Radsportklassiker „La Doyenne“: Zwei machen’s allein
Am Sonntag startet in Liège der älteste Radsportklassiker. Mit Remco Evenepoel und Tadej Pogacar sind zwei Spezialisten für Solofahrten favorisiert.
Man könnte glauben, dass Remco Evenepoel und Tadej Pogacar griesgrämige Typen sind. In Rennen, die ihnen etwas bedeuten, suchen sie gern die Einsamkeit. Pogacar setzte sich bei der Flandernrundfahrt 17 Kilometer vor dem Ziel von seinem einzig verbliebenen Begleiter ab. Das war vor drei Wochen. „Ich musste allein wegfahren, um eine Chance auf den Sieg zu haben“, kommentierte er seinen Sieg.
Letzte Woche legte er nach, gewann das Amstel Gold Race, erneut als Solist. Am Mittwoch beim Flèche Wallonne musste er nicht früh ausreißen, sondern konnte sich auf den Schlussanstieg verlassen: Erst an der berühmte Mauer von Huy fuhr er allen davon.
Diesen Sonntag steht wieder Lüttich–Bastogne–Lüttich, auch „La Doyenne“ genannt. Im vergangenen Jahr gewann Evenepoel. Selbstverständlich allein. Sein Solo ging über 27 Kilometer. „Fahrer wie ich, die über keinen guten Sprint verfügen, müssen früh das Rennen schwer machen, um die anderen abzuschütteln“, lautete Evenepoels Expertise.
In diesem Jahr will bei dem ältesten Klassiker Titelverteidiger Evenepoel dem bisherigen Frühjahrskönig Pogacar das Ardennen-Triple verwehren. Siege im selben Jahr bei Amstel, Flèche Wallonne und eben „La Doyenne“; das gelang nicht einmal Eddy Merckx.
Eddy Merckx über Remco Evenepoel
Evenepoel und Pogacar dominieren aktuell den Straßenradsport, gerne mit langen Solo-Attacken, doch an diesem Sonntag wird das wohl nur einem gelingen. Das ist eine besondere Konstellation beim mittlerweile 22. Aufeinandertreffen der beiden.
Pogacar wird auch der „kleine Kannibale“ genannt, eine Anspielung auf Eddy Merckx. Doch Evenepoel galt auch eine Weile als der „neue Merckx“, bis ihn zu große Eigenmächtigkeiten bei WM und Olympia 2021 aus der Gunst von Big Eddy purzeln ließen. Zu Evenepoel war das Verhältnis länger gestört, obwohl der ähnlich intuitiv und spektakulär fährt. Erst Evenepoels WM-Sieg im letzten Herbst entlockte Merckx mal wieder Liebesworte. „Ich kann nur Bewunderung aufbringen für ihn. Er ist wirklich eine besondere Saison gefahren“, sagte er über seinen Landsmann.
Bei Evenepoel kam auch noch der Gesamtsieg der Vuelta hinzu. Er ist damit aktuell der einzige Profi, dessen Vielseitigkeit an die des zweifachen Tour-de-France-Siegers Pogacar heranreicht. Er kann Grand Tours gewinnen – und Klassiker auch. Im Zeitfahren ist er sogar besser als Pogacar. In allen vier Zeitfahren, die die beiden bislang gemeinsam bestritten, kam der Belgier vor dem Slowenen ein.
Bei großen Rundfahrten haben sich die beiden noch nicht duelliert. Das kann frühestens bei der Vuelta dieses Jahres geschehen. Nach Meinung nicht nur von Merckx wird das die den Radsport bestimmende Auseinandersetzung der kommenden Jahre. Evenepoel gewann neben Lüttich–Bastogne–Lüttich bereits zwei Mal das megaharte baskische Eintagesrennen Klasikoa San Sebastian, Pogacar siegte vor zwei Jahren in Lüttich und fügte Siege bei der Lombardei-Rundfahrt, Flandernrundfahrt, Amstel und Flèche Wallonne hinzu.
Auch Pogacar sieht den aus einer Rennpause kommenden Belgier als seinen härtesten Rivalen in Lüttich: „Remco kommt aus dem Höhentrainingslager. Er wird gute Form haben. Er ist auch der Titelverteidiger, und er zeigte schon zu Saisonbeginn, dass er supergut bei den kleineren und kürzeren Anstiegen ist.“ Früh wegfahren, wie Pogacar es liebt, kann er ja auch noch.
Beim Kampf um den dritten Platz haben der britische Mountainbike-Olympiasieger Tom Pidcock, der von seinem zweiten Platz an der Mauer von Huy beflügelte Däne Mattias Skjekmose und der Russe Alexander Wlassow die besten Aussichten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen