■ Querspalte: Sicherheitsrisiko Kind
Als Kind hatte man das immer für schlechtes Deutsch gehalten: „Betreten verboten. Eltern haften für ihre Kinder“ – an ihren Kindern hätte es doch heißen müssen, schließlich waren die Alten bei allen halbwegs spannenden Unternehmungen wie die Kletten hinter einem her. Jetzt, mit gebührendem Reifegrad, kann man den Wahrheitsgehalt der gelben Warnschilder gar nicht genügend unterstreichen. Längst sind Kinder ja nicht nur ein Armutsrisiko. Ihre Anschaffung bedeutet auch ein Sicherheitsrisiko für die gesamte Gesellschaft. Und nach dem Verursacherprinzip muß dafür irgend jemand haften. Wer, wenn nicht die rechtmäßigen Eigentümer, sollte die tragen? Das ist bei jedem neuen Auto so, jedem Zwerghündchen, und selbst, wer sich heutzutage ein Surfbrett zulegt, ist sich des potentiellen Schadensfalles gewahr.
Da wundert es um so mehr, daß Bayern erst jetzt mit einem Vorstoß zum Ausländerrecht den Schritt in die richtige Richtung wagt: Wer als Nichtdeutscher die eigene Brut straffällig werden läßt, fliegt raus aus deutschen Landen. Recht so! Nur zu eng gedacht. Auf den Warnschildern steht schließlich nicht „ausländische Eltern haften für ihre Kinder“.
Was wir brauchen, ist ein generelles Familienhaftungsrecht für mißratenen Nachwuchs, eine Elternstrafdatei mit deliktgenauem Sanktionskatalog: Der mißratene Filius hat eine Packung Kaugummi im Kaufhof mitgehen lassen? Fünf Strafpunkte in der Elterndatei. Bei zwanzig droht eine Woche Einkaufsverbot für Muttern. Das kleine, kahlgeschorene Monster hat einen türkischen Imbiß aufgemischt? Macht ein Jahr Urlaubssperre für seine Erzeuger. Die Tochter hängt an der Nadel, auch nach drei vergeblichen Therapien? Zur Strafe Bier- und Fernsehentzug für Papa, solange, bis die Jüngste endlich clean ist. Vorausschauende Eltern lassen sich deshalb schon in den ersten Schwangerschaftsmonaten gegen das Sicherheitsrisiko Kind vollkaskoversichern und sichern sich dadurch günstige Schadensfreiheitsrabatte für jedes Jahr kriminalitätsfreie Erziehung. Vera Gaserow
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen