Radikale Islamisten in Deutschland: Der Terror-Fan aus dem Allgäu

Bayerns Innenminister Herrmann will einen radikalen Salafisten in die Türkei abschieben. Dabei will Deutschland deren Ausreise eigentlich verhindern.

Mutmaßlicher islamistischer Attentäter vor Gericht in Düsseldorf. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Interview war zu viel. Im Magazin der Süddeutschen Zeitung bekannte sich Erhan A. aus Kempten im Allgäu unumwunden zu den Zielen des Islamischen Staats. Der 22-Jährige verteidigte die Enthauptung westlicher Geiseln und behauptete, er würde sogar seine eigene Familie umbringen, falls diese sich gegen den IS stellen sollte. Jetzt sitzt Erhan A. in Abschiebehaft und soll an türkische Behörden ausgeliefert werden. „Es gibt keinen anderen Weg, als ihn in sein Heimatland abzuschieben“, erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

Erhan A. wird bereits seit geraumer Zeit von der Polizei beobachtet. Nachdem er Ende 2013 erfolglos versucht haben soll, über die Türkei nach Syrien einzureisen, wurde ihm nach seiner Rückkehr in Deutschland der Pass abgenommen. Sein Freund, der ebenfalls aus Kempten stammende 19-jährige deutschstämmige Konvertit David G., war im Januar im Kampf für die IS-Milizen in Syrien gestorben.

Erhan A. wurde in der Türkei geboren, lebt aber seit 20 Jahren mit seinen Eltern im Allgäu und gilt als Kopf der örtlichen, aus zehn Mitgliedern bestehenden Salafistenszene. Die Grünen bezweifeln, dass seine Abschiebung zulässig wäre. Ihr innenpolitischer Sprecher, Volker Beck, verwies darauf, dass der UN-Sicherheitsrat seine Mitgliedstaaten aufgefordert habe, „unter Wahrung der Menschenrechte alles zu tun, um die Ausreise terroristischer Kämpfer in den Krieg zu unterbinden“.

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte erst am Donnerstag betont, er wolle die Ausreise gewaltbereiter Islamisten ins Ausland verhindern und ihnen dafür zur Not nicht nur den Pass, sondern auch den Personalausweis entziehen. Über solche Maßnahmen soll Mitte Oktober eine Bund-Länder-Innenministerkonferenz beraten.

Mindestens fünf junge Männer aus Deutschland sollen sich in den letzten Monaten in Syrien und dem Irak in die Luft gesprengt und Dutzende Menschen in den Tod gerissen haben. Syrische Oppositionelle klagen schon lange, dass Dschihadisten aus dem Ausland ungehindert nach Syrien strömen.

Wie das WDR-Magazin „Monitor“ in der vergangenen Woche berichtete, haben deutsche Sicherheitsbehörden die Ausreise radikaler Islamisten jahrelang gebilligt und sogar unterstützt – zum „Schutz unserer Bevölkerung“, wie der Leiter der Abteilung polizeilicher Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung des bayrischen Landeskriminalamts, Ludwig Schierghofer, freimütig bekannte.

Schierghofer betonte, „dass es nicht immer leicht ist festzustellen, ob jemand zum Beispiel nur ausreist, um in einem Krisengebiet humanitäre Hilfe zu leisten, oder ob er dort Anschläge plant“.

Aber: „Wenn sich jemand radikalisiert hatte und ausreisen wollte, dann hat man versucht, ihn auch ausreisen zu lassen oder auch durch ausländerrechtliche Maßnahmen die Ausreise auch noch zu beschleunigen“. Erst in den letzten Monaten sind die Behörden von dieser Praxis abgerückt.

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