Prozess in Frankfurt: Die Reichsbürger-Armee-Fraktion

Im Frankfurter Reichsbürgerprozess beteuert die Ex-AfD-Abgeordnete Malsack-Winkemann ihre Unschuld. Mit Terror à la RAF habe sie nichts zu tun.

Die Angeklagte Birgit Malsack-Winkemann nimmt am Zeugentisch Platz.

Die Angeklagte Birgit Malsack-Winkemann am 4. Juli vor Gericht

FRANKFURT AM MAIN taz | Birgit Malsack-Winkemann gab sich empört. Die AfD-Politikerin ist angeklagt, als Teil der mutmaßlichen „Reichsbürger“-Verschwörung um Heinrich XIII. Prinz Reuß den gewaltsamen Umsturz in Deutschland vorbereitet zu haben. Zusammen mit acht weiteren Männern und Frauen muss sich die ehemalige Bundestagsabgeordnete seit Mai vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt verantworten. Am Donnerstag sprach sie zum ersten Mal selbst – und auch, wenn es eigentlich nur um ihre Person gehen sollte, wollte die 59-Jährige zum Anklagevorwurf nicht schweigen.

„Es ist überhaupt nicht das geplant worden, was uns hier vorgeworfen wird“, empörte sich Malsack-Winkemann. „Uns wird hier unterstellt, wir seien in der Nachfolge der RAF, wenn auch auf der anderen politischen Seite. Dabei ist das nicht ansatzweise vergleichbar.“ Als „Zeitzeugin“ des Terrors der Roten Armee Fraktion (RAF) in den siebziger Jahren wisse sie das schließlich ganz genau.

Die Botschaft: Jemand wie ich, mit meinem Lebensweg und meinen Erfahrungen, kann doch keine Terroristin sein. Die Bundesanwaltschaft aber wirft der promovierten Juristin, die als Richterin in Berlin gearbeitet hat und von 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag saß, eben das vor. Unter anderem soll sie Mitverschwörern das Ausspähen des Bundestags ermöglicht haben, für einen bewaffneten Überfall. Und im Kabinett der Putschregierung, genannt „Rat“, hätte Malsack-Winkemann laut Anklage das Justizressort übernommen.

Auch beim Referieren ihrer sehr geradlinigen Justizkarriere streute die Angeklagte immer wieder spitze Bemerkungen ein. Ihre Doktorarbeit habe sie über einen liberalen Strafprozessreformer des 19. Jahrhunderts geschrieben, dem insbesondere die politische Weisungsabhängigkeit der Staatsanwaltschaft ein Dorn im Auge gewesen sei: „Wenn man das vorliegende Verfahren betrachtet: hochaktuell.“ Sie selbst habe ihre politischen Ansichten immer streng von ihrer – selbstverständlich außerordentlich gründlichen – Arbeit als Richterin getrennt. Einmal habe sie sogar eine Räumungsklage gegen die linken Haus­be­set­ze­r*in­nen in der Rigaer Straße abgewiesen.

Seit der Verhaftung ist sie suspendiert

Ihre Kol­le­g*in­nen in der Justiz hätten deshalb nicht einmal geahnt, dass sie AfD-Mitglied war. „Für mich gehört Politik nicht in die Justiz“, betonte Malsack-Winkemann – und konnte unausgesprochen lassen, was sie damit wohl vor allem sagen wollte: dass der Prozess gegen sie und ihre Mitangeklagten ein rein politischer sei. Und genauso wenig zu rechtfertigen wie der Versuch der damaligen Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linke), sie nach dem Ende ihrer Abgeordnetenzeit nicht weiter als Richterin arbeiten zu lassen. „In der Justiz selbst hat man sich gefreut, dass ich zurückkommen sollte.“

Das Richterdienstgericht des Landes Berlin hatte Malsack-Winkemann im Oktober 2022 Recht gegeben. Keine zwei Monate später wurde sie als mutmaßliche Rechtsterroristin verhaftet. Seitdem ist sie vom Dienst suspendiert, vorläufig und bei vollen Bezügen. „Und jetzt muss man abwarten, was hier passiert“, sagte die Angeklagte. Es klang nicht so, als würde sie mit einer Verurteilung rechnen.

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