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Prozess gegen Ex-WehrmachtsoffizierLebenslang für NS-Verbrechen

In einem der wohl letzten Kriegsverbrecherprozesse wird ein 90-Jähriger wegen zehnfachen Mordes in Italien 1944 verurteilt. Die Verteidigung will in Berufung gehen.

Demonstranten protestierten am Dienstag vor dem Landgericht München mit den Namen der Opfer gegen den 90-Jährigen NS-Kriegsverbrecher Josef Scheungraber. Bild: ap

MÜNCHEN taz | Im NS-Kriegsverbrecherprozess hat das Landgericht München Josef Scheungraber zu lebenslanger Haft verurteilt. In fast 40 Verhandlungstagen untersuchte das Schwurgericht die Verantwortung des ehemaligen Wehrmachtsoffiziers an dem Massaker an 14 Zivilisten 1944 im italienischen Falzona di Cortona. Am Dienstag erklärte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl: "Das war Mord. Herr Scheungraber war der einzige Offizier vor Ort, er hatte die Verantwortung, er wollte Rache üben."

Kaum war das Urteil verkündet, brach Applaus in dem fensterlosen Gerichtssaal aus. Einen kurzen Schwächeanfall erlitt Rainer Thesen, einer der drei Verteidiger Scheungrabers. Aus Mangel an Beweisen hatten sie einen Freispruch gefordert. Das Gericht folgte aber der Staatsanwaltschaft. "Die Vergangenheit hat den Angeklagten eingeholt", sagte Hans-Joachim Lutz, einer der zwei zuständigen Staatsanwälte.

Meist mit geschlossenen Augen hörte Scheungraber der Begründung zu. Letzte Worte wollte er nicht sagen. Einer seiner Anwälte, Klaus Goebel, erklärte: "Hass" und "Druck auf das Gericht" hätten überhaupt nur zum Verfahren geführt. Goebel werden seit Jahren enge Kontakte zur rechtsextremen "Stillen Hilfe" nachgesagt, die angeblich Naziverbrechern nicht bloß vor Gericht hilft.

In den Verhandlungen hatte Scheungraber bestritten, vor Ort gewesen zu sein, gar von dem "Vorfall" überhaupt gewusst zu haben. Der 90-Jährige erklärte, er sei unschuldig vor Gericht gestellt worden, obwohl er bloß "für das Vaterland" Dienst getan habe.

Das Gericht sah es durch Zeugenaussagen, Gutachter und Aktenlage jedoch als erwiesen an, dass Scheungraber als Kompanieführer einer Einheit des Gebirgs-Pionier-Bataillons 818 das Massaker am 27. Juni 1944 in Falzona di Cortona verantwortete. Ausführlich legte der Vorsitzende Richter das Geschehen und den Tathintergrund dar: Am 26. Juni 1944 hatte Scheungraber demnach drei Untergebenen befohlen, ein Pferd und einen Wagen zu requirieren. Zwei von ihnen wurden durch Partisanen getötet. Bei der Divisionsleitung forderte Scheungraber sogleich eine Vergeltungsaktion ein. Deren Ziel war, so der Vorsitzende Richter, einzig die Tötung von Zivilisten.

Am 27. Juni 1944 trieb Scheungrabers Kompanie laut Gericht willkürlich zehn Bauern und Bauernsöhne, die nichts mit den Partisanen zu tun hatten, in Falzona zusammen, sperrte sie in ein Bauernhaus und sprengte es. Zuvor hatte die Einheit schon vier Menschen erschossen. Vor Gericht konnte Scheungrabers Verantwortung aber allein für die zehn Toten im Bauernhaus nachgewiesen werden. "Bei seinem Vorgehen kam es dem Angeklagten darauf an, seinen Hass wegen des Todes seiner Soldaten abzureagieren und sich zu rächen", erklärte der Vorsitzende Richter. Diese Motive bestätigten die Mordmerkmale aus niederen Beweggründen.

Nach dem Urteil waren Margarita und Angiola L. die Erleichterung anzusehen. Weinend, mit lachendem Gesicht lagen sich die Geschwister von Opfern des Massakers in den Armen. "Wir wollen keine Rache, nur Gerechtigkeit", sagten sie. Auch der Bürgermeister von Cortona, Andrea Vignini, war extra angereist. "Seit 65 Jahren gedenken wir des Massakers", sagte er und betonte: "Das Urteil zeigt, dass Gerechtigkeit auch nach so langer Zeit möglich ist." Scheungrabers Anwalt Goebel erklärte: "Wir gehen auf jeden Fall in Revision."

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36 Kommentare

 / 
  • MB
    Mr. Burns

    @HRolf,

    da ist mal wieder die linke Reflexzuckung, das Augenlied flackert ein wenig.

    Primus inter pares - gegen den Beistand Terroristen Sympathisanten Ströbele als Anwalt der RAF - Terrorbande oder gegen das ehemalige Mitglied der linksextremistischen "Rote Hilfe", Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel, hört man doch sehr viel seltener Einwände als in solchen Fällen. Anscheinend werden Verbrechen ideologisch verblendet unterschiedlich bewertet. Irritierende Rechtsauffassung. Gehen Sie lieber wieder auf Demos und achten darauf, dass die Fahne gegen Rechts schön im zeitgeistlichen Wind steht.

  • P
    Philengy

    @benevoglio

    Die Kriegsverbrechen auf dem Balkan 41-45 betreffend:

    jene wurden in Deutschland genauso wenig aufgearbeitet; meint gar nicht! Grundsätzlich zählen diejenigen Opfer, die im Zuge der Partisanenkämpfe fielen (die Devise hieß damals: auf 1 toten deutschen Soldaten, kommen 10 Zivilisten) nicht zu den historisch Interessanten, da sie sich unter dem Deckmantel des Kalten Krieges und damit des herrschendenden militanten Antikommunismus in der westlichen Welthälfte wunderbar verstecken konnten!

    Genauso wie die Verbrechen der Wehrmacht einer "geschundenen" deutschen Bevölkerung nicht mehr zuzumuten waren und der konservative militaristische Konsens der frühen Bundesrepuplik - gesinnungsgenossen eben ;)- den Geschichtsrevisionismus förderte. Nee, Nee, Opa war in der Wehrmacht, das waren ganz ehrbare Soldaten, stramme Burschen eben. Besonders im Osten habe er sich vorzüglich Verhalten - der ja schon bismarck, unserem reichsvater - zu niederträchtig war.....

    Dass italienische Soldaten gemordet und geplündert haben, ist noch lange kein Grund deutsche Kriegsverbrecher nicht zu verurteilen! Eine seltsame und archaische Vorstellung von Recht! Aber das Schlimme ist nicht tatsächlich ob ein 90jähriger nun verurteilt wird oder nicht, sondern dass er wunderbare 90 jahre alt wurde und zwar in unserer Mitte! Wer weiß, viell. haben wir noch Glück gehabt, er hätte ja Staatssekräter, Bundesrichter, Bundespräsident, Bundestrainer oder Roland Koch werden können!! ;)

    huh huh

    Aber 17.000 Stasileute sind in unseren Behörden, bitte ein Welle von Entrüstung und dann Weg mit den, wie wir das nach 45 gemacht haben, nicht... unglaublich, da wird einem Angst und Bange! Kurras hat Liebknecht und Luxemburg erschoßen und Hitler war in Wahrheit ein IM..., Deckname: Sachsenpaule, OV: Gastarbeiter....

  • F
    Felix

    Frage: Wieviele halbwegs rechtsoffenen Menschen lesen die Kommentare zu einem taz-Artikel über einen Kriegsverbrechenprozess und freuen sich über Kurt Ludowigs schlaue Reden? Aber einen Versuch ist es wert...

  • B
    benevoglio

    Armutszeugnis für die deutsche Justiz

     

    Dieses Urteil (einschließlich des Beifalls nach der Urteilsverkündung) paßt eher in einen totalitären Staat, in dem der Angeklagte keine Chance auf einen fairen Prozeß hatte. Was wäre los gewesen, wenn der Mann freigesprochen wäre – und jeder Richter mit einem minimalen Sinn für Zivilcourage hätte Scheungraber freisprechen müssen? Eine beispiellose Pressekampagne und das Karriere-Ende für die beteiligten Richter und Staatsanwälte hätte gedroht. Unsere Justiz urteilt viel zu häufig windelweich über brutale Gewalttäter, manche müssen sogar freigelassen werden, weil eine Anklageerhebung gar nicht erst erfolgt – wegen angeblicher Überlastung der Justiz. Dafür können „mutige“ Richter ihr Mütchen an 90jährigen Greisen kühlen!

     

    Bevor überhaupt ein einziger Deutscher wegen Kriegsverbrechen in Italien vor Gericht gestellt darf, hätte Italien erst einmal seine Kriegsverbrechen aufarbeiten müssen. Dazu gab es einen Spiegel-Artikel vom 15.9.2001 unter dem Titel: „RAUBEN, MORDEN, VERGEWALTIGEN" Um einen Aufstand in Montenegro niederzuschlagen , hetzte General Alessandro Pirzio Biroli seine Leute mit folgenden Worten auf: "Ich habe gehört, dass ihr gute Familienväter seid. Es ist gut, dass ihr das bei euch zu Hause seid. Hier jedoch nicht! Hier könnt ihr gar nicht genug rauben, morden und vergewaltigen." Entsprechende Taten folgten ausgiebig. Diesen Artikel kann sich jeder kostenlos runterladen! Hier ein Zitat: „Mindestens 350 000 Menschen waren auf dem Balkan der Gewaltherrschaft Benito Mussolinis zum Opfer gefallen. Der "Duce" wollte die Adria in ein "italienisches Meer" verwandeln, 1940 griff er deshalb Griechenland an. Doch seine Truppen waren zu schwach; nur ein Eingreifen der Wehrmacht im April 1941 rettete Mussolini vor der Niederlage.

    Hitler überließ seinem erfolglosen Waffenpartner trotzdem einen großen Teil des griechischen Festlands und weite Gebiete Jugoslawiens. Dort verübten Italiener zahlreiche schwere Kriegsverbrechen. In Griechenland ließen sie Zehntausende verhungern. Auf Inseln wie Samos, wo die Bevölkerung besonders hartnäckig aufbegehrte, setzten sie den Hunger regelrecht als Waffe ein, um den Widerstandsgeist zu brechen. Im Kampf gegen Partisanen erschossen italienische Soldaten, Polizisten und Paramilitärs Tausende. "Wenn wir ein Gebiet durchkämmen", schrieb ein Soldat nach Hause, "dann benutzen wir die Flammenwerfer, wir lassen nichts Lebendes zurück."

    Wenige Jahre zuvor (ab 1936) hatte Italien einen äußerst brutalen Angriffskrieg gegen Äthiopien begonnen, bei dem es zu vielen Massakern an äthiopischen Soldaten und Zivilisten kam. Es gab gezielte Angriffe auf Lazarette des Roten Kreuzes. Gegen Soldaten und auch Zivilisten wurde Senfgas eingesetzt: Marschall Badoglio ließ beste landwirtschaftliche Gebiete mit Senfgas besprühen. Die Zahl der Toten ist nie ermittelt worden, Prozesse gegen die italienischen Kriegsverbrecher gab es nicht – und natürlich wurde bis heute keinerlei Entschädigung gezahlt. Quelle: Lexikon der Völkermorde, rororo-Taschenbuch.

  • F
    FrederikeMK

    Ich erlaube mir, meinen Kommentar hier nochmals zu setzen.

    S. mag schuldig sein (dann wird er bestraft, auch wenn ich hinter das lebenslänglich ein ? setze) - oder auch nicht.

     

    Was aber anzumerken bleibt: sein damaliger

    Oberbefehlshaber, Generalfeldmarschall Albert Kesselring, Oberbefehlshaber der deutschen Truppen in Italien, verlangte nicht nur "schärfstes Durchgreifen" (auch gegen Frauen und Kinder), er sicherte auch allen an den Morden Beteiligten Straffreiheit zu. Kesselring wurde 1947 zum Tode verurteilt, dann aber begnadigt und 1952 vorzeitig aus der Haft entlassen(s. SZ).

    Leider ließ/läßt man auch bei diesen Themen die Großen laufen .

     

    Oder ehrt sie sogar, wie manche der am Hitler-Attentat am 20. Juli '44 Beteiligten.

    Henning v. Tresckow z.B. hat bis zuletzt Befehle ausgearbeitet zur sogen. 'Bandenbekämpfung' im besetzten Gebiet der Heeresgruppe Mitte in Rußland. Hunderte Dörfer wurden abgebrannt und viele tausende Menschen ermordet.

    Heute wird er jeweils am 20. Juli geehrt - ohne über die Ereignisse in Rußland auch nur ein Wort zu verlieren.

    Ebenso von Hoepner, einer von Hitlers Angriffsführern - er befehligte die Panzergruppe bei der Heeresgruppe Nord. Lange war ein Gymnasium nach ihm benannt.

    Wieviele derjenigen, die die Massenvernichtung in Osteuropa angeordnet und vollstreckt haben, leben geachtet noch unter uns?

     

    Die'Kleinen' werden uns als die einzig 'Bösen' angeboten. Das ist nicht die ganze Wahrheit.

     

    Was auch gesagt werden soll: Kommentator 'Rainer' hat schon auch recht - es wird keinen als Kriegsverbrecher angeklagten israelischen Soldaten geben; genausowenig wie kaum einen US-amerikanischen wegen Verbrechen in Irak oder Afghanistan.

     

    Das läßt in der Rechtsauslegung (gleiches für jeden) natürlich Fragen offen.

  • P
    Philengy

    Ja werter Herr Ludowig, sie kann man sicherlich unterschiedlich und mehrfach diagnostizieren. Aber Legastheniker scheinen Sie allemal zu sein, nicht...

    Grüße von die DeutschE SELBER ;)

  • KL
    Kurt Ludowig

    Das Urteil hat für mich einen bitteren Beigeschmack. Dass jemand für ein Verbrechen bestraft wird ist in Ordnung. Warum werden Verbrechen an Deutsche nicht bestraft. Vielleicht weil sie Täter waren und den Krieg begonnen haben bekomme ich als Antwort. Also darf man Verbrechen an Tätern ausüben? (siehe Benesch-Dekrete).

     

    Der Bombenangriff auf Dresden und Hamburg 1944, die Vertreibung von über 12.000.000 Deutsche aus ihrer Heimat, die Ermordung und Tot von über 2.000.000 Deutsche auf der Flucht war meines Erachtens auch Mord von Zivilisten und niemand regt sich auf, noch nicht einmal die Deutschen selber. Wie krank sind wir?

  • MW
    Max Waldmann

    @HRolf:

     

    Aha. Anwälte also nur noch für genehme Angeklagte? Im übrigen muß ein Verteidiger nicht zwangsläufig mit seinem Mandanten sympathisieren.

  • R
    Rainer

    Hallo,

     

    nun bin ich aber gespannt, wann der erste israelische Soldat, wegen Mordes an Kleinkindern, Greisen und Frauen, lebenslänglich in den Knast geht.

    Aber das passiert wohl nicht.

    Andere Länder..., andere Sitten!

  • I
    Izmir

    Ich erkenne da keine Beweise,

    den Zeugen gab es zur Tatzeit noch gar nicht.

     

    Jaja, wenn sie "Nazi" hören, einfach mit "verurteilt" abstempeln und in die Schublade geben.

     

    Desweitern wird sonst oft viel von Resozialisierung gesprochen und die größten Monster einfach so entlassen.

     

    Ich erkenne in dem alten Mann, kein Sicherheitspotential mehr.

    Naja, wenn ich mir ihn als Beispiel nehme muss ich jetzt schon bedenken welcher Zeitgeist in 70 Jahren herrscht, ich könnte ja wegen irgendwas verurteilt werden.

  • L
    Lars

    Schön, daß es wenigstens in der TAZ noch objektive Kommentare zu dem Thema gibt. Die Springerpresse rühmt sich zu diesem Thema wieder einmal damit, antisemitische und rassistische Beiträge ebenso unkommentiert stehen zu lassen, wie solche, welche die Verbrechen der Wehrmacht glorifizieren und relativieren.

     

    Deutsche Kriegsverbrecher gehören bestraft. Und das unabhängig davon, daß auch die alliierten Streitkräfte welche begangen haben oder nicht. Traurig allerdings ist, daß der Entnazifizierungsprozess auch 64 Jahre nach Kriegsende noch in vollem Gange ist.

  • S
    Steve

    Krieg entmenschlicht (oder zeigt, was der Mensch wirklich ist?) jeden. Vielleicht hätte Herr S. sich menschlicher verhalten können oder sollen, aber der Terminus "Kriegsverbrechen" zeigt, wie absurd ein solches Urteil scheinen kann. Der Krieg ist das ultimative Verbrechen, wie soll es darin noch kleine Verbrechen geben? Versöhnung ist immer der bessere Weg.

  • A
    Aerwin

    Hier wird zensiert, dass sich die Balken auf links biegen. Schalten Sie doch einfach die Kommentarfunktion ab

  • CD
    Carl der alte Brigadier

    So widerfährt den armen Seelen der Ermordeten späte Gerechtigkeit: Mord verjährt nicht!

  • B
    Baris

    Einer der stolz ist auf seine "heroischen" Tage im Krieg. Welche Strafe erreicht einen solchen Menschen überhaupt? Kriegsverbrechen sind alltägliche Realität. Die Motive sind doch nur Mittel zum Zweck solcher Menschen. Die Welt wird keinen Deut besser durch eine späte Inhaftierung. Gerechtigkeit kann man nicht erwarten. Genugtuung gibt es nicht mehr. Wie muss es denn sein bitteschön?

  • L
    Luftschloss

    So viele Zweifel und so ein klares Urteil. Egal was man selber glaubt und wie man zum Angeklagten steht, das Urteil ist schon merkwürdig eindeutig.

  • H
    HRolf

    Für die deutsche Justiz ist es traurig, dass erst 70 Jahre nach Kriegsbeginn und nach einer unerträglich langen Zeit für die Angehörigen der Opfer erst im Jahre 2009 dieser Prozess stattfinden konnte.

     

    Es wäre interessant zu wissen, vieviele berechtigte Prozesse überhaupt nicht stattfanden oder mit blamabel geringen Strafen ausgingen.

     

    Besonders schlimm ist aber, dass sich auch heute sympatisierende Anwälte finden, die diese Verbrecher mit ihrer "Stillen Hilfe" verteidigen.

  • K
    Katev

    So muss es sein.

  • MB
    Mr. Burns

    @HRolf,

    da ist mal wieder die linke Reflexzuckung, das Augenlied flackert ein wenig.

    Primus inter pares - gegen den Beistand Terroristen Sympathisanten Ströbele als Anwalt der RAF - Terrorbande oder gegen das ehemalige Mitglied der linksextremistischen "Rote Hilfe", Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel, hört man doch sehr viel seltener Einwände als in solchen Fällen. Anscheinend werden Verbrechen ideologisch verblendet unterschiedlich bewertet. Irritierende Rechtsauffassung. Gehen Sie lieber wieder auf Demos und achten darauf, dass die Fahne gegen Rechts schön im zeitgeistlichen Wind steht.

  • P
    Philengy

    @benevoglio

    Die Kriegsverbrechen auf dem Balkan 41-45 betreffend:

    jene wurden in Deutschland genauso wenig aufgearbeitet; meint gar nicht! Grundsätzlich zählen diejenigen Opfer, die im Zuge der Partisanenkämpfe fielen (die Devise hieß damals: auf 1 toten deutschen Soldaten, kommen 10 Zivilisten) nicht zu den historisch Interessanten, da sie sich unter dem Deckmantel des Kalten Krieges und damit des herrschendenden militanten Antikommunismus in der westlichen Welthälfte wunderbar verstecken konnten!

    Genauso wie die Verbrechen der Wehrmacht einer "geschundenen" deutschen Bevölkerung nicht mehr zuzumuten waren und der konservative militaristische Konsens der frühen Bundesrepuplik - gesinnungsgenossen eben ;)- den Geschichtsrevisionismus förderte. Nee, Nee, Opa war in der Wehrmacht, das waren ganz ehrbare Soldaten, stramme Burschen eben. Besonders im Osten habe er sich vorzüglich Verhalten - der ja schon bismarck, unserem reichsvater - zu niederträchtig war.....

    Dass italienische Soldaten gemordet und geplündert haben, ist noch lange kein Grund deutsche Kriegsverbrecher nicht zu verurteilen! Eine seltsame und archaische Vorstellung von Recht! Aber das Schlimme ist nicht tatsächlich ob ein 90jähriger nun verurteilt wird oder nicht, sondern dass er wunderbare 90 jahre alt wurde und zwar in unserer Mitte! Wer weiß, viell. haben wir noch Glück gehabt, er hätte ja Staatssekräter, Bundesrichter, Bundespräsident, Bundestrainer oder Roland Koch werden können!! ;)

    huh huh

    Aber 17.000 Stasileute sind in unseren Behörden, bitte ein Welle von Entrüstung und dann Weg mit den, wie wir das nach 45 gemacht haben, nicht... unglaublich, da wird einem Angst und Bange! Kurras hat Liebknecht und Luxemburg erschoßen und Hitler war in Wahrheit ein IM..., Deckname: Sachsenpaule, OV: Gastarbeiter....

  • F
    Felix

    Frage: Wieviele halbwegs rechtsoffenen Menschen lesen die Kommentare zu einem taz-Artikel über einen Kriegsverbrechenprozess und freuen sich über Kurt Ludowigs schlaue Reden? Aber einen Versuch ist es wert...

  • B
    benevoglio

    Armutszeugnis für die deutsche Justiz

     

    Dieses Urteil (einschließlich des Beifalls nach der Urteilsverkündung) paßt eher in einen totalitären Staat, in dem der Angeklagte keine Chance auf einen fairen Prozeß hatte. Was wäre los gewesen, wenn der Mann freigesprochen wäre – und jeder Richter mit einem minimalen Sinn für Zivilcourage hätte Scheungraber freisprechen müssen? Eine beispiellose Pressekampagne und das Karriere-Ende für die beteiligten Richter und Staatsanwälte hätte gedroht. Unsere Justiz urteilt viel zu häufig windelweich über brutale Gewalttäter, manche müssen sogar freigelassen werden, weil eine Anklageerhebung gar nicht erst erfolgt – wegen angeblicher Überlastung der Justiz. Dafür können „mutige“ Richter ihr Mütchen an 90jährigen Greisen kühlen!

     

    Bevor überhaupt ein einziger Deutscher wegen Kriegsverbrechen in Italien vor Gericht gestellt darf, hätte Italien erst einmal seine Kriegsverbrechen aufarbeiten müssen. Dazu gab es einen Spiegel-Artikel vom 15.9.2001 unter dem Titel: „RAUBEN, MORDEN, VERGEWALTIGEN" Um einen Aufstand in Montenegro niederzuschlagen , hetzte General Alessandro Pirzio Biroli seine Leute mit folgenden Worten auf: "Ich habe gehört, dass ihr gute Familienväter seid. Es ist gut, dass ihr das bei euch zu Hause seid. Hier jedoch nicht! Hier könnt ihr gar nicht genug rauben, morden und vergewaltigen." Entsprechende Taten folgten ausgiebig. Diesen Artikel kann sich jeder kostenlos runterladen! Hier ein Zitat: „Mindestens 350 000 Menschen waren auf dem Balkan der Gewaltherrschaft Benito Mussolinis zum Opfer gefallen. Der "Duce" wollte die Adria in ein "italienisches Meer" verwandeln, 1940 griff er deshalb Griechenland an. Doch seine Truppen waren zu schwach; nur ein Eingreifen der Wehrmacht im April 1941 rettete Mussolini vor der Niederlage.

    Hitler überließ seinem erfolglosen Waffenpartner trotzdem einen großen Teil des griechischen Festlands und weite Gebiete Jugoslawiens. Dort verübten Italiener zahlreiche schwere Kriegsverbrechen. In Griechenland ließen sie Zehntausende verhungern. Auf Inseln wie Samos, wo die Bevölkerung besonders hartnäckig aufbegehrte, setzten sie den Hunger regelrecht als Waffe ein, um den Widerstandsgeist zu brechen. Im Kampf gegen Partisanen erschossen italienische Soldaten, Polizisten und Paramilitärs Tausende. "Wenn wir ein Gebiet durchkämmen", schrieb ein Soldat nach Hause, "dann benutzen wir die Flammenwerfer, wir lassen nichts Lebendes zurück."

    Wenige Jahre zuvor (ab 1936) hatte Italien einen äußerst brutalen Angriffskrieg gegen Äthiopien begonnen, bei dem es zu vielen Massakern an äthiopischen Soldaten und Zivilisten kam. Es gab gezielte Angriffe auf Lazarette des Roten Kreuzes. Gegen Soldaten und auch Zivilisten wurde Senfgas eingesetzt: Marschall Badoglio ließ beste landwirtschaftliche Gebiete mit Senfgas besprühen. Die Zahl der Toten ist nie ermittelt worden, Prozesse gegen die italienischen Kriegsverbrecher gab es nicht – und natürlich wurde bis heute keinerlei Entschädigung gezahlt. Quelle: Lexikon der Völkermorde, rororo-Taschenbuch.

  • F
    FrederikeMK

    Ich erlaube mir, meinen Kommentar hier nochmals zu setzen.

    S. mag schuldig sein (dann wird er bestraft, auch wenn ich hinter das lebenslänglich ein ? setze) - oder auch nicht.

     

    Was aber anzumerken bleibt: sein damaliger

    Oberbefehlshaber, Generalfeldmarschall Albert Kesselring, Oberbefehlshaber der deutschen Truppen in Italien, verlangte nicht nur "schärfstes Durchgreifen" (auch gegen Frauen und Kinder), er sicherte auch allen an den Morden Beteiligten Straffreiheit zu. Kesselring wurde 1947 zum Tode verurteilt, dann aber begnadigt und 1952 vorzeitig aus der Haft entlassen(s. SZ).

    Leider ließ/läßt man auch bei diesen Themen die Großen laufen .

     

    Oder ehrt sie sogar, wie manche der am Hitler-Attentat am 20. Juli '44 Beteiligten.

    Henning v. Tresckow z.B. hat bis zuletzt Befehle ausgearbeitet zur sogen. 'Bandenbekämpfung' im besetzten Gebiet der Heeresgruppe Mitte in Rußland. Hunderte Dörfer wurden abgebrannt und viele tausende Menschen ermordet.

    Heute wird er jeweils am 20. Juli geehrt - ohne über die Ereignisse in Rußland auch nur ein Wort zu verlieren.

    Ebenso von Hoepner, einer von Hitlers Angriffsführern - er befehligte die Panzergruppe bei der Heeresgruppe Nord. Lange war ein Gymnasium nach ihm benannt.

    Wieviele derjenigen, die die Massenvernichtung in Osteuropa angeordnet und vollstreckt haben, leben geachtet noch unter uns?

     

    Die'Kleinen' werden uns als die einzig 'Bösen' angeboten. Das ist nicht die ganze Wahrheit.

     

    Was auch gesagt werden soll: Kommentator 'Rainer' hat schon auch recht - es wird keinen als Kriegsverbrecher angeklagten israelischen Soldaten geben; genausowenig wie kaum einen US-amerikanischen wegen Verbrechen in Irak oder Afghanistan.

     

    Das läßt in der Rechtsauslegung (gleiches für jeden) natürlich Fragen offen.

  • P
    Philengy

    Ja werter Herr Ludowig, sie kann man sicherlich unterschiedlich und mehrfach diagnostizieren. Aber Legastheniker scheinen Sie allemal zu sein, nicht...

    Grüße von die DeutschE SELBER ;)

  • KL
    Kurt Ludowig

    Das Urteil hat für mich einen bitteren Beigeschmack. Dass jemand für ein Verbrechen bestraft wird ist in Ordnung. Warum werden Verbrechen an Deutsche nicht bestraft. Vielleicht weil sie Täter waren und den Krieg begonnen haben bekomme ich als Antwort. Also darf man Verbrechen an Tätern ausüben? (siehe Benesch-Dekrete).

     

    Der Bombenangriff auf Dresden und Hamburg 1944, die Vertreibung von über 12.000.000 Deutsche aus ihrer Heimat, die Ermordung und Tot von über 2.000.000 Deutsche auf der Flucht war meines Erachtens auch Mord von Zivilisten und niemand regt sich auf, noch nicht einmal die Deutschen selber. Wie krank sind wir?

  • MW
    Max Waldmann

    @HRolf:

     

    Aha. Anwälte also nur noch für genehme Angeklagte? Im übrigen muß ein Verteidiger nicht zwangsläufig mit seinem Mandanten sympathisieren.

  • R
    Rainer

    Hallo,

     

    nun bin ich aber gespannt, wann der erste israelische Soldat, wegen Mordes an Kleinkindern, Greisen und Frauen, lebenslänglich in den Knast geht.

    Aber das passiert wohl nicht.

    Andere Länder..., andere Sitten!

  • I
    Izmir

    Ich erkenne da keine Beweise,

    den Zeugen gab es zur Tatzeit noch gar nicht.

     

    Jaja, wenn sie "Nazi" hören, einfach mit "verurteilt" abstempeln und in die Schublade geben.

     

    Desweitern wird sonst oft viel von Resozialisierung gesprochen und die größten Monster einfach so entlassen.

     

    Ich erkenne in dem alten Mann, kein Sicherheitspotential mehr.

    Naja, wenn ich mir ihn als Beispiel nehme muss ich jetzt schon bedenken welcher Zeitgeist in 70 Jahren herrscht, ich könnte ja wegen irgendwas verurteilt werden.

  • L
    Lars

    Schön, daß es wenigstens in der TAZ noch objektive Kommentare zu dem Thema gibt. Die Springerpresse rühmt sich zu diesem Thema wieder einmal damit, antisemitische und rassistische Beiträge ebenso unkommentiert stehen zu lassen, wie solche, welche die Verbrechen der Wehrmacht glorifizieren und relativieren.

     

    Deutsche Kriegsverbrecher gehören bestraft. Und das unabhängig davon, daß auch die alliierten Streitkräfte welche begangen haben oder nicht. Traurig allerdings ist, daß der Entnazifizierungsprozess auch 64 Jahre nach Kriegsende noch in vollem Gange ist.

  • S
    Steve

    Krieg entmenschlicht (oder zeigt, was der Mensch wirklich ist?) jeden. Vielleicht hätte Herr S. sich menschlicher verhalten können oder sollen, aber der Terminus "Kriegsverbrechen" zeigt, wie absurd ein solches Urteil scheinen kann. Der Krieg ist das ultimative Verbrechen, wie soll es darin noch kleine Verbrechen geben? Versöhnung ist immer der bessere Weg.

  • A
    Aerwin

    Hier wird zensiert, dass sich die Balken auf links biegen. Schalten Sie doch einfach die Kommentarfunktion ab

  • CD
    Carl der alte Brigadier

    So widerfährt den armen Seelen der Ermordeten späte Gerechtigkeit: Mord verjährt nicht!

  • B
    Baris

    Einer der stolz ist auf seine "heroischen" Tage im Krieg. Welche Strafe erreicht einen solchen Menschen überhaupt? Kriegsverbrechen sind alltägliche Realität. Die Motive sind doch nur Mittel zum Zweck solcher Menschen. Die Welt wird keinen Deut besser durch eine späte Inhaftierung. Gerechtigkeit kann man nicht erwarten. Genugtuung gibt es nicht mehr. Wie muss es denn sein bitteschön?

  • L
    Luftschloss

    So viele Zweifel und so ein klares Urteil. Egal was man selber glaubt und wie man zum Angeklagten steht, das Urteil ist schon merkwürdig eindeutig.

  • H
    HRolf

    Für die deutsche Justiz ist es traurig, dass erst 70 Jahre nach Kriegsbeginn und nach einer unerträglich langen Zeit für die Angehörigen der Opfer erst im Jahre 2009 dieser Prozess stattfinden konnte.

     

    Es wäre interessant zu wissen, vieviele berechtigte Prozesse überhaupt nicht stattfanden oder mit blamabel geringen Strafen ausgingen.

     

    Besonders schlimm ist aber, dass sich auch heute sympatisierende Anwälte finden, die diese Verbrecher mit ihrer "Stillen Hilfe" verteidigen.

  • K
    Katev

    So muss es sein.