Prozess gegen Terrorverdächtigen: Rami M. packt aus

Rami M. ist der bekannteste Terrorverdächtige Deutschlands. Am ersten Prozesstag berichtet er gleich aus dem Inneren der al-Qaida. Das Urteil könnte rasch fallen.

Im Scheinwerferlicht der Medien: Rami M. beim Prozessauftakt. Bild: dpa

FRANKFURT/MAIN taz | Es kommt nur selten vor, dass Deutsche direkt bei al-Qaida anheuern und ranghohe Kader treffen - und noch seltener, dass sie umfangreich über den bewaffneten Dschihad auspacken.

Seit Donnerstag muss sich vor dem Oberlandesgericht Frankfurt der Terrorverdächtige Rami M. verantworten. Gleich am ersten Prozesstag hat er berichtet, wie er innerhalb kürzester Zeit vom Kiffer zum Islamisten wurde, wer ihn nach Pakistan schleuste und wie er in der Bergregion Wasiristan zur al-Qaida kam.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem 25-jährigen Deutschen mit syrischen Wurzeln vor, von Mai 2009 bis Juni 2010 Al-Qaida-Mitglied gewesen zu sein. Nach einer Ausbildung in einem Lager soll er auch an Kämpfen gegen die pakistanische Armee beteiligt gewesen sein. Nicht nur das: Er habe hochrangige Kader getroffen, unter anderem Abu Jahja al-Libi, der nach dem Tod Osama bin Ladens als Nummer zwei der al-Qaida gehandelt wird.

Über Wien und Iran nach Wasiristan

Wie Rami M. am Donnerstag zugab, ist er im März 2009 mit einem Bekannten aus der Hamburger Moschee, in der auch die 9/11-Todespiloten beteten, über Wien in den Iran gereist und dann mithilfe eines Schleusers nach Wasiristan. Er sei "bei den Brüdern" und lerne viel, telefonierte er bald nach Deutschland.

Was genau er lernte, berichtete Rami M. nun vor Gericht. Ihm sei beigebracht worden, wie man mit Maschinengewehr und Mörser umgehe. Später habe er sich dann selbst in Mir Ali auf dem Markt eine Kalaschnikow gekauft. Die gebe es dort wie in Deutschland Handys.

Treffen mit "Außenminister" der al-Qaida

Mai 2010 soll es dann zu einem Treffen gekommen sein, das Rami M. zu einem der bekanntesten Terrorverdächtigen Deutschlands machte. Wie er und ein weiterer Islamist aus Hamburg in Verhören erzählten, seien sie vom angeblichen "Außenminister" der al-Qaida angesprochen wurden: Scheich Junis al-Mauretani. Der soll Freiwillige für Aktionen in den USA oder Europa gesucht haben, die das Finanz- und Wirtschaftssystem treffen sollten. Die Aussagen über die ominösen Pläne des Scheichs hatten im Herbst mit zu den Anschlagswarnungen des deutschen Innenministers geführt.

Rami M. sagte am Donnerstag, er habe zu dem Zeitpunkt ohnehin zurück nach Deutschland zu Frau und Kind gewollt. Er habe der al-Qaida schon Monate vorher mitgeteilt, dass er unfähig für den bewaffneten Dschihad sei - Rami M. ist übergewichtig. Ob er nicht in Deutschland Geld für die Terrorgruppe sammeln könne.

Die Bundesanwaltschaft glaubt, dass Rami M. in Deutschland aber nicht nur 20.000 Euro Spenden pro Halbjahr für al-Qaida sammeln, sondern zusammen mit drei Männern, die mittlerweile alle verhaftet oder tot sind, als Netzwerk für noch nicht konkretisierte Aufträge der Al-Qaida-Führung bereitstehen sollte.

Es kam anders. Als Rami M. sich im Juni 2010 auf den Weg in die deutsche Botschaft in Islamabad machte, um sich neue Papiere zu holen, wurde er vom pakistanischen Militär festgenommen und zwei Monate später nach Deutschland überstellt.

Der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel gab sich am Donnerstag zufrieden mit dem Angeklagten. Eineinhalb Leitz-Ordner Vernehmungsprotokolle habe Rami M. dem BKA erbracht. Sagebiel schlug einen Deal vor: umfangreiches Geständnis gegen eine Strafe von viereinhalb bis fünf Jahren. Schon am Montag könnte so ein Urteil fallen.

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