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Prozess gegen Autonome„Recht auf ein faires Verfahren“

Am Montag beginnt ein Prozess in Budapest gegen deutsche Antifaschist:innen. Die Familien der Beschuldigten lehnen Auslieferungen nach Ungarn ab.

Antifa-Fahne bei einer Demonstration gegen rechts (Symbolbild) Foto: Sebastian Willnow/dpa

Berlin taz | Es ist die „Angst“ um ihre Kinder, die die Eltern der beschuldigten An­ti­fa­schis­t:in­nen aus dem Budapest-Verfahren an die Öffentlichkeit treibt. Auf einer Pressekonferenz am Samstag in Berlin präsentierten sie einen offenen Brief, der auch an die Generalstaatsanwaltschaften in Berlin und Dresden sowie das Berliner Kammergericht adressiert ist. Darin sprechen sie sich gegen Auslieferungen nach Ungarn aus. Sie schreiben: „Mit Haft und Urteil in Ungarn sind schwere psychische und körperliche Haftschäden zu befürchten.“ Unterstützung für ihr Anliegen kommt auch von zehn Straf­ver­tei­di­ge­r:in­nen, die in einer Erklärung Strafverfahren in Deutschland fordern.

Vor einem Jahr sollen An­ti­fa­schis­t:in­nen am Rande des neofaschistischen Tags der Ehre in der ungarischen Hauptstadt mehrere Neonazis attackiert haben. Unter den insgesamt 15 Beschuldigten sind 12 Deutsche. Gegen einen von ihnen sowie eine Italienerin beginnt am Montag der Prozess in Budapest, bei dem lange Haftstrafen drohen. Während der Großteil der Beschuldigten untergetaucht ist, liegen gegen zwei im Dezember verhaftete Beschuldigte, die in Dresden und Mailand im Gefängnis sitzen, Auslieferungsersuchen aus Ungarn vor.

Wolfram Jarosch, Vater der inhaftierten Maja T. aus Jena, sagte, sein Kind habe „das Recht auf ein faires Verfahren, und dies kann nur in Deutschland stattfinden“. Er sei stolz, dass sich Maja „in diesen Zeiten gegen Faschismus engagiert“, gleichwohl gelte die „Unschuldsvermutung“. Im ungarischen Gefängnis drohten „unmenschliche Bedingungen“. So schildert es auch jene Italienerin in einem Brief, die dort seit einem Jahr einsitzt. Laut Jarosch berichtet diese von unhaltbaren hygienischen Zuständen, Kontaktverboten und Unterernährung. Zudem drohen besonders hohe Strafen.

Anfang Januar hatte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft beantragt, den in Ungarn ausgestellten europäischen Haftbefehl gegen Maja T. in Kraft zu setzen. Darüber verhandelt derzeit das Kammergericht. Erst in einem nächsten Schritt wird über die Vollstreckung der Auslieferung entschieden.

Majas Anwalt Sven Richwin kritisierte, kaum Einblick in die Ermittlungsakten zu haben. Aufgrund der mangelnden Unabhängigkeit der ungarischen Rich­te­r:in­nen und eines „Strafsystems, das auf Abschreckung zielt“, steht auch für Richwin fest: „Ein faires Verfahren gibt es nicht in Ungarn.“

Kritik formulieren die Anwälte auch an den deutschen Behörden: Diese würden „ein falsches Bild von angeblich aus dem Untergrund agierenden An­ti­fa­schis­t:in­nen zeichnen“ und eine „neue RAF“ heraufbeschwören. Damit sollen „Repressions- und Ermittlungsmöglichkeiten“ legitimiert werden.

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6 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Erstaunlich. Es wird in den Raum gestellt, daß es in Ungarn keine rechtsstaatlichen Verfahren geben könnte. In sämtlich Artikeln zu diesem Fall wird kein einziges Beispiel aufgeführt, welches diese Behauptung unterlegen würde. Glaubhafter ist, daß ein Strafmaß in Ungarn höher ausfallen könnte und, daß ein Strafe sich stärker nach einer Strafe anfühlen könnte.

    Der verständliche Wunsch der Angehörigen erinnert an dunkle Zeiten. Vor hundert Jahren war es in den in Kolonien normal, Angehörige einer vermeintlich überlegenen Kultur den lokalen Gerichten und dem lokalen Strafrecht zu entziehen. Wer gegen Faschismus und Kolonialismus kämpft, kann eine solchen Rückschritt nicht ernsthaft verlangen oder unterstützen. Da müssen Beweise auf den Tisch. Bloße Behauptungen zeugen von einem Überlegenheitsgefühl.

  • Wer politische Ziele mit Gewalt durchsetzt, gehört bestraft. Punkt. Egal welche politischen Ziele es sind.

    Und wer es trotzdem tut, darf sich nicht beschweren, wenn ihm dort, wo die Taten begangen werden, der Prozess gemacht wird. Dass die Strafen in ganz Osteuropa höher sind, ist sicherlich wahr. Aber das muss man sich vor der Tat überlegen... (wäre übrigens ein Beweis für die Abschreckungswirkung von Strafen gewesen...)

    Ungarn ist sicher nicht der Musterrechtsstaat, aber die Kritik daran bezieht sich eher auf die Verfassungsgerichtsbarkeit oder die Pressefreiheit. Anders als z.B. in Polen versucht die Regierung nicht, die Richter in eine bestimmte Richtung zu zwingen. Ein rechtsstaatliches Verfahren werden die Angeklagten dort bekommen. Und - zu Recht - eine Strafe, wenn sie die Tat begangen haben.

    • @thd:

      Nun ja, so sauber, wie sie es darstellen, steht Ungarn in puncto Rechtsstaatlichkeit nicht da. Bereits in der Vergangenheit haben deutsche Gerichte einen Vollzug der Auslieferung (selbst bei nichtdeutschen Angeklagten) regelmäßig abgelehnt, da die Haftbedingungen in Ungarn nicht mit der EMRK vereinbar sind. Der Europäische Gerichtshof hat ebenfalls in diese Richtung geurteilt, da Ungarn mehrfach bei Auslieferungen gemachte Zusagen (hinsichtlich Mindeststandards bei Verfahren und Haftbedingungen) schlicht nicht einhält. Eine Auslieferung nach Ungarn halte ich für hochproblematisch.

      • @Cerberus:

        Deutschland ist auch kein rechtstaatlicher Musterknabe.



        Andere EU-Staaten erkennen deutsche EU-Haftbefehle nicht an, wenn sie von einer deutschen Staatsanwaltschaft ausgestellt wurden.



        Denn der deutsche Sonderweg von weisungsgebundenen Staatsanwälten als Teil der Exekutive ist im Rest Europas undenkbar und stößt dort auf Unverständnis.

        • @Don Geraldo:

          Das mag schon sein, hat aber genau gar nichts mit den Haftbedingungen in Ungarn oder dem Thema des Artikels zu tun.

          • @Erwin Spack:

            Wer in Ungarn Straftaten begeht, muss sich doch auch genau dort verantworten.



            Oder waren die Deutschen nur zum Eis essen in Budapest.