Rapperin Sookee geht auf Abschiedstour: Feminismus wurde ein Business

Die feministische Künstlerin Sookee mag keinen mehr Rap machen – sondern Musik für Kinder. Zum Abschied appelliert sie an „soziale Nachhaltigkeit“.

Die Rapperin Sookee auf dem Bergfunk Openpen Air

Gut im (Festival-)Geschäft, aber keine Lust mehr darauf: Sookee beim Bergfunk Open Air 2019 Foto: imago images / Martin Müller

Die selbsterklärte „Quing of Berlin“ dankt ab. Vor wenigen Tagen hat die Rapperin Sookee auf Instagram bekannt gegeben, ihre HipHop-Karriere beenden zu wollen. Seit fast 15 Jahren macht Nora Hantzsch, wie Sookee wirklich heißt, Musik zwischen Grime, Trap, Boom-Bap oder auch Pop mit feministischen Lyrics und Beats, die ihr in der Vergangenheit häufig politisch gleichgesinnte Kolleg*innen wie Danger Dan von der Antilopen Gang bastelten.

Eine Ausnahmeerscheinung ist sie dabei – obwohl sie mit Künstler*innen wie Kobito eine kleine, dezidiert linke „Zeckenrap“-Szene hinter sich hatte – immer geblieben. Zwar feierten sie viele als Antidot zum grassierenden Mackertum im Deutschrap. In der Kritik stand Sookee aber nicht nur bei Rechten und Traditionalisten, die ein Problem mit einer feministischen, antikapitalistischen Rapperin hatten. Auch von links wurden ihre Tracks, in denen „queere Tiere“ oder die Frauenrechtlerin Olympe de Gouges auftauchen, hier und dort als zu akademisch bezeichnet. Das ist viel Gegenwind für eine einzelne Person.

Trotzdem gibt Sookee nicht dem Rap-Geschäft die Schuld am Ende ihrer Karriere, sondern dem Geschäft im Allgemeinen, der kapitalistischen Verwertungslogik. „Feminismus ist ein Business geworden“, schreibt Sookee in ihrem Post. Ihre Utopie von einer emanzipatorischen Kultur sei drauf und dran, davon verschlungen zu werden, noch bevor sie es überhaupt vom Kokon zum Schmetterling geschafft habe.

Keine Lust mehr, die ewige Antagonistin zu sein

Sie wolle sich nicht mehr einer Industrie zur Verfügung zu stellen, die ihre Antagonistin braucht, sagt Sookee im Interview mit dem „Deutschlandfunk“ – „und ich habe kein Interesse mehr daran, mich irgendwelchen Bausas, GZUZs und sonst irgendwelchen durchgeknallten Turbokapitalisten, die auch nur Spielbälle im Spiel anderer Turbokapitalisten sind, mit meinen Energien zur Verfügung zu stellen.“

Ein Problem, dem sich auch andere Kolleginnen stellen müssen – wenn sie sich überhaupt in der Antagonistinnen-Rolle sehen. Mit Künstlerinnen wie Haiyti, Loredana, Shirin David und den Ex-SXTN-Mitgliedern Juju und Nura sind zwar aktuell viele Künstlerinnen im Rap erfolgreich; Sookees ästhetischen und inhaltlichen Ansatz verfolgen alle Genannten nicht. In ihrer jungen Tradition stehen eher die Musikerin, Autorin und trans Aktivistin FaulenzA oder die Rapperin Lena Stoehrfaktor, die schon ähnlich lange wie Sookee im Geschäft ist.

Aber noch bleibt Sookee ihren Fans erhalten: Ihr Farewell wird ein Abschied auf Raten. Anfang 2020 geht sie auf eine letzte Tournee. Und auch Musik will sie weiterhin machen: Unter dem Alias Sukini veröffentlichte sie mit „Schmetterlingskacke“ jüngst ein Album mit Kindersongs, dem weitere folgen sollen. Sookees Abschied endet mit einem Appell an „soziale Nachhaltigkeit“: Statt sich für die gute Sache zugrunde zu richten, statt trotz Erschöpfung weiterzumachen, will sie lieber verfolgen, was ihr gut tut. Ob einen Sookees Musik erreicht oder nicht – ihr Abschied aus Prinzip ist ein eigensinniges, wahrhaftiges Statement, ein Plädoyer dafür, nicht auf Verschleiß zu fahren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.