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Prozess gegen Wetter-ModeratorKachelmanns Offensive

Die Verteidiger des wegen Vergewaltigung angeklagten Moderators Kachelmann werfen dem mutmaßlichen Opfer "manipulative Potenz" vor und fordern eine sofortige Befragung.

Schweigt vorerst selbst: Jörg Kachelmann. Bild: dpa

Das bringt doch mal Zug in die Sache: Am zweiten Tag des Kachelmann-Prozesses geht die Verteidigung in die Offensive. Und fordert, Sabine W. (Name geändert), das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer, soll sofort aussagen - nicht erst in vier Wochen.

Sabine W. hatte den Wettermoderator Anfang Februar angezeigt: Er habe sie in ihrer Schwetzinger Wohnung mit vorgehaltenem Messer vergewaltigt. Ihre jahrelange Beziehung zu Kachelmann hatte sie zuvor beendet, als sie herausfand, dass der Schweizer noch zahlreiche andere Freundinnen hatte. Kachelmann bestreitet die Vergewaltigung.

Doch an diesem Prozesstag nimmt Sabine W. nur kurz an der Verhandlung teil. Ihre Aussage ist erst für den 13. Oktober vorgesehen. Vorher will die Kammer noch Kachelmanns andere Exfreundinnen befragen. Und die Polizeibeamten, bei denen Sabine W. ausgesagt hat.

"Das habe ich in 35 Jahren als Strafverteidiger nicht erlebt, dass das mutmaßliche Opfer nicht sofort angehört wird", schimpft Kachelmann-Anwalt Reinhard Birkenstock. Sein Vorwurf: Das Gericht wolle dem Anwalt von W., die als Nebenklägerin im Prozess auftritt, offensichtlich ermöglichen, erst alle anderen Zeugen anzuhören, um dann Sabine W. optimal auf ihre Aussage vorzubereiten.

Dann geht Birkenstock in die Vollen: "Bevor wir hier andere Zeugen laden, müssen wir doch erst einmal hören, ob die Nebenklägerin ihre falschen Anschuldigungen überhaupt aufrecht erhält", ätzt der Anwalt. Bei Sabine W. handele es sich nämlich um eine Frau von "gewaltiger manipulativer Potenz", ihre bisherigen Aussagen seien völlig unglaubwürdig. Kachelmann hört derweil regungslos zu. Die Anhörung der zehn geladenen Exfreundinnen Kachelmanns hält Birkenstock dabei für völlig unnötig: "Wenn hier über Kachelmanns Intimpraktiken gesprochen wird, dient das nur der Vorverurteilung."

Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge will dagegen logischerweise die Vernehmung der Exfreundinnen: "Wir müssen uns doch ein Bild von der Persönlichkeit des Angeklagten machen." Und Kachelmann? Der hatte kurz vorher erklärt, er werde zunächst nicht aussagen.

Das Landgericht will am Mittwoch bekanntgeben, ob es den Anträgen der Verteidigung stattgibt, die anderen Exfreundinnen aus- und Sabine W. früher vorzuladen. Wahrscheinlich ist das nicht, denn bevor Birkenstock eine Stunde seine Anträge begründete, hatte er das schon informell versucht - ohne Erfolg.

Diese zweistündige Verhandlung über eine Änderung des Prozessverlaufs im Hinterzimmer des Gerichts kam überraschend und wurde vom Gericht zunächst nicht erläutert. Viele Journalisten nahmen deshalb an, Kachelmann habe ein Geständnis angeboten und handle jetzt eine milde Strafe aus.

Erst kurz vor Mittag stellte Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker klar: "Wir fordern weiter einen Freispruch." Doch auch sonst lässt das Gericht wenig Fingerspitzengefühl erkennen.

So wird mit keinem Wort erwähnt, dass der Befangenheitsantrag der Verteidigung aus der vergangenen Woche zwischenzeitlich abgelehnt wurde.

Am Nachmittag zeigt sich die Kammer dagegen plötzlich großzügig: Als Kachelmanns Aussage im Ermittlungsverfahren verlesen wird, dürfen die Zuschauer bleiben und werden nicht, wie erwartet, ausgeschlossen. Viel Neues gibt es aber nicht zu hören - alles Wesentliche stand schon in der Zeitung.

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6 Kommentare

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  • M
    micha

    @McMalcom: ich würde mir bei so einem emotionalen thema wünschen,

    wenn man als berichtender journalist nicht so sehr seinen gefühlen folgt...oder eben einen kommentar verfasst.

    womit ich "probleme" habe? bitte mal im text die wörter "ätzt" und "logischerweise" aufsuchen. das ist für mich wertend und die meinung des autors - die er zweifelsfrei haben kann. nur neutralität kann er dann nicht für sich proklamieren, oder? =)

  • CR
    Christian Rath

    Der erste Satz "Das bringt doch mal Zug in die Sache" stammt nicht von mir, sondern von der Redaktion. Ich finde ihn inhaltlich unpassend und für einen Vergewaltigungsprozes unangemessen.

     

    Christian Rath (der Autor des Textes)

  • B
    BPecuchet

    Und so schreibt Alice Schwarzer in der Bild:

     

    "So richtig zur Sache ging es vor der Mittagspause. Da beantragte der Kachelmann-Verteidiger die Ausladung der Mehrheit der neun Ex-Geliebten, die als Zeuginnen geladen sind."

     

    Ihr Text ist allerdings als Kommentar gekennzeichnet.

     

    Sie weist auch darauf hin, dass die Befragung von früheren Partnerinnen von Kachelmann vor dem Hintergrund von dessen Aussageverweigerung zu sehen ist. Da er nicht spricht, will das Gericht andere Quellen nutzen. Dies klingt überzeugend. Dennoch sollte bedacht werden, dass eine frühere Partnerin nicht unbedingt als eine unabhängige Zeugin betrachtet werden kann. Es ist anzunehmen, dass die Verteidigung die Glaubwürdigkeit dieser Zeuginnen bestreiten wird.

  • M
    McMalcom

    @Micha: Was ist daran wertend, wenn man solange von der Unschuld eines Angeklagten ausgeht, bis seine Schuld bewiesen ist?

     

    Insofern: Klasse, sehr wohl taz-Niveau.

  • PM
    Prinzessin Manfred

    Ich hab den Eindruck, hier wird ein Vergewaltigungsprozess vor allem unter Entertainment-Gesichtspunkten betrachtet ("Das bringt doch mal Zug in die Sache") - hat der Autor auch mal einen Gedanken darauf verwendet, wie sowas auf (andere) Vergewaltigungsopfer wirkt?!

  • M
    Micha

    ein so wertender Text sollte vllt als Kommentar markiert sein...

    (oder gleich in der Bild erscheinen)

    schade, kein taz-Niveau.