piwik no script img

Quote am BundesgerichtshofFrauenschwund am Richtertisch

Nur eine ist übrig: 17 Senate am Bundegerichtshof, aber nur einer wird von einer Frau geleitet. Der Deutsche Juristinnenbund fordert daher eine Quote für BGH-Richterinnen.

Der Justizministerin ist ein hoher Frauenanteil an den Bundesgerichten wichtig – theoretisch. Bild: Imago/Stockhoff

FREIBURG taz | „Das ist ein empörendes Signal“, grollt Ramona Pisal, die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes (djb). Vorige Woche hat die Bundesregierung entschieden, dass mit Hans-Joachim Dose nun auch am BGH-Senat für Familienrecht ein Mann an der Spitze stehen soll. Die Vorgängerin Meo-Micaela Hahne ging in den Ruhestand.

Damit wird von den 17 Senaten am Bundesgerichtshof (BGH) nur noch einer von einer Frau geleitet. Unter Rot-Grün waren es mal sechs. Pisal fordert jetzt erstmals eine Frauenquote für die obersten Bundesgerichte. „Es geht nicht mehr anders“, sagte sie der taz. „Die Politik nimmt das verfassungsrechtliche Gleichstellungsgebot sonst einfach nicht ernst.“

Der BGH sitzt in Karlsruhe und ist neben dem Bundesverfassungsgericht das wichtigste deutsche Gericht. Er fällt die Grundsatzurteile im Straf- und Zivilrecht. Die Vorsitzenden RichterInnen haben in den je fünfköpfigen Senaten zwar nur eine Stimme, prägen aber das Klima. Sie werden vom Bundeskabinett aus den rund 120 BGH-RichterInnen ausgewählt.

Mehr Frauen im Kanzleramt

Im Kanzleramt ist der Frauenanteil in Führungspositionen seit 2009 stärker gestiegen als in anderen Ressorts. Im Haus von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei der Anteil der Frauen in Führungspositionen seit 2009 um 35 Prozent gewachsen, berichtet der Spiegel unter Berufung auf eine Studie der Unternehmensberatung Kienbaum über die Veränderung der Frauenquote in der Regierung seit Beginn der Legislaturperiode.

***

Auf dem zweiten Rang liegt das Umweltministerium mit knapp 27 Prozent, gefolgt vom Landwirtschaftsministerium. Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) und Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) kamen nur auf ein Plus von 4 Prozent. Beide Ministerien haben aber den höchsten Frauenanteil in Leitungsfunktionen. Insgesamt sind in der Regierung 25 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt. (dpa)

1996, am Ende der Ära Kohl, gab es keine einzige Vorsitzende am BGH. Dann drehte sich der Wind, und im Jahr 2002 hatten plötzlich sechs Senate eine weibliche Vorsitzende. Die Öffentlichkeit war beruhigt und verlor das Thema aus den Augen. Seitdem geht es langsam wieder bergab. Die unter Rot-Grün berufenen Frauen gehen in Pension und werden peu à peu wieder durch Männer ersetzt.

Eignung entscheidend

Bei der Nachfolge von Meo-Micaela Hahne hatte der BGH nach Informationen der Frankfurter Rundschau sogar eine Frau, Karin Milger, auf Platz eins seiner Vorschlagsliste gesetzt. Doch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zog in ihrem Vorschlag fürs Kabinett den Zweitplatzierten Hans-Joachim Dose vor.

Auf Nachfrage der taz erklärte die Ministerin, ihr sei „ein hoher Anteil an Frauen an den Bundesgerichten besonders wichtig“. Im Einzelfall müsse jedoch die „Eignung entscheidend“ sein. Dose sei „ein in Fachkreisen allseits anerkannter Experte für das Familienrecht“.

Die einfachen BGH-RichterInnen werden im Richterwahlausschuss gemeinsam von Bund und Ländern bestimmt. Bei der letzten Wahl im März wurden 13 neue RichterInnen gewählt, darunter nur zwei Frauen. Unter den 39 Vorschlägen waren immerhin 13 Frauen. Die CDU hatte keine einzige Frau vorgeschlagen. Dazu djb-Präsidentin Pisal: „Wir brauchen dringend eine Quote. Von selbst und nachhaltig wird sich nichts ändern.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • EV
    entsorgter Vater

    wohin es führt, wenn im Familienrecht fast nur Frauen tätig sind, können hunderttausende Väter berichten. Das Familienrecht ist das wohl ideologisch am stärksten geprägte Rechtsgebiet, in dem Männer/Väter stets die Dummen sind und es sich ganz wunderbar über Gleichstellung fabulieren lässt. Diese ganze Emanzipationssoße dient doch nur dazu, Frauen in die Machtposition zu bringen, die Männer inne haben. Ich finde das erbärmlich, was hier abläuft.

     

    Vielleicht versteht ein Mann auch einmal die Situationen viele Väter, die von Ex Frauen gedemütigt und zu Zahlungsausführern reduziert werden. Frauen benutzen Kinder in einer unglaublich schäbigen Weise, wenn es ums Geld geht.

     

    Nein Danke, gute Entscheidung, diesen Senat mit einem MANN zu besetzen.

  • D
    Don1

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Was Horsti, Karsten, Gegenquote u. die TAZ, djb usw. sich nicht vorstellen können:

     

    Frau besser als Mann.

     

    Steht im Artikel, wenn auch nur schwer erkennbar: Vorschlag BGH = Frau, also PräsBGH u. Präsidium usw.

    Vgl auch FR v.5.5.

    + man gebe in google die Namen, Hinweise usw. ein, suche zB in wikipedia

     

    Und dann:

     

    Frau ist "besser", auch besser beurteilt, bessere Noten, mehr jur. Erfahrung und als Richterin,

    promoviert mit sehr gut zu rechtsvergl. Thema - in Reihe veröffentlicht, LLM Berkeley, Studium Genf, Führungskolleg Speyer, LG-Vizepräsidentin - ua Gr. Wirtschftsstrafkammer, (und nebenbei 5 (!) Kinder),

    Gleichstellungsbeauftragte und Pressesprecherin BGH

    (und, gehört nicht unbedingt dazu: Schwimmweltmeisterin München 2000, Vize u.a. Plätze, 9fache Europameisterin + Vize, über 40fache dt. Meisterin - u.a. Titel usw.). Quellen: Wikipedia, internet - div. Seiten, und auch mehr dort.

    Daher nach BMJ : Keine Erfahrung für Vorsitz, insbesondere nicht für Familiensenat.

    Als Gleichstellungsbeauftragte.

    Mann besser, also immer besser? Bei weniger Dienstjahren, dann auch mehr Erfahrung.

    Welche? zu Rückständen, vgl. BGH-Statistik - internet.

    zu Aufhebungen von Urteilen XII. Senat durch BVerfG? vgl. Beschlüsse BVerfG zu XII. Senat.

     

    also Horsti und andere: erst 1x gucken im Internet

  • K
    Karsten

    Dieser Gleichstellungswahn nervt inzwischen immmer mehr. Jeder weiß doch, wohin es führt, wenn solche Forderungen immer vehementer gestellt werden. Kleiner Tipp: Mehr Gleichstellung ist es nicht.

  • G
    Gegenquote

    "Im Einzelfall müsse jedoch die „Eignung entscheidend“ sein"

    Genau! Da hat Frau Leutheusser-Schnarrenberger mal vollkommen Recht! Mit Quote wäre ja primär eine Geschlechterentscheidung getroffen worden.

    Ich kann zwar nichts zu der Eignung der Kandidatinnen und Kandidaten sagen, da ich sie nicht kenne, aber Frau(!) Leutheusser-Schnarrenberger wird wohl kaum bewusst eine Kandidatin aufgrund ihres Geschlechtes benachteiligt haben (das wäre absurd), sondern es dürften in der Tat fachliche Gründe sein. Und da ist es vollkommen normal, dass nicht immer der Anteil an Frauen, Männern, Homo-, Bi- und Transexuellen, Blau-, Braun-, Grün- und Grauäugigen, Links- und Rechtshänder/-innen, Blonden, Schwarzhaarigen, Brünetten, Rothaarigen, Einarmigen, Brillenträgern/-innen, Rollstuhlfahrern/-innen, Afrikanern/-innen, Latinos, Asiaten, Europäern/-innen, Früh- und Spätaufstehern/-innen, Untersetzten, Schlanken, Fettleibigen etc. etc. etc. genau gleichmäßig verteilt ist.

  • H
    Horsti

    Na das ist doch mal ein Brüller:

    Der djb, der nur Frauen aufnimmt, und Männern die Mitgliedschaft per Satzung verbietet, fordert eine Quote.

    Vielleicht sollte der djb erstmal bei sich selbst anfangen?