 13 Uhr unserer Zeit beginnt am Freitag die Liveübertragung aus dem Kontrollzentrum im kalifornischen Pasadena.
Unabhängig davon, ob Cassinis Ende so wie geplant abläuft, die mehr als 3,2 Milliarden Dollar teure Weltraummission, an der tausende Mitarbeiter aus 17 Ländern beteiligt waren, ist ein großer Erfolg. Sowohl was die Ausbeute an Daten angeht als auch die technische Durchführung. Zweimal wurde die Mission sogar verlängert – 2008 und 2010 –, weil sie so gut lief.
Unterirdischer Ozean
Neben beeindruckenden Bildern der Saturnringe und Daten über die Chemie des Saturnsystems lieferte Cassini auch völlig unerwartete Forschungsergebnisse: Dazu zählt etwa der Nachweis eines unterirdischen flüssigen Ozeans auf dem kleinen Saturnmond Enceladus.
In den fast zwanzig Jahren der Cassini-Mission wurden riesige Datenmengen zur Erde gesendet. „Besonders wichtige Daten wurden dabei sicherheitshalber doppelt übertragen“, berichtet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dazu gehörten unter anderem fast 9.000 Bilder und „408.435 Datensätze des Spektrometers, das im visuellen und infraroten Wellenlängenbereich aufnimmt. Alle Daten wurden im Planetary Data System (PDS) der Nasa archiviert und stehen damit Wissenschaftlern weltweit, aber auch der Allgemeinheit, zur Verfügung. Dabei handelt es sich nicht nur um die Rohdaten, sondern auch um abgeleitete Daten, wie zum Beispiel Bildmosaike und Karten.“
Huygens Mondlandung
Ein spektakulärer Höhepunkt war am 14. Januar 2005 die Landung Sonde Huygens auf dem Saturnmond Titan. Die nach dem niederländischen Astronomen Christian Huygens (1629–1695) benannte Sonde war huckepack mit Cassini auf die Reise geschickt worden. Die Landesonde Huygens trennte sich von Cassini und raste mit 18.000 Kilometern pro Stunde auf den Mond Titan zu. Nachdem sie auf 1.400 Kilometer pro Stunde abgebremst worden war, öffneten sich in einer Höhe von 160 Kilometer zwei Landefallschirme.
Schon nach wenigen Minuten war klar, dass Huygens die Landung weitgehend unbeschadet überstanden hatte. Über eine Stunde lang sendete sie Daten von der Oberfläche des Titans, bis aufgrund der extrem niedrigen Temperatur von minus 180 Grad Celsius die Geräte versagten.
Dabei sah es zu Anfang der Mission nicht danach aus, dass aus dem Vorhaben eine Erfolgsstory wird. Schon Monate bevor am 15. Oktober 1997 die Sonde in Cape Canaveral in Florida in das Weltall geschickt wurde, gab es in vielen Ländern Proteste. Denn zur Energieversorgung hatte Cassini Plutoniumbatterien an Bord. 23 Kilogramm des hochgiftigen, radioaktiven Materials gingen mit auf die Reise. Kritiker befürchteten, dass bei einem Unfall das Plutonium in der Erdatmosphäre verdampfen könnte. Im schlimmsten Fall wären – nach den Berechnungen der Nasa – mehrere Milliarden Menschen davon betroffen. Dieses Szenarium ist zum Glück nicht eingetreten.
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