Querdenker:innen drohen Polizei: Drohbriefe in privaten Briefkästen
Querdenker:innen sollen in Hamburg Polizist:innen in deren Privatsphäre bedroht haben. Der Verfassungsschutz warnt vor Radikalisierung.
HAMBURG taz | Querdenker:innen sollen Polizist:innen in Hamburg verfolgt und Drohschreiben in deren private Briefkästen gelegt haben. Das gab die Polizeigewerkschaft DPolG am Montag bekannt und verurteilte die Taten als „Einschüchterungs- und Bedrohungsversuche“.
Die Drohungen befeuern in Hamburg die Debatte über die Gefahr, die von den Querdenken-Protesten ausgehen. Während Bürgermeister Peter Tschentscher jüngst Verständnis für die Proteste zeigte und keine Gefahr von ihnen ausgehen sieht, schätzen der Verfassungsschutz und Polizeigewerkschaften das anders ein.
Wie die DPolG mitteilt, sei den Polizist:innen in den Schreiben die Begehung von Straftaten beim Durchsetzen von Coronaregularien unterstellt worden. Polizeiliche Maßnahmen seien mit Nazi-Methoden verglichen worden, für die die Beamt:innen zur Verantwortung gezogen würden. Bisher seien der DPolG zwei solcher Fälle bekannt, in denen „offensichtlich militante Impfgegner und Coronaleugner“ Beamt:innen nachgestellt hätten.
Während die DPolG einerseits eine schnelle Aufklärung über die Taten fordert, rechnet sie andererseits damit, dass es bei diesen beiden Fällen nicht bleiben wird. „Ich befürchte, dass hinsichtlich der Diskussion um die allgemeine Impfpflicht mit einer weiter zunehmenden Radikalisierung der Querdenker-Szene gerechnet werden muss“, sagte Hamburgs DPolG-Vorsitzender Thomas Jungfer.
Bürgermeister Tschentscher sieht keinen Einfluss von Rechts
Ähnlich äußerte sich jüngst auch Hamburgs Verfassungsschutzpräsident Thorsten Voß. Er kündigte an, die Querdenken-Szene stärker beobachten zu wollen: „Für die Zukunft bin ich mir sicher: Die Aufklärung der extremistischen Querdenker-Szene, der Szene der verfassungsfeindlichen Delegitimierer, wird ein wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit sein“, sagte er der Welt am Sonntag. Bislang seien die Demos gegen die Coronamaßnahmen in Hamburg überwiegend friedlich geblieben. Das aber könne sich bald ändern.
Zu einer anderen Ansicht kommt jedoch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Einen Einfluss von Rechtsextremist:innen auf die Proteste sehe er nicht. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er am Sonntag: „Ich denke nicht, dass es sich bei den Demonstranten um von Extremisten instrumentalisierte Personen handelt.“
An den vergangenen Wochenenden wuchs in Hamburg kontinuierlich die Zahl der Protestierenden gegen die Coronamaßnahmen von Bundesregierung und Senat. Am Samstag vor Weihnachten sollen es deutlich über 10.000 Teilnehmer:innen gewesen sein. Als überwiegend friedlich beschrieb die Polizei die Demonstrationen, in die sich auch AfD-Funktionsträger:innen und NPD-Anhänger:innen eingereiht hatten. Beobachter:innen berichteten allerdings auch von Drohungen gegen Politiker:innen und Journalist:innen.
Leser*innenkommentare
Wondraschek
Ein zentrales Ziel der sattsam bekannten Nazi-Netzwerke in den Sozialen Medien ist die Verharmlosung der NS-Diktatur durch ständige Gleichsetzungen mit Vorgängen in der Bundesrepublik. Da machen die meisten Querdenker willig mit, ob aus Naivität oder ob aus Verbissenheit. Ergebnisse der Nazi-Bemühungen sind die Verbreitung von Sprüchen wie Coronazis, Corona-Regime, Ermächtungsgesetz, Wie Sophie Scholl, Wie Anne Frank, Wir sind die neuen Juden ... Mit einem Wort: die Teilnahme von Nazis an solche Demonstrationen ist schlimm, noch schlimmer ist aber, dass ihnen dort von weiten Teilnehmerkreisen die Deutungshoheit überlassen wird.
82289 (Profil gelöscht)
Gast
Der fehlende Part.
Bei der friedlichen Großdemo gegen die
Coronamaßnahmen, an der 115000 Menschen teilnahmen, kam es zu einem gewaltätigen Angriff von Gegendemonstranten aus
dem sogenannten linken Spektrum auf die Demo, in dessen Zusammenhang eine 90jährige Frau von Gegendemonstranten umgeschubst wurde und schwerverletzt ins Krankenhaus musste. Der alten Frau wurde von Seiten der Täter nicht geholfen.
Mehrere Personen von den Angreifern auf die friedliche Demo wurden festgenommen, der Staatsschutz ermittelt.
www.mopo.de/hambur...izei-sucht-zeugen/
Ajuga
@82289 (Profil gelöscht) Wenn diese ungeschützten und streckenweise dichtgedrängten Zusammenrottungen, die in Hamburg gerade die Infektionszahlen hochtreiben, eines nicht sind, dann "friedlich".
Klaus Waldhans
'Verfassungsschutz warnt vor Radikalisierung'. Ich kanns nicht mehr hören.
Die ist doch längst schon eingetreten, und nimmt natürlich täglich zu. Was muss denn noch passieren, bis endlich der Gesetzgeber und die Executive zur Tat schreiten. Dass ewige 'Rücksichtnehmen' und das ständige 'Herunterbeten toleranter Herangehensweise' gegenüber sogenannter Impfgegner....da lachen die sich doch den Ast und planen bereits die nächste Demo und dienächste Aktion.
Zwischenzeitlich weiss doch jedes Kind, dass es nicht mehr (nur) um die Pandemie geht, sondern um die Aushebelung und Lächerlichmachung demokratischer Institutionen, mit dem Ziel die Demokratie irgendwie und -wann abzuschaffen.
Mich grausts.
Pfanni
„Der Deutschen Presse-Agentur sagte er (=Tschentscher) am Sonntag: „Ich denke nicht, dass es sich bei den Demonstranten um von Extremisten instrumentalisierte Personen handelt.“
Allerdings geht aus Medienberichten (einschl. TAZ) hervor: Es wurden bei derartigen Demos nicht nur „instrumentalisierte“ Personen, sondern auch die Extremisten selbst gesichtet!
Andererseits geht aus dem Beitrag hervor, dass es offenbar nicht die oft behauptete klammheimliche Übereinstimmung zwischen rechten Extremisten und der Polizei gibt.
Ingo Knito
@Pfanni "Andererseits geht aus dem Beitrag hervor, dass es offenbar nicht die oft behauptete klammheimliche Übereinstimmung zwischen rechten Extremisten und der Polizei gibt."
Wer behauptet das denn? Und wie soll aus diesem Beitrag hervorgehen, dass es nicht so sei?
Klar ist, dass die Einzelfalltheorie bei der Masse an Vorfällen bei Polizei und Bundeswehr hinsichtlich verfassungsfeindlicher Gruppen nicht überzeugt. Näheres, vor allem inwieweit ein strukturelles Problem besteht, könnte eine Untersuchung zeigen, die aber von Seehofer verhindert wurde.