Putins Jahrespressekonferenz: „Wir haben hier keine Paläste“
Der russische Präsident schaut gelassen in die Zukunft. In spätestens zwei Jahren werde das Land die Krise überwunden haben, sagt Putin.
MOSKAU taz | Präsident Wladimir Putin ist nicht aus der Ruhe zu bringen. Einen so stoischen Staatslenker, der sich von nichts verunsichern lässt, braucht ein Land in einer schweren Krise, war die Botschaft, die er auf seiner zehnten Jahrespressekonferenz am Donnerstag aussandte: Ihr müsst keine Angst haben, ich habe alles im Griff.
Die Bürger haben offenbar auch keine Ängste: In einer Umfrage der Universität Chicago Anfang letzter Woche bestätigten 81 Prozent der Befragten, dass sie die Politik des Kremlherrn unterstützen würden.
Wladimir Putin musste denn auch lachen, als er vor den versammelten 1.200 Journalisten gefragt wurde, ob er nicht fürchte, in der Wirtschaftskrise die Unterstützung der Eliten zu verlieren und einer Palastrevolte zum Opfer zu fallen. „Was Palastrevolten angeht, können Sie ganz beruhigt sein“, konterte der Kremlchef.
„Wir haben keine Paläste, darum kann es keine Palastrevolte geben“, sagte er und hatte den Saal auf seiner Seite. Der Rückhalt der Bevölkerung sei für ihn das Wichtigste, meinte er und blieb diesmal bei der Wahrheit: „Hinsichtlich der wichtigsten Linien der Außen- und Innenpolitik gibt es diesen Rückhalt“.
Alles im Lot
Auch ansonsten ist laut Kremlchef alles im Lot: Die Wirtschaft legt 2014 trotz Krise und Rubelverfalls um mindestens 0,6 Prozent zu und befindet sich damit auf einem stabilen Kurs. Trotz der Turbulenzen werde der Staat im laufenden Jahr jedoch mehr einnehmen als ausgeben. Gleichwohl stimmte er die Bevölkerung aber auch auf härtere Zeiten ein. Bei einem sinkenden Ölpreis könne auch der Wert des Rubels weiterfallen.
Trotzdem werde das Land seinen sozialen Verpflichtungen nachkommen. Vorsichtig deutete er aber auch an, dass Einschnitte im Haushalt nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden könnten.
Es war eine Gratwanderung die Putin da vollzog. Die Währungsrücklagen der Zentralbank mit 340 Milliarden Euro seien aber eine solide Grundlage. In spätestens zwei Jahren, versprach Wladimir Putin, werde Russland die Krise überwunden haben. Die meisten Bürger dürften ihm dies auch glauben. Nach wie vor wirkt der Kremlchef auf seine Landsleute wie ein Magier. In den verzückten Gesichtern der meist jüngeren Journalisten war dies abzulesen.
Das heikle Thema, welche Auswirkungen die westlichen Sanktionen auf die ökonomische Schieflage Russlands hätten, handelte der Kremlchef im Schnelldurchgang ab. Mit 25 bis 30 Prozent schlügen sie zu Buche. Außenpolitisch und gegenüber der Ukraine wiederholte Putin die alten Positionen. An allem seien die „Partner“, so nennt der Kremlchef seine Gegner, schuld. Der Westen habe in der Ukraine nur einen Vorwand gesucht, um Russlands „Unabhängigkeit und das Recht auf Existenz“ zu beschneiden und dessen Souveränität zu verletzen. Seltsam wäre es, wenn der Exgeheimdienstler dies tatsächlich glauben sollte.
„Wir greifen niemanden an“
„Russland schützt seine nationalen Interessen stets mit Nachdruck, aber wir greifen niemanden an“, sagte Putin noch. Daher leugnete er auch die Beteiligung russischer Truppen an den Kämpfen in der Ostukraine.
Grundsätzlich bekräftigte Putin noch einmal, die Ukraine als einheitlichen Staat erhalten zu wollen. Danach wechselte der Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte noch einmal zum russischen Bären, den der Westen an die Kette legen, ihm Zähne und Zehennägel ziehen wolle. „Wir wollen nicht, dass jemand unser Fell an die Wand hängt“, sagte Putin mit Nachdruck. Das Streben der ehemaligen sowjetischen Satelliten in die Nato verglich der Kremlchef mit der Errichtung einer neuen Berliner Mauer. „Sie (im Westen; d. Red.) haben nicht aufgehört, Mauern zu bauen“, sagte er.
Frappierend wieder mal an Putins Darstellung: Russland lässt sich nie etwas zuschulden kommen und handelt vorbildlich in jeder Beziehung. Da stellt sich die Frage, warum sich niemand an „Mischas“ Fell wärmen möchte? Nachfragen sieht das Reglement der Jahrespressekonferenz jedoch nicht vor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste