piwik no script img

Rassismus in RumänienWer ist rassistischer?

Eine rumänische Gemeinde mobbt zwei Männer aus Sri Lanka. Dies provoziert auch nationalistische Tendenzen gegen die ungarische Minderheit.

Rassistische Sprüche in Siebenbürgen: Die Hände des Bäckers sollen nur weiß sein Foto: Jan Woitas/picture alliance

BERLIN taz | „Wir wollen ein Ditrău ohne Migranten“ – die Forderung stellten etwa 300 Bewohner einer Gemeinde in Siebenbürgen, in der fast ausschließlich Angehörige der ungarischen Minderheit in Rumänien leben.

Der Unmut der Bewohner der 5.000-Einwohner-Ortschaft richtete sich gegen zwei aus Sri Lanka stammende Männer, die als Bäcker in einem lokalen Betrieb angestellt waren. Einige der mehrheitlich römisch-katholischen ungarischen Bewohner erklärten, sie möchten kein Brot essen, das Männer aus Sri Lanka kneten und mit ihren Händen angefasst haben.

Die Leitung des Betriebs gab dem Druck nach: Die beiden mussten nicht nur den Betrieb verlassen, sondern auch die Wohnung, in der sie als Untermieter untergebracht waren. Ihr Vermieter war, ähnlich wie der Betriebsleiter, Drohungen ausgesetzt.

Der rassistische Vorfall löste in ganz Rumänien eine Diskussion aus. Es stellte sich heraus, dass die beiden Männer regulär eingestellte Gastarbeiter waren. Nationalistische rumänisch-sprachige Medien nutzten die Gelegenheit, um die ungarische Minderheit insgesamt als rassistisch und als fünfte Kolonne der Budapester Regierung unter Viktor Orbán darzustellen, die sich zum Ziel gesetzt habe, irgendwann Siebenbürgen von Rumänien abzutrennen und an Ungarn anzuschließen.

Einfluss der Orbán-Regierung

Tatsächlich ist der politische und ideologische Einfluss der derzeitigen Budapester Regierung auf die ungarische Minderheit in Rumänien nicht wegzureden. Die völkischen Vorstellungen der Orbán-Regierung und deren Propaganda gegen Migranten offenbarten sich auch im Fall der Vorfälle von Ditrău.

Die Menschenrechtlerin Smaranda Enache sprach auf Facebook von einem mit allen Mitteln betriebenen „massiven Export der illiberalen Ideologie eines Viktor Orbán nach Siebenbürgen“, wobei dieser sich finanzieller, emotionaler, religiöser, medien- und bildungspolitischer Kanäle bediene.

Der politische und ideologische Einfluss der Budapester Regierung auf die ungarische Minderheit in Rumänien ist nicht wegzureden

Das katholische Erzbistum aus Alba Iulia reagierte mit Betroffenheit auf die Vorfälle und appellierte an die Gemeindebewohner, sich anderen Menschen gegenüber tolerant zu verhalten. Gleichzeitig verurteilte die Kirchenführung jegliche Formen von Fremdenfeindlichkeit.

Ähnlich äußerte sich auch der ungarische Schriftsteller und frühere Vorsitzende des Demokratischen Verbandes der Ungarn aus Rumänien (UDMR), Markó Béla. Der ungarische Verband, der im Parlament Parteienstatus hat, ließ sich mit einer kritischen Stellungnahme zu dem rassistischen Vorfall in Ditrău zunächst Zeit – wohl um Wähler nicht zu verprellen, wie es in manchen Kommentaren hieß.

Inzwischen wurde bekannt, dass es in jüngster Zeit auch in anderen Ortschaften zu ähnlichen Vorfällen kam. In der Großstadt Cluj/Klausenburg protestierten Bürger gegen die Unterbringung von „Dunkelhäutigen“ in ihrem Kiez. Es handelte sich auch in diesem Fall um 20 Gastarbeiter aus Sri Lanka, die in Restaurants und lokalen Betrieben beschäftigt sind. Der Bürgermeister der Stadt verurteilte die Vorfälle.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • höchste zeit dass ungarn aus der eu ausgeschlossen wird!staaten in denen der rassimus hegemonial ist haben in dieser nichts aber auch gar nichts verloren

  • Es ist natürlich die Konnotation, also das mit dem Wort Transportierte, das den jeweiligen Wesensinhalt abbildet. Früher war der Krüppel wertneutral einfach nur jemand, der beispielsweise im Krieg verkrüppelt wurde. Aus dem Krüppel wurde später der Behinderte und heute, kann mir jedenfalls vorstellen, nennt man die vielleicht "körperlich herausgefordert" oder so. Man sieht also den Wandel des Worteses, dem der üble Beiklang nach und nach wieder anhaftet und später durch ein neues Wort ganzlich neu beginen soll. Das Adjektiv zu Volk ist durch ständigen Gebrauch und Mißbrauch im 3. Reich negativ konnotiert worden, sodaß man es auch heute noch nicht frei benutzen kann. Neutrale Bastionen sind noch Volkswagen, Volksfürsorge, Volksbank, Volksschule usw., aber auch da setzen die Kriktiker ja schon an. Was diese jedoch m.E. falschmachen, ist, daß sie das Mißbrauchte mit dem Mißbraucher verwechseln. Was kann das Kalkbergstadion in Bad Segeberg dafür, daß es vom RAD gebaut wurde? Solange also noch das Völkerrecht und ähnlich hehre Begriffe da sind, solle sich keiner am Volk stören. Aber völkisch? Niemand sagt völkisch.

  • 8G
    83421 (Profil gelöscht)

    Hat jemand eine Definition fuer voelkisch? Hier gibt es die Assoziation zwischen ''Dem deutschen Volke" (Reichstag) und dem ''Voelkischen Beobachter'' (3. Reich). Ich denke, eine Definition waere sinnvoll.