Proteste gegen Putin in Russland: Festnahmen im Minutentakt

Über 2.000 Menschen sollen in vielen Städten Russlands bei Protesten für Alexej Nawalny festgenommen worden sein. Darunter wohl auch einige Journalist*innen.

Uniformierte Polizisten tragen einen Demonstrierenden.

Moskau am Sonntagvormittag Foto: ap

MOSKAU dpa | In Russland sind am Sonntag bei den Protesten für den inhaftierten Kremlkritiker Alexej Nawalny bereits mehr als 2.000 Menschen festgenommen worden. Das geht aus einer Übersicht des Portals Owd-Info hervor, das die Festnahmen auflistet.

Demnach kamen bis zum frühen Nachmittag allein in der Hauptstadt Moskau mehr als 140 Menschen in Polizeigewahrsam. Diese Zahl stieg minütlich. Ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichtete aus Moskau, dass Sicherheitskräfte Demonstranten in Polizeibusse trugen. Mehrere U-Bahn-Stationen in der Nähe des Kremls wurden geschlossen, ebenso Restaurants und Geschäfte, Busse fuhren nicht – solche Sicherheitsmaßnahmen gab es bisher nie im Stadtzentrum.

Im weit im Osten gelegenen Wladiwostok wurden mehr als 100 Menschen inhaftiert, als Protestierende auf dem Eis tanzten und sich im Stadtzentrum versammelten.

Im äußersten Osten des riesigen Landes hatten die Demonstrationen wegen der Zeitverschiebung begonnen. Im Laufe des Tages dehnten sich die Proteste auf das ganze Land aus. Aktionen gab es Nawalnys Team zufolge in rund 100 Städten. Owd-Info listete zunächst Festnahmen in mehr als 50 Städten auf. Schätzungen zu den Teilnehmerzahlen lagen zunächst noch nicht vor.

Tausende rufen in Nowosibirsk „Putin, Dieb!“

Festgenommen wurden verschiedenen Medienberichten zufolge auch Journalisten. Ebenfalls in Polizeigewahrsam genommen sei der prominente Rapper Oxxxymiron (Oksimiron) in St. Petersburg.

In der sibirischen Stadt Nowosibirsk kam es am Sonntag zu einer der größten Demonstrationen. Tausende marschierten durch die Stadt und riefen: „Putin, Dieb!“ Dabei bezogen sie sich auf ein opulentes Anwesen am Schwarzen Meer, das Berichten nach für Putin gebaut wurde und über das Nawalnys Team ein Video veröffentlichte. Zuletzt gab ein langjähriger Bekannter von Putin, der Bauunternehmer Arkadi Rotenberg, bekannt, ihm gehöre die Residenz.

Indes greifen die Behörden hart gegen die Proteste durch. Nahezu 4.000 Menschen wurden Berichten zufolge bei Protesten am 23. Januar in mehr als 100 Städten festgesetzt; manche mussten Bußgeld zahlen, andere kamen in Haft. Etwa 20 Menschen wurde vorgeworfen, Polizisten angegriffen zu haben. Gerichte im Land haben zudem Nawalnys Verbündete und Aktivisten verhaften lassen. Sein Bruder Oleg, seine Mitarbeiterin Ljubow Sobol und drei andere Personen wurden am Freitag unter zwei Monate Hausarrest gestellt. Zur Begründung hieß es, sie hätten bei den Protesten am vergangenen Wochenende gegen Coronavirus-Auflagen verstoßen.

Nawalny war vor genau zwei Wochen direkt nach seiner Rückkehr aus Deutschland an einem Moskauer Flughafen verhaftet worden, wo er sich fünf Monate lang von einem Giftanschlag erholt hatte. Der 44-Jährige macht Präsident Wladimir Putin und den Inlandsgeheimdienst FSB für das Verbrechen verantwortlich. Putin und der FSB wissen das zurück.

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