Prozess gegen Gangsta-Rapper Gzuz: Treffen sich drei Macker im Gericht
Versuch Nummer zwei: Zum Prozessauftakt im Februar war der Rapper Gzuz nicht erschienen. Diesmal kommt er – und zeigte den Richter an.
Dass er nicht in der Stimmung für Autogrammstunden ist, sieht man ihm an. Die ihn fotografierende Pressemeute filmt der Rapper mit 2,3 Millionen Instagram-Followern zurück, während er ruft: „Ey, was ist mit Abstand? Ist ja schlimmer als im Puff hier!“
Es ist schon der zweite Anlauf, dem Musiker der 187-Straßenbande, der mit bürgerlichem Namen Kristoffer Jonas Klauß heißt, wegen Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz und Körperverletzung den Prozess zu machen. Der erste Termin im Februar war geplatzt, weil der Angeklagte mit mehreren Stunden Verspätung erschienen war.
„Ich glaube, Herr Klauß will noch sein Kaugummi loswerden“, maßregelt der Richter Johann Krieten den Rapper vor Beginn der Verhandlung. „Sie haben Spaß, Herr Krieten, ich merk schon“, kontert Gzuz und lacht. „Die Scherze mache ich hier“, versucht Krieten das Machtverhältnis klarzustellen – zwei Macker unter sich.
Rolex, Goldkette und Versace-Pulli
Wobei, da ist noch ein weiterer: Gzuz’ Anwalt Christopher Posch. Von der Statur (sehr groß, sehr breit) gleicht er fast seinem Mandanten, nur auf Rolex, Goldkette und Versace-Pulli verzichtet er zugunsten eines seriöseren Anzug-Outfits. Posch war ab 2013 eine Zeit lang regelmäßiger Gast bei der RTL-Sendung „Mario Barth deckt auf“. Später wechselte er für seine eigene Sendung zum Männer-Sport-Sender DMAX.
Posch ergreift das Wort, bevor der Staatsanwalt die Anklage verlesen kann: Wegen Befangenheit lehne sein Mandant den vorsitzenden Richter ab. Obwohl der Tatvorwurf relativ gering sei – bei dem Betäubungsmittelverstoß geht es um geringe Mengen Marihuana, bei dem Waffenverstoß um das Abfeuern einer Schreckschusspistole an Silvester – habe Krieten übereifrige Ermittlungen veranlasst.
Dazu komme der Haftbefehl gegen Gzuz nach seinem ersten Prozesstermin: Als Klauß an dem Tag im Februar einen Anruf von seiner Freundin bekommen habe, die ihm mitteilte, dass die Polizei vor der Tür stehe, weil er gerade einen Gerichtstermin versäume, sei der Rapper umgehend zum Gericht gefahren.
Doch Krieten sei gerade zu Tisch gewesen, woraufhin ein Wachtmeister Gzuz in eine Zelle sperrte und auf Krietens Weisung 90 Minuten dort warten ließ. Anschließend erließ der Richter, obwohl Gzuz ja freiwillig gekommen war, den Haftbefehl, der gegen eine hohe Kaution und eine Meldeauflage zurückgestellt wurde. Der Richter habe sich strafbar gemacht, meint Posch und hält fest: „Eine Anzeige gegen Herrn Krieten wegen Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung liegt der Staatsanwaltschaft vor.“
Zu der HipHopcrew gehören neben Gzuz die Rapper Bonez MC, Maxwell, LX, SA4 und der Sprayer Frost.
Am Neuen Pferdemarkt betreiben sie das Tattoo-Studio 187-Ink.
Für ihre Alben und Singles bekamen sie mehrfach Gold und Platin. In den Texten geht es oft um Drogen, Crime, Knast, Erfolg und gewalttätigen Sex.
Krieten lässt die Anklage verlesen, die seit Februar um weitere Vorwürfe erweitert wurde: zum einen wegen eines Versuchs, eine Sauerstoffflasche aus einem Rettungsfahrzeug zu stehlen, zum anderen wegen einer Backpfeife, die Gzuz einer Frau gegeben haben soll, die Selfies mit ihm machen wollte. Sein Mandant sei beide Male schwerst alkoholisiert gewesen, sagt Posch. Bei der Frau habe er sich entschuldigt.
Obwohl die Vorwürfe im Einzelnen nicht schwer wiegen, könnte es eng für Gzuz werden, weil er mehrfach vorbestraft ist. Über den Befangenheitsantrag muss ein*e unabhängige*r Richter*in entscheiden. Wird er abgelehnt, geht es am Dienstag weiter. Dann wird die Frau, die Selfies wollte, als Zeugin vernommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!