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Provokation in Bosnien-HerzegowinaMann der Abspaltung

Milorad Dodik vertritt die Serben in Bosnien-Herzegowina. Eben diesen Staat will er nun auflösen – und die serbische Teilrepublik autonom machen.

Will die Ablösung der Republika Srpska von Bosnien-Herzegowina: Milorad Dodik Foto: Laszlo Balogh/dpa

Sarajevo taz | Breitbeinig fläzt er sich mit seinen Mitarbeitern auf dem Sofa seines Büros in dem Präsidentschaftsgebäude in Sarajevo. Der bullige Politiker trinkt Schnaps und grölt die Lieder eines Harmoniumspielers mit, die seine serbische Herkunft verherrlichen.

Milorad Dodik wusste sehr genau, dass er mit seinem Verhalten am vergangenen Sonntag die nichtserbische Mehrheitsbevölkerung in Bosnien-Herzegowina provozierte. Und das genau in dem Büro, das er als Mitglied des dreiköpfigen Präsidentschaftsrates des Landes eigentlich nicht mehr betreten wollte. Dodik hatte kurz zuvor alle Serben dazu aufgerufen, sich aus den Institutionen des Gesamtstaates zurückzuziehen. Der gewählte Vertreter der Serben in Bosnien und Herzegowina will damit diesen Staat zerstören und die serbische Teilrepublik zu einem eigenen Staat formen.

Als unberechenbar und widersprüchlich gilt der 1959 in Laktaši in Nordbosnien geborene Dodik seit Beginn seiner politischen Laufbahn. Man kann ihn auch als wendig bezeichnen. Denn noch 1986 wurde der Politikwissenschaftler von den Kommunisten zum Stadtratschef seiner Heimatstadt bestimmt. Kurz vor dem Bruderkrieg in Jugoslawien schloss er sich aber 1990 dem liberalen Bund der Reformkräfte an.

Während des Bosnien-Krieges 1992 bis 1995 hielt er sich aus der Politik heraus, folgte nicht den Radikalen hinter den Kriegsverbrechern Radovan Karadžić und Ratko Mladić. Er wollte lieber, wie serbische Journalisten behaupten, mit Zigarettenschmuggel sein Geld verdienen. Auch nach dem Krieg blieb Dodik zunächst Geschäftsmann, gründete aber eine Partei, deren Vorsitzender er wurde.

Orientierung in Richtung Nationalismus

Dodik galt als unbelastet. Im Jahr 2000 schloss er sich sogar einer nicht nationalistischen Reformregierung unter Einschluss von Parteien wie den damals starken Sozialdemokraten an. Diese scheiterte jedoch und Dodik orientierte sich in Richtung Nationalismus. 2006 gewann er mit nationalistischer Rhetorik die Wahlen im serbischen Teilstaat und wurde Premierminister und 2010 Präsident der Teilrepublik.

Seither ist Dodik der „starke Mann“ der bosnischen Serben, der den Ton angibt, gegen Oppositionelle vorgeht, die Medien und den Staatsapparat in autokratischem Stil lenkt und seinen Reichtum für sich, seine Frau und die beiden Kinder wundersam vermehrt. Heute leugnet er jegliche Kriegsverbrechen von serbischer Seite, auch den Genozid in Srebrenica 1995.

Geschickt nutzt er die geostrategischen Interessen Russlands, das auf dem Balkan mehr Einfluss gewinnen möchte. Putin lud den Provinzler mehrmals nach Moskau ein. Seine Position wackelte allerdings, als er vor Jahren versuchte, nach dem Thron des serbischen Autokraten und Präsidenten Aleksandar Vućić zu greifen.

Jetzt aber folgt er linientreu den Vorgaben aus Belgrad und Moskau. Mit ihm können Konflikte auf dem Balkan zum Schaden der EU und des Westens insgesamt jederzeit angeheizt werden. Und genau das tut er jetzt.

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