Prozess gegen Querdenken-Gründer: Ballweg in Stuttgart vor Gericht

Der Querdenker-Gründer Michael Ballweg muss sich am Mittwoch vor Gericht verantworten. Er soll Schenkungen in sein Privatvermögen umgeleitet haben.

Ein Mann wingt aus einem offenen Autofenster

„Querdenker“-Initiator Michael Ballweg steht ab Oktober 2024 vor Gericht Foto: Marijan Murat/dpa

Stuttgart taz | Die Bilder von den Massendemonstrationen gegen die Coronamaßnahmen sind verblasst, die Folgen werden nach und nach aufgearbeitet. Vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart beginnt am Mittwoch der Prozess gegen Michael Ballweg, einen der Hauptinitiatoren der Proteste in der Coronakrise 2020/2021.

Das Gericht wirft dem ehemaligen Stuttgarter IT-Unternehmer versuchten Betrug in 9.450 Fällen vor. Auf den Demonstrationen in Stuttgart und anderswo hatte Ballweg um Spenden gebeten und damit mehr als eine Million Euro eingenommen. Über den Verwendungszweck des Geldes habe er laut Staatsanwaltschaft aber die Spender getäuscht. Zudem muss er sich wegen Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten.

Zwischenzeitlich folgten Zehntausende Demonstranten von links bis rechts den Aufrufen Ballwegs und seiner Mitstreiter. Bei den Demos kamen auch Antisemiten wie der Influencer Ken Jebsen zu Wort. Im April 2021 stellte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Bewegung unter Beobachtung, weil diese über die Kritik an der Coronapolitik eine „Delegitimierung des Staates“ betreibe. Unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Baden-Württembergs, Michael Blume, hatte früh auf das fragwürdige Geschäftsmodell der Querdenker-Funktionäre hingewiesen.

Nachdem bereits gegen Mitstreiter Ballwegs, wie den Arzt Bodo Schiffmann und den Anwalt Ralf Ludwig, ermittelte wurde, hat die Polizei im Frühjahr 2022 recht robust auch Ballwegs Haus in Stuttgart durchsucht und ihn dabei festgenommen. Ballweg, der bald 50 wird, war von Juni 2022 bis April 2023 in Untersuchungshaft. Das machte ihn für seine Anhänger zum Märtyrer, sie veranstalteten Kundgebungen vor dem Gefängnis.

Vorwurf: Gemeinnützigkeit vorgegaukelt

Das Gericht hatte im vergangenen Jahr die Anklage der Staatsanwaltschaft wegen Betrugs zunächst nicht zugelassen und der Vorwurf der Geldwäsche war ganz fallen gelassen worden. So könnte das Verfahren, das am Mittwoch beginnt, dann doch eine Nummer kleiner ausfallen, als es zunächst erschien.

Viele der Spender fühlen sich nach eigenen Aussagen nicht von ihm betrogen. Doch darauf kommt es juristisch nicht an. Ballweg hatte angeblich bis zu 800.000 Euro seines eigenen Geldes in seine Bewegung „Querdenken 711“ gesteckt. Erst als ihm dann das Geld ausging, habe er seine Anhänger zu sogenannten Schenkungen aufgerufen. Von diesem Geld soll er laut Staatsanwaltschaft 500.000 Euro in sein Privatvermögen geleitet haben. Der Betrug liegt laut Staatsanwaltschaft darin, dass Ballweg seinen Anhängern vorgegaukelt habe, aus der Bewegung einen gemeinnützigen Verein zu machen.

Ballwegs Anwalt, der CDU-Abgeordnete Reinhard Löffler, kritisierte die lange Untersuchungshaft seines Mandanten als grundlos. Die Staatsanwaltschaft hatte den Verkauf seines Hauses nach der Scheidung von seiner Frau als Zeichen für eine mögliche Flucht gewertet. Der Prozess werde zeigen, dass sein Mandant unschuldig ist, erklärt Löffler, man könne nicht nachweisen, dass Ballweg das Geld privat verwendet habe.

Das Landgericht Stuttgart hat 30 Verhandlungstage bis weit ins nächste Jahr angesetzt. Ein ähnlicher Prozess gegen den Querdenker-Aktivisten und ehemaligen Anwalt Reiner Füllmilch läuft schon seit Januar.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.