Räumung einer Kiezkneipe in Berlin: Linke fürchtet Meuterei
Die Linke will die Meuterei-Räumung nicht, kann sie aber auch nicht verhindern. Die Polizei trat schon bei der Demo am Dienstagabend martialisch auf.
Die Fraktionsvorsitzenden Anne Helm und Carsten Schatz und die Landeschefin Katina Schubert haben es am Mittwoch dennoch ein weiteres Mal versucht. „Im Kampf gegen den Ausverkauf der Stadt und für den Erhalt von linken und alternativen Freiräumen ist die bevorstehende Räumung der Meuterei ein weiterer, herber Rückschlag“, schreiben sie in einem gemeinsamen Statement. Ähnliche Töne waren aus der Partei auch im Zuge der Räumungen des Syndikats und der Liebig 34 zu hören. Als Gründe verweisen die drei auf den fehlenden Kündigungsschutz für Gewerbemieter*innen und den gerichtlichen Räumungstitel. Beides habe die rot-rot-grüne Koalition nicht in der Hand.
Schatz und Helm hatten sich für die Fraktion vergangene Woche mit der Bitte an Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) gewandt, Zwangsräumungen für Gewerbe auszusetzen und damit die seit elf Jahren existierende Meuterei vorerst vor ihrem Schicksal zu bewahren. Der Brief blieb folgenlos. Auf Anfrage der taz hieß es von Behrendts Sprecher lediglich: Über die Aussetzung von Vollstreckungen „entscheidet nicht der Justizsenator“. Zuständig seien „die Amtsgerichte für ihren jeweiligen Gerichtsvollzieherdienst“.
Übergriffe auch auf die Presse
An den Innensenator appellieren die Linken in ihrem aktuellen Schreiben, auf einen Polizeieinsatz hinzuwirken, der „rechtsstaatliche Prinzipien wie die Verhältnismäßigkeit“ wahrt. Angesichts der seit Mittwoch geltenden Versammlungsverbotszone in der Reichenberger und Lausitzer Straße stoßen sie auch damit wissentlich auf Granit. Was bleibt ist die verbale Kritik: „Diese Außerkraftsetzung eines wichtigen Grundrechts ist völlig überzogen und nicht akzeptabel.“
Ebenso „nicht hinnehmbar“ seien Übergriffe von Polizist*innen auf Pressevertreter*innen wie bei der Meuterei-Demo am Dienstagabend. Bis zu 1.000 Menschen waren, begleitet in einem engen Polizeispalier, aus Kreuzberg nach Friedrichshain gezogen. Der bis dahin störungsfreie Aufzug endete abrupt am Frankfurter Tor vor seinem eigentlichen Endpunkt. Dabei kam es zu Angriffen der Polizei auf Teilnehmende und später auch auf mindestens einen Fotografen.
Die zu Verdi gehörende Journalist*innengewerkschaft DJU wandte sich am Mittwoch schriftlich an Polizeisprecher Thilo Cablitz. Darin schildert sie, wie ein Beamter einen eindeutig erkennbaren Fotografen zunächst geschubst und ihn kurz darauf in Gewahrsam genommen habe. „Wir sind enttäuscht und entsetzt über diese Vorfälle. So etwas darf nicht in Ihren Reihen geduldet werden“, sagt DJU-Landesgeschäftsführer Jörg Reichel. Er forderte, den Polizisten „in den kommenden Tagen nicht im Zusammenhang mit den Protesten rund um die Räumung“ der Meuterei einzusetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Olaf Scholz in der Ukraine
Nicht mit leeren Händen