■ Querspalte: Toasties für Obdachlose
Zwei Nachrichten, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben: Erstens: Vor rund einem Jahr führte die Maggi GmbH, eine Tochter des Hauses Nestlé, das neue Produkt „Toasties“ ein. Toasties sind tiefgefrorene Hefeteigtoasts mit Belag. Derzeit lieferbar sind die Sorten „Flammkuche“ (elsässisch) und „Bolognese“.
Zweitens: Immer mehr Menschen in Deutschland sind obdachlos. Nach Schätzungen der BAG Wohnungslosenhilfe sind inzwischen 930.000 Menschen ohne gesicherte Wohnverhältnisse, 10.000 mehr als im Jahr zuvor.
Beide Nachrichten sind Ausdruck der Krise unseres Sozialstaats. Denn für die Versorgung der steigenden Zahl von Obdachlosen sind die Kommunen und Wohlfahrtsverbände zuständig, die über immer weniger Mittel verfügen. Und auf dieses Dilemma zielt die zynische und menschenverachtende Strategie der Maggi GmbH.
Wer Maggi-Toastis probiert, erkennt sofort: Dieses Warme-Mahlzeit-Surrogat ist kein Produkt für normale TiefkühlkonsumentInnen. Es ist geschmacklich geprägt von seinen Zutaten Antioxidationsmittel, Nitritpökelsalz und modifzierte Stärke (kein Geschmacksverstärker!). Wer ißt so etwas freiwillig zu Hause am gut beheizten Küchentisch?
Nein, die Maggi-Toastis haben ihre Existenzberechtigung nur darin, daß sie auch in sogenannten Toastmakern zubereitet werden können. Toastmaker sind kleiner und handlicher als traditionelle Toaster und daher ideal als mobile Taschentoaster geeignet. Steckdose genügt.
Wir ahnen es schon: Bald schließen bundesweit alle Wärmstuben und Suppenküchen. Die Obdachlosen bekommen Toastmaker in die Hand gedrückt, und Maggi verdient sich am Elend dieser Menschen eine goldene Nase.
Dies muß verhindert werden! Laßt uns einen Boykott erwägen! (Man beachte die rechtlich unangreifbare Formulierung.) Mögen die hinterlistigen Pläne der Maggi GmbH schmelzen wie Maggi-Flockenpüree in der Mittagssonne! Christian Rath
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