Queeres Plakat aus dem Verkehr gezogen: Angeblich „sexistisch“
In Münster eröffnet bald die Ausstellung „Homosexualität_en“, die 2015 in Berlin zu sehen war. Nur das Werbeplakat fehlt diesmal.

Voriges Jahr war die Ausstellung „Homosexualität_en“ im Deutschen Historischen Museum und Schwulen Museum ein mächtiger Publikumserfolg – und dieser hatte nicht zuletzt mit dem Werbeplakat zu tun, der sehr sichtbar in S-Bahnen, im Stadtbild überhaupt zu sehen war. Eine Figur der kanadischen Künstlerin Heather Cassil, das sie selbst zeigt, Titel: „Advertisment: Hommage to Benglis“ aus der Serie „CUTS: A Traditional Sculpture“. Ein schroffer Hingucker, der, von den Kurator*innen beabsichtigt, Fragen aufwirft: Ist das eine Frau? Ein Mann? Oder was sonst?
Von übermorgen an wird in etwas kleinerem Format die Ausstellung in Münster gezeigt, im LWL – Museum für Kunst und Kultur. Aber richtig geworben für die Sache darf mit dem Plakat nicht, was nicht an der Künstlerin liegt, sondern an der Deutschen Bahn. Beim Fachreferat Media & Buch, zuständig für die Motivgenehmigung bei der Deutschen Bahn AG, hieß es zur Begründung, das Bildmotiv widerspreche den Richtlinien des Hauses, es sei ein „sexistisches“ und „sexualisierendes“ Bild.
Davon abgesehen, dass im vorigen Jahr in Berlin niemand diese Resonanz auf das Plakat zeigte – es wirkt gerade nicht sexualisierend –, bleibt zu notieren, dass die Deutsche Bahn gewöhnlich kein besonderes Problem mit eroti- oder sexualisierenden Reklamemotiven hat. Wenn sie heterosexuelle Konstruktionen zum Ausdruck bringen, haben die Kontrollinstanzen nichts zu monieren.
Birgit Bosold, Projektleiterin und Mitkuratorin der Ausstellung, teilt mit: „Wir wollen zeigen, dass die Diskriminierung von homosexuellen Menschen mit der Geschlechterordnung zu tun hat, die allen ungefragt eine geschlechtliche Identität zuweist und zugleich ein sexuelles Begehren, nämlich in Richtung des Gegengeschlechts.“
Die Zeitschrift Männer erfuhr von der Bahn AG inzwischen, dass das Plakat in Zeiten der, wie es als Ausrede hieß, höheren Sensibilität unter Bahnkund*innen seit der Kölner Silvesterrnacht, als besonders anstößig empfunden werden könnte.
Update: Das Schwule Museum berichtet, dass die Plakate zur Ausstellung jetzt doch auf den Bahnhöfen der Deutschen Bahn AG aufgehängt werden dürfen.
🏳️⚧️ SHANTAY. YOU PAY. 🏳️🌈
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme. Frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Alle Informationen auf unserer Webseite sind kostenlos verfügbar. Wer es sich aber leisten kann, darf einen kleinen Beitrag leisten. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach ihrer Kritik an Richterkandidatin
Wer bei anderen in der Dissertation gräbt…
Rechtes Paradoxon
Warum AfD und Junge Freiheit plötzlich gegen eine Abschiebung sind
Klage gegen Tierrechtler*innen
Das System der Einschüchterung
Neonazis feiern Sonnenwende
Ein Feuer wie beim Führer
Jan van Aken
„Keine Solidarität mit Hungermördern“
Geburtstagsgruß an J. K. Rowling
Ausschluss aus der Zaubergemeinschaft