Proteste im Rheinischen Braunkohlerevier: Sitzblockaden rund um RWE
Das Bündnis „Kohle erSetzen“ versperrt Zufahrten zum Tagebau Garzweiler II, um den Schichtwechsel zu verzögern. Mitarbeiter reagieren gelassen.
Rund 150 Demonstrant*innen beteiligen sich an Protesten im Rheinischen Braunkohlerevier an diesem Samstag: An elf Orten werden Mahnwachen gehalten. Fünf Gruppen von „Kohle Ersetzen“ blockieren außerdem Zufahrtsstraßen zum Tagebau Garzweiler II sowie zu einem Braunkohlekraftwerk von RWE in Grevenbroich-Frimmersdorf. Züge, die Braunkohle zum Kraftwerk transportieren, fallen stundenlang aus.
Ab dem späten Vormittag blockiert die Gruppe, mit der Tempel unterwegs ist, eine Betriebsstraße zum Tagebau. Zwei Meter entfernt verlaufen Schienen der Kohlebahn, wo alle fünf bis zehn Minuten ein Zug fährt: leer Richtung Tagebau, voll Richtung Kraftwerk. Die Aktivist*innen gehen davon aus, dass zwischen 12 und 14 Uhr der Schichtwechsel erfolgt.
Nach der Räumung erteilt die Polizei Platzverweise
„Wir haben das beobachtet in den letzten Tagen“, sagt Tempel. „Wir blockieren, sodass der Schichtwechsel nicht reibungslos stattfinden kann.“ Bei den RWE-Mitarbeiter*innen, die abseits der Sitzblockade im Schatten einer Brücke warten, scheint die Stimmung entspannt. Einige stehen im Kreis und reden, andere beobachten die Blockade. “Is ja bezahlt“, sagt ein Mitarbeiter über die ungeplante Pause. Nur einer äußert Ärger. Es sei unfair, dass sich Protest gegen RWE richte, wo doch Kraftwerke in anderen Ländern viel dreckiger seien.
Gegen halb ein Uhr trifft die Polizei ein. „Das Wichtigste sind die Schienen“, sagt der zuständige RWE-Betriebsleiter. Beamt*innen schirmen die Schienen mit ihren Körpern vor der Sitzblockade ab. Wenig später fahren hier trotzdem keine Kohlezüge mehr: Eine andere Gruppe, sagt Klara Tempel, blockiere eine Straße am Stellwerk. Nach Verhandlungen steht fest, dass die Aktivist*innen nicht freiwillig gehen.
Ab etwa 15 Uhr räumt die Polizei. Einige Beamt*innen scheinen bemüht, so wenig sie möglich Gewalt anzuwenden, sie tragen die Menschen weg. Andere kündigen Schmerzgriffe an, verdrehen Arme oder Kopf, greifen in die Nase, um Menschen zu zwingen, selbst zu gehen. Eine Polizistin nimmt eine augenscheinlich Minderjährige in den Schwitzkasten, der hintere Polizist nimmt die Beine. Nach der Räumung erteilt die Polizei allen Platzverweise. Die Kohlezüge fahren wieder, als Beamt*innen die Gruppe von der Betriebsstraße geleitet.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip