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Putin besucht AnkaraIm Schatten des syrischen Krieges

Der russische Präsident Putin besucht Ankara. Regierungschef Erdogan hofft auf Unterstützung für die türkische Position zu Syrien.

Sind nicht die allerdicksten Freunde: Erdogan und Putin im Juli 2012 in Moskau Bild: dpa

ISTANBUL taz | In Ankara findet am Montag der wohl wichtigste Staatsbesuch des Jahres statt. Als Gast wird Russlands angeblich malader Präsident Wladimir Putin erwartet.

Der Besuch ist belastet durch eine türkische Aktion im Oktober, als Militärflugzeuge eine aus Moskau kommende syrische Passagiermaschine zwangen, in Ankara zu landen. Angeblich hatte der Flieger geheimes Rüstungsmaterial für das Regime von Baschar al-Assad geladen, jedoch blieben türkische Kontrolleure, zumindest in der Öffentlichkeit, Beweise schuldig.

Doch der russische Botschafter in Ankara, Wladimir Iwanowski, wiegelte bereits im Vorfeld ab. Gegenüber der türkischen Presse sagte er am Wochenende: „Die türkische und die russische Führung haben sich darauf verständigt, die bilateralen Beziehungen nicht durch internationale Konflikte zu belasten.“ Mit anderen Worten: Putin will die Flugzeugaktion nicht ansprechen, und die unterschiedlichen Positionen zum Bürgerkrieg in Syrien sollen für die regen Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern keine Rolle spielen.

Trotzdem will der türkische Premier Tayyip Erdogan mit dem Kremlchef auch über Syrien sprechen. „Russland hält den Schlüssel für eine Syrien-Lösung in der Hand“, sagte Erdogan vor dem Besuch. „Auch Russland muss ein Interesse an einer friedlichen Lösung haben.“

Starke Partner

Offenbar hofft Erdogan, dessen Außenminister Ahmet Davutoglu den Ton gegen Assad verschärfte, indem er die syrische Armee eine irreguläre Miliz nannte, noch, sich mit Putin über eine Lösung nach Assad verständigen zu können. Ein Syrien, das in einem chaotischen Bürgerkrieg versinkt, könne doch auch nicht in russischem Interesse sein, hofft man in Ankara. Für Erdogan wäre schon viel gewonnen, wenn er Putin dazu bewegen könnte, einer Pufferzone entlang der Grenze zuzustimmen. Denn, so das Kalkül, Russland braucht auch die Türkei als starken Partner.

Kurz vor dem Besuch sah es nicht so aus, als würde Putin wegen Syrien Zugeständnisse machen. Russland protestierte in Ankara wegen der angestrebten Stationierung von „Patriot“-Raketenabwehrstellungen. Militärallianzen wie die Nato sollten sich aus dem syrischen Bürgerkrieg heraushalten.

Trotzdem kann es im Gespräch zwischen Putin und Erdogan Überraschungen geben. Die Türkei ist nach Deutschland der zweitgrößte Abnehmer für russisches Gas. Moskau will seine „Southstream“-Gaspipeline im Schwarzen Meer durch türkisches Hoheitsgebiet verlegen und 2013 in der Türkei mit dem Bau eines Atomkraftwerks beginnen.

Es steht für beide Seiten viel auf dem Spiel, was sich auch daran zeigt, dass Putin sich allen Rückenschmerzen zum Trotz dennoch zum Nachbarn auf der Südseite des Schwarzen Meers aufmacht.

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5 Kommentare

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  • B
    Benz

    @Hendrix

    Gewalt ist in den internationalen Beziehungen strikt abzulehnen. Andere Länder brutal zu bombardieren ist das Mittel von Staaten, ist mittelalterliche Politik. Schlimmer als im Kolonialismus.

     

    Das gute daran ist, dass die USA sich sowohl im Irak als auch in Afghanistan eine blutige Nase geholt haben und gedemütigt abziehen.

  • H
    Hendrix

    Benz, sie können Ihre alten sowjetischen Propagandaphrasen noch lange wiederholen, sie bleiben kompletter Unsinn. Machen Sie sich lieber über die Fakten kundig!

     

    Kurios, dass Sie sich sonst gern über die Taliban ereifern und in Ihrer masslosen Kreml-Propaganda sogar Pussy Riot mit diesen vergleichen. Gleichzeitig beschweren Sie sich über die angebliche Brutalitat der Nato in Afghanistan. Gerade aber der Nato-Einsatz sichert Afghanistan vor den Taliban. Dass seither Millionen afghanischer Mädchen überhaupt wieder zur Schule gehen können und Frauen wieder arbeiten dürfen, ist nicht zuletzt dem Nato-Einsatz zu verdanken. Vom Wiederaufbau des Landes ganz zu schweigen...

     

    Der Massenmörder Assad wird so oder so stürzen, da können Sie sicher sein.

  • B
    Benz

    @Hendrix

    Es ist falsch dass diese Ueberfälle von der Uno erlaubt worden sind. Weder bei Serbien, noch beim Irak, noch bei Afghanistan hatte der Uno-Sicherheitsrat die Angriffe erlaubt. Einzig bei Lybien erlaubte er die Errichtung einer Flugverbotszone. Wie die Nato diese Flugverbotszone interpretiert hat, ist ja bekannt: Nämlich als Freibrief, Lybien nach Belieben zu bomardieren.

     

    Die Nato-Interpretation der Flugverbotszone als Erlaubnis zum Angriffskrieg ist übrigens mit einer der Gründe, warum die zivilisierte Weltgemeinschaft im Falle von Syrien zu keinen Konzessionen mehr an die Nato-Länder bereit ist.

     

    Zu Ihrer Rechtfertigung des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs: Im Irak wurden ca. 1.25 Mio Menschen umgebracht. In Afghanistan ca. 1 Mio (Nach Angaben der britischen NGO 'Body count'). Beide Länder sind total zerstört und versinken im Bürgerkrieg.

     

    Ich denke das wird Sie nicht weiter beeindrucken. Sie gehen ja vom Prinzip aus, dass ein politisches Ziel alle Mittel, auch schwerste Verbrechen rechtfertigt. Diesen bedenklichen Standpunkt haben Sie wiederholt geäussert, als Sie die Verbrechen des Wirtschaftskriminellen Chodor oder die Hassverbrechen der Pussen verteidigten.

     

    Jeder vernünftige Mensch aber wird sich dafür einsetzen, dass Syrien das Schicksal des Iraks und Afghanistans erspart bleibt.

  • H
    Hendrix

    Benz, erzählen Sie wieder russ. Propagandamärchen? Das waren Friedens-Einsätze und keine Überfälle; durch die UNO abgesichert. Lediglich im Irak stellt sich die Situation anders dar, da dort die Bush-Administration die UNO hinters Licht geführt hatte. Aber selbst der zu kritisierende Irak-Krieg führte immerhin zum Sturz des Massenmörders Saddam Hussein. Und die Nato ist auch zügig abgezogen (in Afghanistan noch im Gang).

     

    Russlands und Chinas skandalöse Unterstützung des blutrünstigen Diktators Assad hat dann auch wenig mit Standhaftigkeit zu tun als viel mehr mit der notorischen Angst beider autoritärer Regime vor Revolutionen, nicht zuletzt im Hinblick auf die eigene unterdrückte Bevölkerung.

  • B
    Benz

    Nach den verheerenden Katastrophen der Nato-Ueberfälle auf Serbien, Afghanistan, den Irak und Lybien mit Millionen von Toten ist RU der konsequenteste prinzipiellste Verteidiger des Völkerrechts, das solche Angriffskriege verbietet. Daran wird auch die Türkei nichts ändern.

     

    RUs und Chinas Standfestigkeit im UNO-Sicherheitsrat hat Millionen Syrer vor einer Nato-Invasion gerettet.