Rassistische Polizisten in Finnland: Mal nach den Rechten schauen
Mehr als ein Drittel aller finnischen Polizisten ist in einer rassistischen Facebook-Gruppe. Für den ersten gab es bereits persönliche Konsequenzen.
Die Diskussionsgruppe zeugt davon, wie offen rassistisches und fremdenfeindliches Gedankengut bei diesen StaatsdienerInnen verbreitet zu sein scheint. Die Gruppe diskutierte auch, ob Ausländergruppen Armbinden tragen sollten – mit solcher Kennzeichnung habe man vor 80 Jahren in Deutschland ja gute Erfahrungen gemacht. Insgesamt sollen 2.800 Polizeibeamte, mehr als ein Drittel aller finnischen PolizistInnen des Landes, zu dieser Gruppe gehören.
Der Polizeiführung scheint die Gruppe nicht völlig unbekannt gewesen zu sein. Auch erste Kommentare nach der Long-Play-Veröffentlichung verwunderten: Das sei kein offizieller Kommunikationskanal der Polizei, die Beamten hätten sich dort ja „nur“ als Privatpersonen geäußert, das sei ja nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen.
Innenministerin Paula Risikko sieht das anders: „Es gelten die gleichen Regeln, egal ob sich Polizeibeamte im Dienst oder privat äußern.“ Sie verspricht nun eine umfassende Untersuchung, denn „es herrscht komplette Nulltoleranz gegen Rassismus“. Das jetzt veröffentliche Material solle der Staatsanwaltschaft übergeben werden. Ob dieses Straftatbestände erfülle, könne man nicht mit Sicherheit sagen, meint der Strafrechtsprofessor Jussi Tapani.
Innenministerin Paula Risikko
Darum gehe es aber auch nicht in erster Linie, betont die Innenministerin: Es reiche, wenn das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei gefährdet sei. Beispielsweise, wenn es „völlig verwerfliche Schreibereien“ gebe, wie die zum Selbstmordversuch eines Asylsuchenden, zu dem es hieß: „Nicht einmal das schaffen die.“
Risikko kündigt auch an, den Auswahlprozess für den Polizeiberuf unter die Lupe zu nehmen. Für einen Polizeibeamten, der die Diskussionsgruppe bis vor Kurzem moderiert und keine Veranlassung gesehen hatte, rassistische Kommentare zu löschen, gab es bereits persönliche Konsequenzen. Er war bei der Polizei in Helsinki nämlich ausgerechnet Leiter der Ermittlungsgruppe gegen Hass-Rethorik im Internet. Er wurde am Dienstag mit sofortiger Wirkung von dieser Aufgabe entbunden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Resolution gegen Antisemitismus
Nicht komplex genug
Nach Ausschluss von der ILGA World
Ein sicherer Raum weniger
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben