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Rassistische Proteste in SachsenSie rufen „Sieg Heil“

In Freital demonstrieren weiter Menschen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen. In Meißen brannte am Wochenende eine geplante Flüchtlingsunterkunft.

Am Freitag in Freital: Pegida-Anhänger demonstrieren gegen die Aufnahme von Asylbewerbern Foto: ap

DRESDEM/JENA/BERLIN epd | Im sächsischen Freital sind am Wochenende erneut Gegner und Unterstützer einer Flüchtlingsunterkunft auf die Straße gegangen. Bei der bislang größten Solidaritätskundgebung für die Asylbewerber zählte die Polizei am Freitagabend 550 Menschen. Ihnen standen 250 Sympathisanten der rechtsgerichteten Gruppe entgegen, die bereits seit mehreren Tagen Stimmung gegen das Heim macht. Auch am Samstagabend standen sich beide Seiten wieder gegenüber: 80 Flüchtlingsunterstützer und 40 Asylgegner demonstrierten in der Kleinstadt bei Dresden, wie die Polizei in der sächsischen Landeshauptstadt am Sonntag mitteilte.

In dem ehemaligen Hotel sollen bis zu 280 statt bislang 100 Asylbewerber untergebracht werden, weil die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Chemnitz überlastet ist. Unter den Einwohnern, die dagegen protestieren, sind Unterstützer der „Pegida“-Bewegung. Einige zeigen sich offen rechtsextrem: Drei Männer wurden nach Angaben der Polizei in den vergangenen Tagen festgehalten, weil sie „Sieg Heil“ gerufen oder den Hitlergruß gezeigt haben. Aufseiten der Flüchtlingsunterstützer wurde ein Demonstrant durch eine geworfene Dose am Kopf verletzt. Es war nicht das erste Mal, dass Gegendemonstranten Verletzungen davon trugen.

Die Polizei ist derzeit stets in dem Ort präsent. Allein am Freitag waren den Angaben zufolge 170 Polizisten im Einsatz, um Zusammenstöße zwischen beiden Seiten zu vermeiden. Dabei sei es auch zum Einsatz von Pfefferspray gekommen.

Im ebenfalls nicht weit von Dresden entfernten Meißen hat es in der Nacht zu Sonntag in einer für Flüchtlinge vorgesehenen Unterkunft gebrannt. Nach Angaben eines Polizeisprechers ist bei dem Feuer ein Zimmer völlig zerstört worden. Das komplette, derzeit noch unbewohnte Gebäude sei verrußt. Die Brandursache sei noch unklar. Die Polizei sprach daher noch nicht von Brandstiftung. Dennoch erinnert der Fall an Brände im sachsen-anhaltischen Tröglitz und fränkischen Vorra. Dort wurden Asylunterkünfte in Brand gesteckt, unmittelbar bevor Flüchtlinge dort einziehen sollten.

Weitere Übergriffe

Flüchtlingsunterkünfte wurden am Wochenende auch in Berlin und Jena Ziel von Übergriffen. In der Bundeshauptstadt wurden in der Nacht zu Samstag an ein Heim im Stadtteil Niederschönhausen mehrere Hakenkreuze geschmiert. In der gleichen Nacht sind nach Polizeiangaben vor einer Flüchtlingsunterkunft in Jena drei Fahrzeuge vorgefahren, aus denen die Insassen „Ausländer raus“ gebrüllt hätten.

In der thüringischen Universitätsstadt wurde für den gleichen Tag eine Demonstration der rechtsextremen „Europäischen Aktion Thüringen“ angekündigt. Rund 1.800 Menschen stellten sich dem nach Angaben der Polizei entgegen. Aufseiten der Neonazis kamen statt der angekündigten 500 nur rund 100 Teilnehmer. Die Versammlungen verliefen den Angaben zufolge weitgehend störungsfrei. Allerdings erteilte die Polizei gegen rund 50 Neonazis Platzverweise für Pößneck, wo am gleichen Tag der Thüringentag 2015 stattfand. Die Betreffenden hätten angekündigt, dorthin reisen zu wollen, um „Stimmung“ zu machen.

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6 Kommentare

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  • Wird da nicht Meissener Porzellan zerschlagen?

    Boykottiert Meissen auf dem Weltmarkt.

  • Und schon der nächste Brandanschlag - natürlich mal wieder bei den friedliebenden und toleranten Sachsen: http://www.sueddeutsche.de/politik/mumasslich-rechtsextremer-hintergrund-kuenftige-fluechtlingsunterkunft-in-meissen-in-brand-gesteckt-1.2542069

     

    Ein Skandal ist die unverschämte Reaktion von Innenminister Thomas de Maizière, der erstaunlich viel Verständnis für rechte Hassprediger aufbringt und mit einen relativistischen "Ja, aber"-Satz einen versuchten Mordanschlag faktisch verharmlost: "Ich toleriere

    keine Form von Gewalt oder Hass. ABER wir dürfen nicht übersehen, dass bei einem kleinen Teil der Bevölkerung Frust und sogar Wut steigen."

     

    Die erste Relativierung liegt schon in der Formulierung "keine Form von..." und mit dem ABER zeigt er durch die Hintertür sogar Verständnis für Gewalt und verharmlost rechten Terror.

     

    Man stelle sich vor, de Maizière hätte zu einem Terroranschlag eines Salafisten erklärt, dass er zwar keine Form von Gewalt toleriere, aber es gäbe schließlich bei einer kleiner Anzahl von Moslems Frust und Wut gäbe, weil sie ständig diskriminiert und verachtet werden...

     

    Diese Art der geschmacklosen Rechtfertigung und der Verharmlosung von Straftaten hört man immer nur, wenn es um Anschläge und Terror von Rechts geht.

  • Ich bin jetzt schon auf die politischen Statements gespannt, wenn sich Rostock-Lichtenhagen irgendwo in Schland widerholt. So alternativlos wie unveränderbar die Schulden-Lohn-Politik so naiv bis "hassgeschürt" bleiben Teile der Bevölkerung.

  • Ist derzeit mal eine Partei sichtbar, die dort dagegen hält? Wer sorgt denn für die Bestrafung bei der Benutzung verfassugnsfeindlicher Zeichen? Wer sagt dem Mob mal, dass Deutschland auch mit allen Flüchtlingen jedes Jahr um 5 % mehr Vermögen hat und Demonstrationen sich eher gegen die aufgehende Schere zwischen arm und reich richten sollten? bemühungen um Integration, wie angeblich von der Pegida gefordert, sehen auch was anders aus als diese Demonstrationen des Hasses samt "Sieg Heil!"-Rufen.

     

    Das nimmt ein schlimmes Ende, wenn es die Unionsparteien immer nur zum Anlass nehmen, noch weiter nach rechts zu rücken, um keine Lücke zu hinterlassen und niemals aus ethischen Erwägungen dagegen halten.

    • @Celsus:

      Der sächsische Ministerpräsident Tillich war vor Ort.

      Und: WER wohnt in den noblen Orten vor Dresden?: Nicht wohl die Ärmsten, sondern wohl die gut Situierten.

    • @Celsus:

      Dagegen halten macht sich immer so blöd wenn es nur um Machterhalt geht.