Punk, Faschos und die deutsche Provinz : Im toten Winkel der Gesellschaft
Doris Akrap im Gespräch mit Tijan Sila über sein neues Buch, Punk und die Pfalz in den Neunzigerjahren. Ein taz Talk im Rahmen von „Leipzig liest extra“ 2021.
Eine Punkband in der Pfälzischen Provinz der Neunzigerjahre – was kann da schon schiefgehen? 1998, inmitten der Baseballschlägerjahre, gründet der 18-jährige Gansi mit seinen Freunden in der Kleinstadt Calvusberg die Punkband Pur Jus.
Während es seinen Eltern, die vor vielen Jahren aus Bosnien nach Deutschland gekommen sind, lieber wäre, würde er wie sein älterer Bruder Chirurg werden und in eine Villa am Heidelberger Neckarufer ziehen, veranstaltet er Radau im heimischen Club Fiasko, tourt durch das tief gespaltene Land vom blitzsauberen Jugendzentrum in Freiburg zum besetzten Haus in Heidenau, lässt sich von einem Fascho die Lippe spalten und von der finsteren Gitarristin Ursel das Herz brechen.
Dann trifft er Katja, die in „Texas“ lebt, einem Viertel in Calvusberg, das sogar die Punks fürchten. Sie lernt fürs Abi, ist sehr für gewaltfreie Konfliktlösung und hört lieber Madonna statt Buzzcocks. Gansi ist bis zur geföhnten und blondierten Haartolle verliebt in sie. Alles scheint perfekt – doch bald sind es nicht mehr nur die omnipräsenten Nazis, die für Pur Jus zur Gefahr werden.
Tijan Sila führt die Leser*innen ins Herz einer Szene, die er sehr gut kennt: Er zog in den Neunzigerjahren selbst mit seiner Punkband Atlas Lanze durch Deutschland und hat gerade mit seiner neuen Band Korrekte Drinks eine Single aufgenommen.
Erwachsenwerden im toten Winkel der Gesellschaft – ein taz Talk im Rahmen von „Leipzig liest extra“ mit:
Tijan Sila kam 1981 in Sarajevo zur Welt und emigrierte 1994 mit seiner Familie nach Deutschland. Er studierte Germanistik und Anglistik in Heidelberg. Heute lebt er in Kaiserslautern, wo er als Lehrer an einer Berufsschule arbeitet. Im Frühjahr 2017 erschien sein Debütroman „Tierchen unlimited“, 2018 folgte „Die Fahne der Wünsche“. Er hört Punkrock, seitdem er als Kind das Video zu dem Ramones-Lied „I wanna be sedated“ gesehen hat und ist Gitarrist der Punkband Korrekte Drinks. Und er schreibt ab und an für die taz. Sein Buch "Krach" ist im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen.
Doris Akprap ist seit 2008 Redakteurin bei der taz. Nach vielen unterschiedlichen taz-Stationen, arbeitet sie inzwischen seit 2012 in der taz am Wochenende. Sie hat Religions- und Kulturwissenschaften sowie Südosteuropäische Geschichte zu Ende studiert, ist Herausgeberin der „Jungle World“, war Redakteurin der „Sport-BZ“, Mitgründerin der Hate Poetry und Mitinitiatorin von #FreeDeniz.
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