Radiohead-Sänger verlässt Spotify: „Ihr werdet da kein Geld verdienen“
Die Musiker Thom Yorke und Nigel Godrich haben mehrere Alben vom Musikdienst Spotify heruntergenommen. Der Dienst bezahle neue Musiker schlecht, sagen sie.
NASHVILLE ap | Radiohead-Frontmann Thom Yorke und Nigel Godrich haben ihre Kollaboration „Atoms For Peace“ nach sechs Monaten vom Internet-Streaming-Dienst Spotify entfernt. Sie starteten damit eine „kleine bedeutungslose Rebellion“ gegen Spotify, erklärten Yorke und Godrich über den Kurzmitteilungsdienst Twitter. Die Einnahmen seien zu gering gewesen. Yorke twitterte: „Täuscht euch nicht, neue Künstler, ihr werdet entdecken, dass ihr auf #Spotify nicht bezahlt werdet. Unterdessen werden Aktionäre es in Kürze einfahren.“
Dienste, die Musik gegen Gebühr senden, sind in letzter Zeit wegen des Aufschwungs mobiler Geräte gewachsen und nehmen einen größeren Platz im Musikmarkt ein. Vergangenen Monat verkündete Spotify in New York Neueinstellungen und teilte mit, der Dienst habe bereits 500 Millionen Dollar an Tantiemen ausgezahlt. Bis Ende des Jahres würden eine Milliarde Dollar erreicht.
Yorke und Godrich sagten, sie träten für ihre Musikerkollegen ein. Populäre Künstler mit einem großen Musikkatalog könnten vermutlich einige Einnahmen über Spotify erzielen. Kleine Plattenfirmen und neue Künstler hätten kaum eine Chance.
„Es ist einfach nicht richtig“, schrieb Godrich. Yorke und Godrich erklärten, sie hätten das „Atoms“-Album, Yorkes Soloalbum „The Eraser“ und Godrichs Projekt „Ultraista“ von Spotify zurückgezogen. Die Radiohead-Alben seien dort weiterhin abrufbar.
Leser*innenkommentare
Sim
Gast
Arribert: "Ich hatte schon mit Musikern zu tun, die relativ weit oben in den Top 100 waren (Platz 20, Album), die mehr oder weniger hauptberuflich noch einer mehr oder weniger geregelten Tätigkeit nachgehen müssen. Weil trotz Auftritten der Band vor 500 oder mehr zahlenden Gästen nach der Tour ein paar tausend Euro für jeden übrig waren, inklusive Festivalauftritten. Eine der Bands war sogar öfters in der BRAVO, als die noch jugendkulturtechnisch eine Bedeutung hatten. Trotzdem war der Sänger noch irgendwo beschäftigt. "
Ist das eigentlich schlimm? Sollte es nicht so sein?
Babasikander
Gast
Ich kann Thom Yorke absolut verstehen. Man macht kaum nennenswerte Erlöse über Streaming-Dienste. Das muss schon extrem hochskaliert sein, damit dabei was rumkommt. Sprich: Wer superduper bekant ist, sahnt ab. Alle anderen dienen nur dazu, das Repertoire der Dienste in der Breite interessant zu machen.
Was erhält man denn für nen Song, der bei Spotify gestreamt wird? Meine Abrechnung sagt mir: 0,0028 EUR. Andere Portale sind da tlw. ein "bisschen großzügiger". Last.fm steht bei mir auf der Abrechnung mit 0,0054 EUR pro Song. Das kann natürlich je nach Vermarktung noch variieren. Aber das ist so ungefähr der Rahmen in dem sich das bewegt.
Ein Download dagegen bringt - je nach Store - ca. 36 bis 60 Cent pro Song.
@Harlequin hat natürich Recht. Das ist heute alles eher als Promotion für die eigentliche Live-Musik zu verstehen. Aber es ist halt nicht jeder ein Live-Musiker ;)
Es gibt aber Distributionskanäle die eine faire, transparente Abrechnung ganz im Sinne des Künstlers anbieten - z.B. bandcamp.com. Aber dahinter steckt auch ein ganz anderes Business-Modell...
Absolute Beginner
Gast
"...mit Konzerten verdient man heute mehr Geld als jemals zuvor."
Um eine halbwegs vernünftige Tour, oder auch nur einzelne Konzerte auf die Beine zu stellen, bedarf es einer üppigen Vorfinanzierung!
Woher soll das Geld kommen, wenn nicht von den Musikverkäufen?
Eine Vorfinanzierung durch kleine Independent Labels kann man nicht erwarten. Unter Umständen steht man am Ende der Tour mit einem dicken Minus bei denen in der Kreide.
Es ist auch hier so, dass etablierte Künstler unfassbar viel Geld verdienen, aber junge und wirklich talentierte Bands, wesentlich schwerer einen Fuß in die Tür bekommen, als noch in den 90´s...
Jak
Gast
@Harlequin
Von deinem Kommentar laesst sich leider ablesen das du mit Musik/Musikern in den letzten 10 Jahren nicht viel Kontakt hattest. Sonst wuerdest du vielleicht von der extremen Armut unter den 99,9% der Musiker etwas mitbekommen haben die nicht auf dem Bravo-Titelbild zu sehen waren. Bitte informiere dich darueber, da diese Ahnungslosigkeit der Foerderung von Musik zur Zeit wirkliche schaeden zufuegt.
arribert
Gast
@Harlequin
Also die Aufnahme eines Albums dauert etwas länger als 45 - 60 Minuten, die es am Ende läuft. Da muss tagelang oder wochenlang ein Studio angemietet werden, da müssen Tontechniker beschäftigt werden, da muss ein Produzent bezahlt werden, die vielleicht verwendeten Samples müssen bezahlt werden, die Lieder müssen komponiert werden.
Ich hatte schon mit Musikern zu tun, die relativ weit oben in den Top 100 waren (Platz 20, Album), die mehr oder weniger hauptberuflich noch einer mehr oder weniger geregelten Tätigkeit nachgehen müssen. Weil trotz Auftritten der Band vor 500 oder mehr zahlenden Gästen nach der Tour ein paar tausend Euro für jeden übrig waren, inklusive Festivalauftritten. Eine der Bands war sogar öfters in der BRAVO, als die noch jugendkulturtechnisch eine Bedeutung hatten. Trotzdem war der Sänger noch irgendwo beschäftigt. Also reich, wie Kaviar und dicke Limos, werden die Allerwenigsten. Bohlen hat einmal gesagt und wenn der von einer Sache Ahnung hat, dann wie man mit Musik Geld verdient, dass ein Nummer1-Hit 70.000 - 80.000 Euro bringt. Jeweils für Komponist, Interpret und Produzent. Davon gehen dann noch jede Menge Kohlen ab, wie Steuern, Krankenkasse, usw...
Bob
Gast
@Harlequin
Es geht doch hier nicht um ein absolutes "Mehr". Radiohead hat ja auch Alben digital direkt vertrieben - mit einem frei wählbaren Preis.
Das Problem an Spotify ist nicht der Preis, sondern, wie die Einnahmen verteilt werden.
Anderen als den Herren Radiohead ist dies auch schon länger bekannt.
Suna
Gast
Die Produktion eines Musikalbums ist eine sehr aufwendige Sache, besonders für unabhängige Künstler - nach Aufwand bezahlt, läge der Preis weit über 20 Euro. Die meisten freien Künstler leben von Einkünften, die noch weit unter den Angestelltengehältern im Niedriglohnbereich liegen. Und mit Konzerten verdient eine sehr kleine Minderheit, alle anderen dürfen sich mit "Hutgagen", die oft nicht mal die Unkosten decken, herumschlagen, oder werden gar per "Pay to play" selber zur Kasse gebeten.
Fritz Krauthammer
Gast
Wenn man Thom Yorkes Tweet richtig übersetzt kommt das hier raus: "Täuscht eucht nicht. Neue Künstler, die ihr auf Spotify entdeckt, werden nicht bezahlt. Aber die Aktionäre werden schon bald in Geld schwimmen."
Harlequin
Gast
Es ist einfach nicht richtig mehr für ein Produkt zu verlangen, als es Wert ist. Nur weil es früher ein staatlich geschütztes Monopol gab, welches absurde Mondpreise für Musik durchsetzen halt, heisst es nicht, dass es in alle Ewigkeit so bleiben kann.
Ein durchschnittliches Musikalbum ist dem Verbraucher halt keine 20 euro wert. Wahrscheinlich nichtmal 10. Spotify und das Internet im Allgemeinen helfen nur reale Preiskalkulation in der Musikindustrie durchzusetzen. Und vielleicht sehen es die Menschen auch nicht mehr ein, dass ein Künstler zu absurdem Reichtum kommen kann, indem er 60 Minuten Musik aufnimmt, während eine Krankenschwester jede Woche 40-50 Stunden ackert, nur um gerade mal so über die Runden zu kommen. Spotify ist ein super Deal, er gibt Musik zu einem Preis wieder, der einigermaßen angemessen ist. Wer heutzutage aber noch meint, mit Platten Geld zu verdienen, der ist anscheinend in den 90ern hängengeblieben. Platten sind Promo für die Tour und mit Konzerten verdient man heute mehr Geld als jemals zuvor.