Proteste in der Ukraine: Hat Polizei Parteizentrale gestürmt?

Das Büro der Vaterlandpartei von Julia Timoschenko soll Ziel eines Angriffs durch Sicherheitskräfte geworden sein. Eine unabhängige Bestätigung war nicht möglich.

Zugeschneit und hochgerüstet: Bereitschaftspolizei am Montagabend im Zentrum Kiews. Bild: dpa

KIEW ap/taz | Die Regierung in der Ukraine bekämpft die Massenproteste in Kiew nun doch mit Gewalt. Am Montag stürmten schwer bewaffnete Polizisten in Kampfmontur die Zentrale einer führenden ukrainischen Oppositionspartei, wie ein Sprecher der Regierungsgegner der Nachrichtenagentur AP sagte. Die Sicherheitskräfte seien in das Büro der Vaterlandspartei von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko eingedrungen, einige seien durch die Fenster geklettert. Die Situation sei „verrückt“. Eine Bestätigung durch eine unabhängige Quelle war am Montagabend nicht möglich.

Präsident Viktor Janukowitsch lud derweil zu einem „nationalen Runden Tisch“. Die Europäische Union schickte die Außenbeauftragte Catherine Ashton in die Ukraine, um bei der Lösung des Konflikts zu helfen.

Am Vormittag hatte die Polizei die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt massiv verstärkt. Später zogen Hunderte Polizisten vor einem von Demonstranten blockierten Verwaltungsgebäude und auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz auf. Sie kreisten mehrere Lager der Demonstranten ein und begannen, dort die Barrikaden abzubauen.

Führende Vertreter der Opposition riefen die Demonstranten dazu auf, ihre Besetzung aufzugeben, um Zusammenstöße zu verhindern. Einige verließen daraufhin das Verwaltungsgebäude, andere harrten jedoch aus und verbarrikadierten sich dort sogar. Ein Gericht hatte den Demonstranten bis zum Montag Zeit gegeben, ihre Besetzung aufzugeben.

Janukowitsch bittet an den Runden Tisch

Janukowitsch erklärte sich überraschend zu einem Treffen mit seinen drei Amtsvorgängern bereit. Dabei soll es um Wege zur Beilegung der aktuellen Krise in dem Land gehen. Auf seiner Homepage teilte Janukowitsch mit, der „nationale Runde Tisch“ solle am Dienstag stattfinden.

EU-Kommisionspräsident José Manuel Barroso schickte die Außenbeauftragte Ashton für Dienstag und Mittwoch in die Ukraine. Sie solle dabei helfen, die „sehr gespannte Situation“ in dem Land zu lösen. „Wenn wir in den kalten Straßen von Kiew Männer und Frauen sehen, die die europäische Fahne schwenken, die für diese europäische Fahne kämpfen, dann tun sie das, weil sie auch für die Ukraine und für ihre Zukunft kämpfen“, sagte Barroso.

Der US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Payat, warnte die Regierung vor dem Einsatz von Gewalt. „Friedliche Demonstrationen müssen weiter stattfinden dürfen“, twitterte er. Dialog und Gewaltfreiheit seien der Schlüssel. Die Welt habe ein Auge auf die Ukraine.

Lenin-Denkmal geköpft

Am Sonntag hatten auf einer Kundgebung Hunderttausende den Rücktritt von Präsident Janukowitsch gefordert. Einige von ihnen stürzten ein Lenin-Denkmal im Stadtzentrum um und rissen ihm den Kopf ab. Die Regierung hatte zuvor ihrerseits die Stimmung angeheizt: Der Sicherheitsdienst der Ukraine teilte mit, dass gegen führende Köpfe der Opposition wegen Umsturzplänen ermittelt werde.

Die Massenproteste hatten vor gut zwei Wochen begonnen, nachdem Janukowitsch ein unterschriftsreifes Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union auf Eis gelegt und eine Hinwendung zu Russland angekündigt hatte. Die Opposition vertritt dagegen einen pro-westlichen Kurs.

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