Rassistische Polizeigewalt in den USA: Demokraten legen Reformpaket vor
Die Demokraten wollen die Polizei stärker kontrollieren und Würgegriffe verbieten. Auch einige Republikaner sind offen für Reformen.
„Ein Beruf, in dem jemand die Macht hat zu töten, sollte ein Beruf sein, der gut ausgebildete Beamte erfordert, die der Öffentlichkeit zur Rechenschaft verpflichtet sind“, sagte die Abgeordnete Karen Bass am Montag. Sie ist die Vorsitzende des Black Caucus, der Vereinigung der schwarzen Abgeordneten.
In der Vorlage findet sich kein Aufruf, die Mittel für die Polizei zu kürzen oder ganz zu streichen. Allerdings wird gefordert, die Prioritäten zu ändern.
Der Minderheitsführer der Republikaner, Kevin McCarthy, warf den Demokraten auf Twitter vor, der Polizei die Gelder entziehen zu wollen. „Die Republikaner werden sich niemals von euch abwenden“, schrieb er an die Beamten gerichtet.
Auch einige Republikaner sind offen für Reformen
Die Polizei in den USA ist grundsätzlich kommunal organisiert. Die Stadt Minneapolis, wo Floyd getötet wurde, hat ein komplett neues Modell angekündigt. Auch in New York sind Reformen geplant.
Die Demokraten kontrollieren das Repräsentantenhaus, nicht aber den Senat, wo die Republikaner von Präsident Donald Trump eine Mehrheit halten. Unklar ist, wie sie sich verhalten werden.
Während Mehrheitsführer Mitch McConnell sich bislang hinsichtlich schärferer Polizeigesetze nicht festlegen wollte, haben sich einige republikanische Senatoren offen für gewisse Vorschläge gezeigt. Anfang November wird in den USA der Präsident gewählt sowie das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats. Umfragen zufolge sehen auch Anhänger der Republikaner die jüngsten Entwicklungen in den USA zunehmend kritisch.
Präsident Trump prüft seiner Sprecherin zufolge mehrere Vorschläge, die als Reaktion auf den gewaltsam Tod Floyds gemacht wurden. Der von den Demokraten vorgelegte Gesetzentwurf gegen Polizeigewalt enthalte jedoch inakzeptable Punkte, sagte Kayleigh McEnany am Montag. Der Präsident sei zudem entsetzt über die Bewegung, die eine Kürzung der Gelder für die Polizei fordere, sagte sie. Gleichwohl sei Trump der Meinung, dass es Fälle von Rassismus bei der Polizei gebe.
Anwalt: Joe Biden „teilte Kummer“ von Floyds Familie
Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden traf sich am Montag in Houston (Texas) mit Angehörigen von Floyd. Biden habe sich am Montag mehr als eine Stunde Zeit für Floyds Familie genommen, sagte deren Anwalt Ben Crump. Die Barmherzigkeit, die der Politiker dabei gezeigt habe, habe den Floyds unermesslich viel bedeutet.
„Einander zuhören ist das, was Amerika zu heilen beginnen“ werde, ergänzte Crump. Genau das habe Biden bei der Familie von George Floyd getan: „Er hörte zu, vernahm ihren Schmerz und teilte ihren Kummer.“
„Das Mitgefühl bedeutete der trauernden Familie alles“, fuhr Crump fort. Ein Foto, das Pfarrer Al Sharpton auf Twitter postete, zeigte Biden mit Familienangehörigen Floyds.
Der frühere Vizepräsident sollte eine Videomitteilung für die Bestattung am Dienstag schicken, wenn Floyd neben seiner Mutter auf dem Friedhof Houston Memorial Gardens beigesetzt werden soll.
Trauerfeiern für Floyd in Houston, Minneapolis und Raeford
Biden hatte sich für umfangreiche Änderungen der Polizeiarbeit in den USA ausgesprochen. Er will die Ausgaben für Sozialdienste ausweiten, aber auch mehr Geld für Weiterbildung von Beamten ausgeben.
Am Montag nahmen Tausende in Houston Abschied von Floyd. Trauernde trugen T-Shirts mit dem Abbild Floyds oder seinen letzten Worten „I can't breathe“ („Ich kann nicht atmen“) und warteten stundenlang in der Schlange, um dem Leichnam Floyds aufgebahrt in einem goldfarbenen Sarg die letzte Ehre zu erweisen. Einige sangen „Lean On Me“.
Einer Sprecherin des Bestattungsunternehmens zufolge nahmen mindestens 6.000 Menschen an der Trauerfeier teil. Die Trauernden mussten Masken tragen, um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, und standen weit auseinander, als sie kurz stoppten, um den Aufgebahrten zu sehen. Mehreren Menschen in der Schlange machte die Hitze zu schaffen.
Floyd war in Houston aufgewachsen. Zuvor hatte es bereits in Minneapolis (Minnesota) und Raeford (North Carolina) Trauerfeiern gegeben, nahe Floyds Geburtsort.
Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai gestorben, nachdem ein Polizist ihn minutenlang mit dem Knie auf dem Hals zu Boden gedrückt hatte. Sein Tod löste in zahlreichen US-Städten und in anderen Ländern – darunter auch Deutschland – Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt aus. Die Protestwelle setzt sich trotz der Coronapandemie seitdem ungebrochen fort.
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