piwik no script img

Prozessauftakt in ItalienBerlusconi besticht Senator

Der italienische Ex-Regierungschef soll einem Senator drei Millionen Euro gezahlt haben, damit der sich seiner Partei anschließt. Berlusconi ist bereits mehrfach verurteilt.

Auge zudrücken war gestern: Silvio Berlusconi. Bild: ap

NEAPEL afp | Weil er einen Senator „gekauft“ haben soll, hat sich der schon wegen Steuerbetrugs rechtskräftig verurteilte italienische Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi seit Dienstag in Neapel erneut vor Gericht verantworten müssen. Beim Prozessauftakt am Vormittag ließ sich der 77-Jährige von seinen Anwälten vertreten. Bei den ersten beiden Anhörungen am Dienstag und Mittwoch standen zunächst Verfahrensfragen auf der Agenda.

Berlusconi ist angeklagt, 2006 als Oppositionsführer einen Senator aus dem linkspolitischen Lager mit Geld dazu bewogen zu haben, sich seiner konservativen Partei anzuschließen und damit den Sturz der Regierung des damaligen Ministerpräsidenten Romano Prodi zu erleichtern. Laut Staatsanwaltschaft steckte Berlusconi dem Senator Sergio de Gregorio über einen Mittelsmann drei Millionen Euro zu. De Gregorio schilderte der Justiz Einzelheiten des Transfers. Prodi steht auf der Liste der geladenen Zeugen.

Am Mittwoch wird es um die Frage gehen, ob der Senat als Nebenkläger auftritt. Darauf drängt der Präsident der oberen Parlamentskammer, Pietro Grasso. Er sagte, er sehe sich dazu „moralisch verpflichtet“.

Berlusconi war im vergangenen August wegen Steuerbetrugs verurteilt worden. Hinter Gitter muss er wegen seines hohen Alters zwar nicht. Im April wird ein Gericht aber entscheiden, ob er unter Hausarrest gestellt wird oder ein Jahr Gemeinschaftsdienst leisten muss. In der Folge der rechtskräftigen Verurteilung wurde Berlusconi aus dem Senat ausgeschlossen und verlor damit seine parlamentarische Immunität.

Prostitution und Amtsmissbrauch

Im vergangenen Sommer wurde Berlusconi überdies in erster Instanz wegen der Prostitution von Minderjährigen und Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Dagegen wird vermutlich in diesem Jahr ein Berufungsprozess beginnen. Wegen des Verdachts der Zeugenbeeinflussung in dem sogenannten Rubygate-Prozess wurden Ermittlungen gegen Berlusconi eingeleitet, die zu einem weiteren Prozess führen könnten.

Trotz seiner Justizprobleme hat Berlusconi in Italien weiterhin politisches Gewicht. Ende vergangenen Jahres gründete er seine alte Partei Forza Italia neu. Umfragen zufolge unterstützen ihn nach wie vor sechs bis sieben Millionen potenzielle Wähler. Bei der anstehenden EU-Parlamentswahl will er Stimmung gegen den Euro machen, erst am Samstag bezeichnete er diesen als „fremde Währung“ für Italien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!