Raubzug im Pariser Louvre: Schatzkammer des Museums geplündert
Eine gut organiserte Bande hat im Louvre Schmuck von „unersetzbarem Wert“ gestohlen. Sie hatte es auf die französischen Kronjuwelen abgesehen.

Am hellen Sonntagvormittag um 9.30 Uhr ist es drei oder vier Einbrechern gelungen, in einen Saal des Pariser Louvre einzudringen und dort wertvolle Schmuckstücke zu stehlen. Sie benutzten dazu ganz einfach einen Lastenaufzug, wie man ihn normalerweise für das Umziehen einsetzt. Unverfroren konnten die Diebe dann durch ein Fenster im ersten Stockwerk in die „Apollo-Galerie“ gelangen, wo die historische Bijouterie ausgestellt ist. Mit ihrem Einbrecherwerkzeug brachen dann zwei Vitrinen auf, um anscheinend ungestört einen Teil der Ausstellungsobjekte auszuwählen.
Der Wert ihrer Beute ist noch nicht bekannt. Frankreichs Innenminister Laurent Nuñez aber sprach von Schmuckstücken „von unschätzbarem Wert“. Bei diesem spektakulären Einbruch in das weltbekannte Museum in Paris wurde nach Angaben der Kulturministerin Rachida Dati niemand verletzt. Der Louvre wurde unmittelbar, nachdem der Vorfall entdeckt wurde, für die Besucher geschlossen, um die Spurensuche der Ermittler zu erleichtern.
Innenminister Nuñez geht davon aus, dass es sich bei den Tätern um eine gut organisierte Bande handelt, die vorgängig die Örtlichkeiten und die ausgestellten Wertsachen inspiziert habe. Offensichtlich kannten sie auch die vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen. Ihr Angriff dauerte nicht lange: Sie fuhren mit dem Lastenaufzug auf einem kleinen LKW an der Fassade des Louvre vor, stiegen durch ein eingeschlagenes Fenster in den Saal, um mit einer Kreissäge die Glasvitrinen aufzubrechen und in Windeseile die vermutlich besten Schmuckstücke einzusammeln. Die Täter seien auch auf Motorrollern geflüchtet, so Nuñez.
Polizei hofft auf raschen Erfolg
Nuñez sagte nicht, ob die Diebe – laut seinen Angaben drei oder vier Profis – von Überwachungskameras auf der Straße oder im Museum gefilmt wurden. Er hofft aber, dass ihnen die Polizei schnell auf die Spur kommt und vor allem dass die gestohlenen Schmuckstücke bald wieder in den Louvre zurückkehren.
Die Zeitung Le Figaro gibt in einer Beschreibung der Apollo-Galerie einen Eindruck des unersetzbaren Werts der Beute: „Unter der von Le Brun und Delacroix gemalten vergoldeten Decke des 60 Meter langen Saals sind seit 1887 die Kronjuwelen Frankreichs aufbewahrt: der legendäre 160-karätige Diamant „Le Regent“, der im 17. Jahrhundert in Indien gefunden wurde, die Krone von Ludwig XV. Mit 282 Diamanten und 64 mehrfarbenen Edelsteinen oder auch die Krone der Kaiserin Eugénie, die mit 1354 Diamanten und 56 Smaragden eingefasst ist.“ Ausgestellt wurden in dem Saal auch eine Smaragd- und Diamantkette, die Napoleon seiner Frau, Kaiserin Marie-Louise, schenkte.
Laut ersten Informationen befindet sich der Diamant Le Regent, der als schönster und reinster seiner Art gilt, immer noch an seinem Ort. Die Krone der Eugénie aber sei außerhalb des Museums, wo die Einbrecher sie eventuell in der Eile verloren hätten, in beschädigtem Zustand aufgefunden wurden, glaubt Le Parisien zu wissen.
Schon die „Mona Lisa“ wurde gestohlen
Es war für die Diebe einfach, sich womöglich die besten Stücke vorher im Internetkatalog des Louvre, in dem diese Schmuckstücke im Detail beschrieben sind, auszusuchen. Was genau entwendet wurde, hat die Direktion des Louvre vorerst nicht präzisiert. Diese historischen Kronjuwelen und Zeugnisse der Pracht der Monarchie und des Second Empire sind aber einmalig in ihrer Art. Ihr Verkauf an Hehler auf dem Schwarzmarkt dürfte darum für die Einbrecher nicht leicht werden.
Es wäre für das französische Kulturerbe ein nicht wiedergutzumachender Verlust, falls die Edelmetalle und Juwelen separat zu ihrem schnöden Materialwert abgesetzt würden. Die Staatsanwaltschaft in Paris leitete am Sonntag Ermittlungen wegen „organisierten Bandendiebstahls“ und „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ein.
Natürlich ist in Frankreich unvergessen, dass selbst die Leonardo da Vincis „Mona Lisa“ im Louvre in der Vergangenheit nicht vor Dieben bewahrt blieb. Am 21. August 1911 stahl der im Museum tätige italienische Arbeiter Vincenzo Peruggia das weltberühmte Porträt. Sein Motiv war es angeblich, das Gemälde nach Italien zurückzubringen, wo es hingehöre. Zwei Jahre später wurde er aber überführt – und die Mona Lisa, heute die Hauptattraktion des Louvre, ist seither gegen Diebe bestens geschützt.
Die Raubzüge nehmen zu
Die Raubzüge in französischen Museen häufen sich. In der Nacht vom 15. auf den 16. September erst waren Unbekannte durch eine aufgebrochene Tür in das Pariser Museum für Naturgeschichte eingedrungen, wo sie im Saal für die Geologie vier historische Goldklumpen von insgesamt 6 Kilogramm aus den Ausstellungsvitrinen mitnahmen. Einer davon wiegt allein 5 Kg, er kommt aus Australien und wurde vom Museum vor 20 Jahren käuflich erworben, gab der Vizedirektor des Museums an.
Auch diverse bekannte und weniger bekannte Museen in der französischen Provinz wurden in der letzten Zeit Opfer von Einbrüchen und Raubüberfällen. So Anfangs September im Keramikmuseum von Limoges, wo vermutlich auf Bestellung drei besonders wertvolle Stücke gestohlen wurden.
„Kunstobjekte sind heutzutage im Visier der organisierten Kriminalität“, sagte Kulturministerin Rachida Dati am Sonntag im Fernsehsender TF1. „Museen sind zu Zielen geworden.“
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