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Rassistischer Anschlag vermutetMann fährt in Fußgängergruppe

Ein Autofahrer fährt im Ruhrgebiet in eine Menschenmenge, vier Menschen sind verletzt. Ermittler haben Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Anschlag.

Ein Autofahrer hat in Bottrop seinen Wagen gezielt in eine Fußgängergruppe gesteuert Foto: dpa

Bottrop dpa | Ein 50-jähriger Autofahrer ist in der Silvesternacht in Bottrop im Ruhrgebiet womöglich aus fremdenfeindlichen Motiven in eine Menschengruppe gefahren. Mindestens vier Personen wurden teils schwer verletzt. „Die Ermittlungsbehörden gehen derzeit von einem gezielten Anschlag aus“, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei am Dienstag mit. „Bereits bei seiner Festnahme äußerte sich der Fahrer mit fremdenfeindlichen Bemerkungen.“

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) erklärte: Der Fahrer hatte die „klare Absicht, Ausländer zu töten“. Der Fall müsse „sehr ernst genommen werden“, es werde mit Hochdruck ermittelt.

Unter den Verletzten sind Syrer und Afghanen. Zwei weitere Versuche des Mannes, in Bottrop und der Nachbarstadt Essen Passanten anzufahren, schlugen fehl. Hier kamen die Menschen mit dem Schrecken davon. Die Ermittler haben nach eigenen Angaben „erste Informationen über eine psychische Erkrankung des Fahrers“. Zu seiner Nationalität machten sie zunächst keine Angaben.

Der aus Essen stammende Mann hatte nur Minuten nach dem Jahreswechsel mit seiner Attacke begonnen. Auf einer Zufahrtsstraße zur Bottroper Innenstadt habe der 50-Jährige mit seinem Wagen zunächst auf einen einzelnen Passanten zugehalten, berichteten die Behörden. Doch der Fußgänger konnte sich retten.

Danach kam es zu dem folgenschweren Zwischenfall am zentralen Berliner Platz. Der Autofahrer sei in eine Gruppe von Menschen gefahren, die gerade den Jahreswechsel mit Böllern und Raketen feierten. Dabei wurden mindestens vier Menschen teils schwer verletzt. Unter den Verletzten sind auch Syrer und Afghanen, teilten die Ermittler mit.

Flucht nach Essen

Der Mann flüchtete den Angaben zufolge anschließend in seine Heimatstadt Essen. Dort habe er noch einmal versucht, gezielt in eine an einer Bushaltestelle wartende Menschengruppe zu fahren. Die Polizei nahm den Mann wenig später fest. Schon dabei habe er sich fremdenfeindlich geäußert, erklärten die Behörden.

Zu den Hintergründen und dem genauen Ablauf der Tat sind noch viele Fragen offen: So sei nicht klar, warum der Anschlagsversuch in Essen gescheitert sei, sagte eine Polizeisprecherin. „Vielleicht sind Leute weggerannt, vielleicht hat das aus anderen Gründen nicht funktioniert. All das zu klären, ist jetzt unsere Aufgabe.“ Es müssten jetzt Zeugen befragt werden.

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5 Kommentare

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  • Man kann den Betroffenen nur gute Besserung wünschen und hoffen, dass der Täter seinen Führerschein lebenslänglich verliert.

    War die Attacke durch vier junge Männer auf 12 Passanten, darunter auch Minderjährige, mit Schlägen und Tritten, gestern in Amberg, eigentlich auch ein fremdenfeindliches Hassverbrechen?

    • @Mareike:

      Na, machen Sie etwa auch bei der Verharmlosung mit? ;/



      "... Rassistische Tat in Bottrop verharmlost

      Beide Fälle hätten ihn „sehr betroffen“ gemacht, sagte ­Seehofer. Es gehöre zur „politischen Glaubwürdigkeit, beide Fälle mit Entschiedenheit und Härte zu verfolgen“. Auch die Bundesregierung verurteilte beide Fälle gleichermaßen und betonte, es gebe in Deutschland keinen Platz für Extremismus und Intoleranz, egal von welcher Seite ein solches Verhalten komme.

      Nun sind betrunkene gewalttätige Männer ein weit verbreitetes Problem, dessen man sich annehmen muss. Man sollte allerdings meinen, dass sie eine andere Qualität haben, als wenn jemand in sein Auto steigt und damit gezielt Menschen töten will, die er in seinem hasserfüllten Weltbild als „Fremde“ kategorisiert.

      Diese sehr unterschiedlichen Fälle in einem Atemzug zu bewerten, ist somit nicht nur eine überzogene Reaktion auf die Vorfälle in Amberg – es verharmlost zugleich die rassistische Tat in Bottrop. Aus „eigener Betroffenheit“ habe der Mann einen „Hass auf Fremde“ entwickelt, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Die Tat sei im Bereich der „Allgemeinkriminalität“ einzuordnen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Ein strukturelles Rassismusproblem in Deutschland, wo dieser Tage Drohbriefe mit „NSU 2.0“ unterschrieben werden? Nicht doch.

      Und so verwundert es nicht, dass in der Konsequenz lediglich über die Verschärfung des Asylrechts diskutiert wird. Ob die Attacken eines Deutschen in Bottrop gesetzliche Änderungen erforderlich machten, sei nicht abzusehen, hieß es aus dem Innenministerium."



      www.taz.de/Schlaeg...g-in-NRW/!5559981/

    • @Mareike:

      Das muss geklärt werden. Wissen Sie etwas Näheres darüber? Ich bin ja froh, dass bei uns erst untersucht, dann angeklagt und dann durch Leute, die es gelernt haben, nach Recht und Gesetz geurteilt wird.

      • @Karl Kraus:

        @Mareike



        Auch, wenn Ihre Frage hier natürlich dazu dient, auf gar keinen Fall rechtsextreme Gewalt für sich sprechen zu lassen, kann ich bestätigen: Laut Zeugen sind auch rassistische und sexistische Beleidigungen gefallen.

        Sie wissen grundsätzlich aber schon, dass Sie hier mehrfachen Tötungs- bzw. Totschlagversuch zu relativieren versuchen? Ich weiß nicht, mit wem Sie im Alltag Gespräche führen und wie differenziert sie sind, deshalb riskiere ich eine Belehrung:



        1. Jeder Angriff auf andere Menschen ist schrecklich. Deshalb ist es eine weitere Gemeinheit, bei der deinen Untat auf eine andere zu verweisen.



        2. Man muss nicht deshalb in Panik geraten, weil die eigenen Leute Untaten begehen, die man sich von den anderen erhofft hätte, um diese weiter fürchten zu dürfen: Man kann auch ein Problem mit Flüchtlingen haben, wenn es rechtsextreme oder xenophobe Gewalt gibt. Das ist ja das Schöne: Es ist die Gewalt des Feindbildes immer Bestätigung für den eigenen Hass. Die Gewalt der Gleichgesinnten dagegen ist immer Einzelfall oder Notwehr. Klappt hervorragend.



        3. Gewalt wegen Rassismus ist eine andere als asoziale Schlägereien, denn der Rassist wähnt sich im Recht und hassthassthasst, der Asoziale weiß in der Regel, dass er scheiße baut.

    • @Mareike:

      Hoffe, dass die Tat nicht instrumentalisiert wird...