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Queer-Beauftragter der RegierungLehmann besetzt einen neuen Posten

Die Bundesregierung hat mit dem Queer-Beauftragten ein neues Amt geschaffen. Ein Kölner soll das Geschäft dort nun übernehmen.

Sven Lehmann neuer Queer-Beautrager der Grünen Foto: Christoph Soeder/dpa

Erster war Sven Lehmann schon oft. Als Erster hat er bei der Wahl im vergangenen September in Köln ein Bundestags-Direktmandat für die Grünen gewonnen. Seit Dezember amtiert der 42-Jährige als Parlamentarischer Staatssekretär im erstmals grün geführten Bundesfamilienministerium. Und seit Mittwoch ist Lehmann der erste Queer-Beauftragte einer Bundesregierung überhaupt – das Kabinett hat das Amt neu geschaffen.

Ein „starkes Gerechtigkeitsempfinden“, sagt der in Troisdorf zwischen Köln und Bonn geborene Rheinländer über sich, das habe er schon als Kind gehabt – und noch heute empöre ihn Diskriminierung. Zu spüren war das schon in seinem ersten Statement als „Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“, wie Lehmanns neuer Job offiziell heißt.

„Jeder Mensch soll frei, sicher und gleichberechtigt leben können“, erklärte er direkt nach seiner Ernennung. Mit einem „nationalen Aktionsplan“ will Lehmann, der 1999 Teil der grünen Partei ist, nicht nur für die Gleichstellung von homo-, trans- und intersexuellen Menschen kämpfen: Auch die Familienpolitik werde sich künftig „an der gesellschaftlichen Realität unterschiedlicher Familienformen ausrichten“, verspricht er.

Denn das neue Amt verbindet Lehmanns private und politische Biografie. Der Parteilinke ist 2017 in den Bundestag eingezogen und war dort nicht nur sozialpolitischer, sondern zusammen mit der Abgeordneten Ulle Schauws auch queerpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Schon 2010 machte er seine Beziehung zu seinem Partner Arndt Klocke öffentlich – durch ein Portrait in der konservativen Rheinischen Post.

Ein Kritiker von Hartz IV

In der Landeshauptstadt Düsseldorf galt die Beziehung vielen als Politikum: Auch Lehmanns Partner Klocke ist bei den Grünen aktiv, war von 2006 bis 2010 NRW-Landesvorsitzender der Partei – und Sven Lehmann wurde sein Nachfolger. Manche lästerten deshalb, das Amt werde „in der Familie vererbt“.

Dabei könnten Lehmann und Klocke auch innerparteiliche Gegner sein: Als einstiger Landesvorsitzender der Grünen Jugend NRW dachte Lehmann über ein Bündnis mit SPD und Linken nach, während sich Klocke Schwarz-Grün vorstellen konnte. Das Geheimnis ihrer Beziehung, erklärten beide einst in der taz, liege auch in der Distanz: Lange wohnten sie getrennt, heute beschreibt Lehmann ihren Status als „zusammenlebend“.

Die räumliche Entfernung aber bleibt: ­Klocke ist Fraktionsvize in Düsseldorf. Sven Lehmann wechselte dagegen vor mehr als vier Jahren nach Berlin – und brach dort als sozial­politischer Sprecher der Bundestagsfraktion mit den Hartz-Reformen, die von den Grünen während der Kanzlerschaft des Sozialdemokraten Gerhard Schröder selbst mitbeschlossen worden waren. „Hartz IV muss weg“, forderte er immer wieder. Denn nicht nur Diskriminierung, sagt Lehmann, auch „soziale Ungleichheit und Armut“ bedrückten ihn bis heute.

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35 Kommentare

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  • Gutes Gelingen, Herr Lehmann! Ja, er hätte anderswo auch viel Gutes tun können, aber er ist dank seiner Fachkenntnisse und relevanter Berufserfahrung auch hier der Beste für den Job.

    Übrigens ist, wenn man sich seine bisherige Arbeit anschaut, nicht zu erwarten, dass nur sexuelle Minderheiten von seiner Arbeit profitieren werden, bzw dass die sich nur auf "Genderthemen" beschränkt. Verbesserung des Zugangs Unterprivilegierter zu Sozialleistungen war seit jeher sein Hauptanliegen.

  • „Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“

    Könnte man ihn bitte auch so nennen? Und auf den Modebegriff "Queer" verzichten. Den möchten nicht alle Betroffenen auf sich bezogen wissen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Dankeschön. Ich bin schwul, aber nicht "queer", zum einen weil der Begriff mit einer bestimmten Ideologie in Verbindung gebracht wird, die weit über das Geschlecht bei der Partnerwahl hinausgeht und die ich nicht mittrage, zum anderen, weil der Begriff sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität vermischt. "Betroffen" klingt aber auch ein bisschen zu sehr nach Krankheit.

      • @Ruediger:

        "Ich bin schwul, aber nicht 'queer'"



        So ist das mit Identitäten, Sie können versuchen, darauf einzuwirken, wie und als was Sie wahrgenommen werden, letztlich wird Identität dem Individuum aber nicht vom Individuum selbst zugeschrieben, sondern durch die Gesellschaft.



        "die sogenannte Queer Theory ist zum Beispiel eine Ideologie"



        Das nenn ich mal eine ideologische Aussage.

      • @Ruediger:

        Wo ist denn bitte bei LGBTIAQ+ Ideologie?

        Das ist GG: Mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass der Staat „Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen“ einen „anderen, positiven Geschlechtseintrag“ ermöglichen muss. Daraufhin wurde das Personenstandsgesetz mit Inkrafttreten am 22.12.2018 geändert: §§ 22 und 45 b ermöglichen „Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung“ unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung den Eintrag divers.

        www.genderleicht.de/schreiben/

        Das GG und Bundesverfassungsgericht ist also für Sie Ideologie. Ah ja ...

        • @Jonas Goldstein:

          Ideologie ist vielleicht übertrieben. Aber schon mit der Abkürzung LGBTIAQ+ werden Menschen zusammengepackt, die häufig nicht viel gemein haben. Die Dinge, die von den Buchstaben beschrieben werden, machen nur einen kleinen Teil des Menschen aus. Und auch innerhalb der Buchstaben, gehören nicht alle in eine Schublade. Ich bin lesbisch. Alice Weidel auch. Ich hoffe inständig, dass wir sonst nichts gemein haben. Jedenfalls möchte ich keinesfalls mit ihr in einer Schublade landen.

        • @Jonas Goldstein:

          Sie stellen einen Bezug her, den ich überhaupt nicht gemeint habe. Der Begriff "queer" wird eben nicht nur wertneutral als Synonym für "LGBTIAQ+" verwendet, die sogenannte Queer Theory ist zum Beispiel eine Ideologie, Menschen, die sich als queer bezeichnen verstehen darunter meistens auch eine bestimmte politische Ausrichtung, die zwar meist auf der eigenen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität beruht, aber eben darüber hinausgeht und die viele Menschen die schwul, lesbisch oder trans sind gar nicht mittragen. Daher ist queer ein sehr uneindeutiger Begriff, der oft ideologisch gebraucht wird.



          Im Grunde haben schwule oder lesbische Cis-Menschen mit Trans-Menschen auch nicht mehr gemeinsam, als heterosexuelle Cis-Menschen. Insofern macht auch die Zusammenfassung zu LGBTIAQ+ nicht all zu viel Sinn. Prinzipiell spricht aber natürlich auch nichts dagegen, dass ein Beauftragter sich um unterschiedliche Angelegenheiten kümmert.

          • @Ruediger:

            Ich erwarte von einem Queer- bzw. LGBTIAQ+ Beauftragten, dass er sich auch dafür einsetzt eine bundesweite Statistik bei den homo- und transfeindlichen Straftaten einzuführen wie in Berlin. Für mich ist dies eine ähnliche Funktion wie der Antisemitismusbeauftragte. Da macht es durchaus Sinn LGBTIAQ+ zusammenzufassen. Eine Differenzierung ist dadurch ja nicht ausgeschlossen.

            • @Jonas Goldstein:

              Muss man dafür den Begriff "Queer" verwenden? Wozu?

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Der Begriff „Queer“ ist völlig in Ordnung: „Das Adjektiv queer ['kwɪə(ɹ)] ist eine anglizistische Sammelbezeichnung für Personen, Handlungen oder Dinge, die durch den Ausdruck ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität eine Abgrenzung zur gesellschaftlichen Cisgender-Heteronormativität vollziehen. Früher wurde queer im Sinne von „sonderbar, eigenartig, suspekt“ verwendet, um Homosexuelle abzuwerten (siehe Homophobie). Seit Mitte der 1990er-Jahre wird queer als ins Positive gewendete Selbstbezeichnung vor allem nicht-heterosexueller Menschen gebraucht. Im Gegensatz zu anderen Begriffen aus der Familie der sexuellen Orientierungen (wie schwul, lesbisch, bi- oder asexuell) und geschlechtlichen Identitäten (wie trans oder intergeschlechtlich) gibt es für den Ausdruck queer keine einheitliche Definition; er unterliegt in seiner Verwendung Aneignungs- und Interpretationspraktiken, sodass eine genaue Definition der Bezeichnung auch Gegenstand von Diskussionen ist. Die theoretische Auseinandersetzung mit Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen leistet die Queer-Theorie.“

                de.wikipedia.org/wiki/Queer

                • @Jonas Goldstein:

                  1. Leben wir nicht im englischen Sprachraum, sondern im deutschen. Wieso also Anglizismen verwenden?

                  2. Wird es vom größten Teil der Bevölkerung genau so aufgefasst: „sonderbar, eigenartig, suspekt“. Es wird als "quer" im Sinne von etwas verrückt gelesen. Deshalb wollen eben viele NICHT in diese Kiste gesteckt werden.

                  3. "Seit Mitte der 1990er-Jahre wird queer als ins Positive gewendete Selbstbezeichnung vor allem nicht-heterosexueller Menschen gebraucht." Wo? in den USA? Hier jedenfalls nicht. Da stand Queer für etwas Anderes.

                  4. "Im Gegensatz zu anderen Begriffen aus der Familie der sexuellen Orientierungen (wie schwul, lesbisch, bi- oder asexuell) und geschlechtlichen Identitäten (wie trans oder intergeschlechtlich) gibt es für den Ausdruck queer keine einheitliche Definition..." Eben. Eine kleine Gruppe diskutiert darüber, was ein Begriff, den keiner braucht, eigentlich bedeutet. Und der Rest darf seiner Umgebung erklären, was die ständig auftauchenden, neuen Begriffe nun schon wieder bedeuten. Diese Selbstbeschäftigung einiger Weniger nervt langsam. Sie erschwert der großen Masse das Leben. Und sie macht es schwerer, echte Probleme wie Gewalt und Diskriminierung zu bekämpfen.

                  • @warum_denkt_keiner_nach?:

                    Sprache und Schrift haben sich immer verändert. Unsere Urgroßeltern haben noch eine ganz andere Schrift gelernt.



                    Und heute mit Wikipedia und Konsorten sollte es wohl für die breite Masse möglich sein sich schnell zu informieren. Sprache und Schrift sind nichts statisches und werden sich noch öfter und stärker verändern. Ein lebenslanges Lernen bleibt niemanden erspart, zu keiner Zeit! Englisch ist nun mal mit einem wesentlich größeren Wortschatz ausgestattet und im Rahmen der Globalisierung ist es schwer vermeidbar sich dieser Sprache zu verweigern! Sie können ja mal versuchen alle lateinischen Einflüsse aus dem deutschen Sprachgebrauch zu entfernen. Viel Spaß! Das hat nicht mal der alte Hermann der Cherusker geschafft! Und sich mal kurz über einen Begriff zu informieren erschwert nun wirklich nicht Probleme wie Gewalt und Diskriminierung zu bekämpfen.

                    • @Jonas Goldstein:

                      Danke für die (unnötige) Belehrung über die Entwicklung von Sprache.

                      Mit dem konkreten Fall haben diese allgemeinen Betrachtungen allerdings wenig zu tun. Hier wird durch eine kleine Gruppe von Menschen ein vorhandener Begriff ohne Not mit einer neuen Bedeutung versehen. Wahrscheinlich, weil sie das schick finden. Die Annahme, dass der Rest der Menschheit ständig auf Wikipedia nachschaut, ob vorhandene Begriffe eine neue Bedeutung haben, ist (nett ausgedrückt) naiv. Das tut so gut wie niemand.

                      Bleibt also, dass sich die meisten Bürger dieses Landes unter "queer" etwas in Richtung "Dragqueen" vorstellen. Und damit wollen eben die meisten LSBTI nicht in Verbindung gebracht werden. Einfach, weil es mit ihrem Leben nicht mal Ansatzweise etwas zu tun hat.

                      Ich habe nichts gegen Veränderung von Sprache. Sie ist notwendig und geschieht mit den Veränderungen in der Gesellschaft automatisch. Künstliches herumdoktern an Sprache erinnert mich allerdings an die Jahresendflügelfiguren in der DDR.

                      • @warum_denkt_keiner_nach?:

                        Stimmt, das Ganze sind Wortprägungen aus dem akademischen Betrieb. Also wenn Sie sich durch ein Wort schon überfordert fühlen, sind diese Betrachtungen in der Tat eine Zumutung. Eventuell ist aber auch die Überforderung die Zumutung,

                        • @Jonas Goldstein:

                          Überfordert ist hier niemand. Der "akademischen Betrieb" ist nur weit von der Lebenswirklichkeit entfernt.

                          PS: Was macht eigentlich das "Q" in LGBTIAQ+, wenn das "Q" doch für alle stehen soll? Nicht besonders logisch.

                          • @warum_denkt_keiner_nach?:

                            Ach, jetzt ist doch niemand überfordert. Na, dann ist doch alles paletti.

                            Zum Thema Logik bitte den Link beachten:



                            echte-vielfalt.de/...-eigentlich-queer/

                            Oder auch mal selber googlen, da ja niemand mehr überfordert ist!

                            Ihre Einschätzung hinsichtlich des akademischen Betriebs und der Lebenswirklichkeit ist mir zu undifferenziert. Bspw. die Menschenrechte kommen auch aus dem philosophischen, akademischen, juristischen Bereich und diese möchte ich nicht mehr missen, besonders in diesem Land mit seiner Geschichte von 1933-45!

                            • @Jonas Goldstein:

                              Nur so nebenbei. Gesprächsteilnehmern Überforderung zu unterstellen, ist ziemlich unhöflich.

                              Das Problem ist, dass sich der "akademische Betrieb" manchmal nicht an der Lebenswirklichkeit orientiert. Ich habe im Studium noch gelernt, dass dies notwendig ist, um zu sinnvollen Ergebnissen zu kommen.

                              Und wenn der "akademische Betrieb" Begriffe kreiert, die ein bedeutender Teil der Menschen, die man damit bezeichnen will, als Belastung (oder auch Beleidigung) empfindet, weil der Begriff schon anderweitig vergeben ist, so ist das ziemlich weit weg von der Lebenswirklichkeit. Müsste der "akademische Betrieb" nicht für die LGBTIAQ+ arbeiten, satt dagegen? Dabei ist schon die Abkürzung nicht unproblematisch. Der Versuch, einen einzigen Begriff für völlig unterschiedliche Menschen zu suchen, ist auf jeden Fall ein Irrweg.

                              Ihr Link zeigt übrigens gut, wie "wirr" das Ganze ist.

                              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                                "Danke für die (unnötige) Belehrung über die Entwicklung von Sprache." ist übrigens auch sehr unhöflich!



                                Der akademische Betrieb arbeitet nicht dagegen, sondern möchte alles abbilden. Sollte doch eigentlich klar sein. Ob das immer gut gelingt, ist sicherlich diskussionswürdig. Für bessere Vorschläge ist der akademische Betrieb immer offen. Also auf, als Akademikerin wissen Sie doch was zu tun ist, um sich im akdameischen Umfeld Gehör und Reputation zu verschaffen! Nur Mut, konstruktive Kritik ist immer sinnvoll!

                                • @Jonas Goldstein:

                                  Ist eigentlich nicht so kompliziert. Der Versuch völlig verschiedene Menschen mit einem Begriff zu bezeichnen ist ein fragwürdiges Unternehmen. Auch im akademischen Betrieb könnte man beginnen, Verschiedenheit tatsächlich zu akzeptieren. Was ist so schlimm daran?

                                  • @warum_denkt_keiner_nach?:

                                    Machen Sie doch einen konkreten Vorschlag, werden Sie endlich konstruktiv! Ist doch laut Ihrer Argumentationskette angeblich nicht so schwer, warum zögern Sie trotzdem immer noch?

                                    • @Jonas Goldstein:

                                      "Der Versuch völlig verschiedene Menschen mit einem Begriff zu bezeichnen ist ein fragwürdiges Unternehmen."

                                      Ist doch eigentlich eindeutig.



                                      Mein Vorschlag ist, die Suche nach einem Begriff, der "alle" einschießt, einstellen. Ein befriedigendes Ergebnis ist nicht zu erreichen. Außerdem ist so ein Begriff auch völlig unnötig. Queer als Oberbegriff ist jedenfalls für viele LGBTIAQ+ untragbar. Und das war ja der Ausgangspunkt.

                                      • @warum_denkt_keiner_nach?:

                                        Meine Erfahrung ist da anders, nämlich viele tendieren heute eher zu queer, insbesondere die jüngere Generation oder auch Leser*Innen von queer.de, da LGBTIA ohne Q nicht alle abbildet und die, die sich dort nicht abgebildet sehen würden, sich dann zu Wort melden. Daher sollten Sie dies vielleicht auch besser auf queer.de diskutieren bei entsprechenden Artikeln, da Sie dort noch umfassendere Rückmeldungen diesbezüglich erhalten würden. Und nur zu behaupten, etwas sei wirr, weil Sie es so empfinden und dadurch es vermeiden können, auf die Komplexität des Sachverhalts einzugehen, ist übrigens auch kein wirklich hilfreiches Vorgehen. Und der Versuch eine Gruppe nur mit einem Begriff zu bezeichnen, findet auch gar nicht ausschließlich statt, da eine weitere Ausdifferenzierung weiterhin stattfindet. Wenn Sie sich nicht als queer bezeichnen möchten, dann bezeichnen Sie sich halt als lesbisch. Hängt auch vom Alter ab, die jüngeren Zeitgenossen*Innen tendieren halt eher zu queer! Das Ganze unterliegt doch auch immer einem gewissen Zeitgeist, einer sprachlichen Mode und dem Versuch der jüngeren Generation sich von der älteren Generation abzugrenzen und es noch besser und holistischer umzusetzen. Für mich bringt diese Diskussion mit Ihnen hier auch nichts mehr und ich beende diese hiermit. Ihnen empfehle ich dies auf queer.de weiterzuführen bei entsprechenden Artikeln, da ich von Ihren Argumenten in keiner Weise überzeugt bin. Eventuell gelingt Ihnen dies bei anderen auf queer.de. Viel Spaß und ein gutes Jahr 2022!

                                        • @Jonas Goldstein:

                                          "...nämlich viele tendieren heute eher zu queer, insbesondere die jüngere Generation oder auch Leser*Innen von queer.de..."

                                          Eine Umfrage in meinem (nicht kleinem) Bekanntenkreis hat das Gegenteil ergeben. 100% Ablehnung für Queer als Oberbegriff. Liegt wahrscheinlich auch daran, dass da, wie in der Gesamtbevölkerung, die Älteren überwiegen.

                                          "...da LGBTIA ohne Q nicht alle abbildet..."

                                          Wer will denn das "Q" entfernen? Es geht darum, dass "Q" nicht Oberbegriff sein kann. So wird es aber seit einiger Zeit in der TAZ verwendet.

                                          "Das Ganze unterliegt doch auch immer einem gewissen Zeitgeist, einer sprachlichen Mode und dem Versuch der jüngeren Generation sich von der älteren Generation abzugrenzen und es noch besser und holistischer umzusetzen."

                                          Da ist was dran. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass uns sprachliche Mode keinen Schritt weiter führt. Sie stiftet unnötig Verwirrung. Vor allem bei denen, von deren Akzeptanz wir abhängig sind. Der Bevölkerungsmehrheit. Schaut man sich um, so sieht man, dass in vielen Ländern Kräfte an der Macht sind oder dahin streben, die hart erkämpfte Rechte beschneiden. Das kann hier auch passieren. Und wir müssen es diesen Leuten nicht noch leichter machen.

                                          Aber Sie haben Recht. Eine weitere Diskussion wird nicht viel bringen.

                                        • @Jonas Goldstein:

                                          Ich verstehe auch nicht, wo das Problem sein soll. Wenn eine Gruppe von Menschen, die nicht homogen ist, adressiert werden soll, ohne jedesmal dabei jede einzelne Subgruppe zu benennen, muss ein Einzelbegriff gefunden werden. Es ist gut, dafür einen unbelasteten Begriff zu verwenden. Kryptische Betriffe wie "LGBTQ...." sind nur begrenzt anwendbar. Sie haben das gut erkannt.

                                          Gründe, um im wissenschaftlichen, berichterstattenden oder administrativen u.a. Bereich diese Gruppe zu adressieren, gibt es als dichtomische Abgrenzung zum Rest je nach Themengebiet zur genüge. Die Realität stellt uns hierbei immer wieder neue Aufgaben, z.B. auch im Bereich der Addressierung von besonderen Migrations-, Opfer- oder Flüchtlingsgruppierungen.

                                          Dass sich einzelne Leute gegen Begriffsversuche wehren, ist erwartbar und je nach Begriff ist sowas auch mehr oder weniger sinnvoll. Aber wenn diese Personen nicht direkt, also persönlich, mit dem gruppierenden Begriff angesprochen werden, ist ein Aufbegehren gegen die allgemeine Verwendung für mich nicht nachvollziehbar, wenn der Begriff nicht sehr stark belastet ist. "Queer" z.B. ist inzwischen nur sehr mässig belastet und wie Sie schön geschrieben haben, nimmt die Belastung ab. "Schräg" zu sein, also "anders als Normal" ist etwas, worauf viele Leute geradezu stolz sind. Mich eingeschlossen.

                                          Die grundsätzliche Verneinung von gruppierenden Begriffen für nicht-gleiche Menschen, kann nicht erfolgreich sein, denn die Realität erfordert eine gemeinsame Addressierung manchmal. Es gibt in solchen Fällen trotz der Ungleichheit, relevante gemeinsame Eigenschaften. Einer enstsprechenden Forderung muss leider eine Absage erteilt werden. Denn es wäre ein Tabu und im Stande einen Dialog komplett zu verhindern oder so schwer zu machen, dass dieser faktisch nicht erfolgt.

                                          Ich finde Ihrer entgegenkommenden Forderung nach einem besseren Begriff und Ihr Engagement wirklich super. So stelle ich mir Offenheit für die Zukunft vor.

                                          Vielen Dank dafür.

                                          • @Black Polished Chrome:

                                            "Es ist gut, dafür einen unbelasteten Begriff zu verwenden."

                                            Queer ist aber ist "unbelastet". Er ist schon belegt.

      • @Ruediger:

        Genau so geht es mir auch. Ich bin lesbisch. Punkt. Da braucht es keine anderen Begriffe.

        PS: Betroffen hat für mich nichts mit Krankheit zu tun. Wer Hartz IV bezieht ist ja z.B. auch vom Thema betroffen, ohne krank zu sein :-)

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Für "lesbisch" wird ja auch kein anderer Begriff gesucht. ;)

          • @Black Polished Chrome:

            Queer soll der Oberbegriff sein. Wir wären also mit gemeint.

  • Der wichtigste Mann in der Regierung. Anstatt sich um dringendere Probleme zu kümmern, ist es wichtig, dass jeder sein eigenes, sich von allen anderen unterscheidendes Geschlecht definieren kann.

    Was ist mit dem Mindestlohn oder gleicher Bezahlung für gleiche Leistung? Was ist mit einem Veto zur EU-Förderung für Kernkraftwerke. Es gibt so viel Wichtiges zu tun!

    • @fvaderno:

      "das Kabinett hat das Amt neu geschaffen"

      Doch vorbildlich, auch wenn Zeitpunkt und Reihenfolge eine eigene Note einbringen. Sven Lehmann hätte einer der Wichtigsten werden können, aber das erforderte glaub ich eine andere Koalition, andere Wirkstätten um nicht zusagen andere pol. Realitäten. Nicht dass er schon im Familienministerin jetzt völlig falsch wär oder auch angesichts der Optionen überraschend, klar ist aber auch dass gerade Lehmann an anderer Stelle und Funktion andere Unterschiede hätte machen können. Was aber auch für seine Partei jedenfalls entscheidende Teile offenkundig nicht mehr nur problematisch ist, der Wahlkampf ja nur gefühlt noch länger her als in Wahrheit. Wie gesehen: das Kabinett hat den Posten neu geschaffen, sicher nicht nur auf sein Drängen hin, ein "neuer" Fokus kann auch dabei hilfreich sein, etwaige andere Leerstellen oder Unzulänglichkeiten auszublenden. Für Lehmann hätte es meine ich auch größere Herausforderungen gegeben, er kann da jetzt nicht viel falsch machen und sowenig sich daran oder deshalb aussetzen lässt, die Schaffung solch eines Postens kommuniziert eben zugleich immer auch und ist ggf. sogar Wink dahingehend, was und welche dafür nicht zu erwarten sind. Es mag schließlich jede Menge weiterer Minderheiten geben, die von einem Beauftragten auf dieser Ebene mind. so profitierten, es bisher vielleicht auch noch weniger konnten. Aber wenn schon Sozialpolitik in einer Ampellandschaft, naja dann möglichst bunt und vorzeigbar, das ist nix für auch nicht minder besorgte graue Mäuse, oder Menschen ohne (laute) Stimme, aber das konnte man vorher wissen. Mindestlohn war ein Aufhänger der SPD und besser, als sein bisschen Energie gegen Kernenergie (anderer) und für Nuclear Scare zu verschwenden, ist es allemal.

    • @fvaderno:

      Menschen - und Teams / Organisationen / Gesellschaften insbesondere - können sich gleichzeitig mit mehr als einem Problem befassen. Diese Eigenschaft war für die Errichtung der Zivilisationen unabdingbar. Dazu gehört, priorisieren zu können (wie im vorliegenden Fall die Zuweisung eines Themas an einen Beauftragten exemplarisch zeigt).



      Da also Ihr Kommentar kein Argument liefert für irgendwas bleibt als einzige Frage, die aufgeworfen wird: Wer ist eigentlich Fvaderno, und was ist Fvadernos spezielles Problem mit sexueller Vielfalt?

      • @mats:

        FVADERNO hat nicht gesagt, dass er ein Problem mit Vielfalt hat. Er hat lediglich seine Meinung zum Ausdruck gebracht, dass es drängendere Probleme gibt die es zu lösen gilt. Sie sehen das vielleicht anders, das sei Ihnen zugestanden. Ich frage aber nicht: Wer ist eigentlich Mats, und was ist Mats spezielles Problem mit anderen Meinungen.

        • @Goodfella:

          Nein. Fvaderno hat eben nicht nur geschrieben, dass es drängendere Probleme gibt, sondern schreibt: "Anstatt sich um dringendere Probleme zu kümmern"



          Das ist grober Unfug.



          Und ich bin jemand, der in der Tat ein spezielles Problem hat, und zwar mit Totschlagargumenten ("es gibt Wichtigeres", "das ist nicht sachlich falsch, sondern nur eine andere Meinung"), die eigentlich beliebig sind, aber eben nicht beliebig bei allen möglichen Themen angebracht werden, sondern immer und immer wieder bei der gleichen Handvoll gesellschaftlicher Themen. Sexuelle Vielfalt ist eines dieser Themen, und von der Ehe-Öffnung über staatlicher Hassgewalt-Prävention bis zur gesetzlichen Lage von trans Menschen - das Internet ist vollgestopft mit Derailing-Kommentaren von Leuten, die ja alle nur ihre Meinung sagen, aber natürlich kein Problem haben mit irgendwas. Geschenkt.

    • @fvaderno:

      Das ist aus meiner Perspektive eine sehr verwegenen Aussage. Erstens sehe ich mich, cis-Mann, nicht in der Lage nachzuvollziehen was es bedeutet in einer Welt zu leben, welche mich als Person ablehnt, geschweige denn abbildet oder gleichberechtigt behandelt. Zudem kann ich mir einen echten Wandel hin zu einer gerechteren Gesellschaft nicht vorstellen, ohne diesen all umfassend zu denken. Wer bin ich Personen denen alles was in meiner Lebensrealität selbstverständlich ist, Sichtbarkeit in allen Gesellschaftlichen Bereichen (überwiegend positiv), Orte an denen ich mich sicher, verstanden, zugehörig, und akzeptiert fühle, zu verwehren diese Dinge für sich ein zu fordern. Natürlich kann man diskutieren ob "erzwungener" Individualismus ein Problem ist, aber in keinem Fall auf dem Rücken marginalisierter Gruppen.