Proteste gegen Netanjahu in Israel: Es wird eng
Die hohe Zahl an Neuinfektionen in Israel ist nicht nur Missmanagement. Spätestens jetzt erkennen viele: Netanjahu kümmert sich nicht um die Israelis.
E s war ein traumhafter Frühling für den israelischen Ministerpräsidenten. Netanjahu rühmte sich mit den weltweit niedrigsten Corona-Infektions- und Todeszahlen, es schien ihm außerdem gelungen, seinen Herausforderer Benny Gantz auf seine Seite zu ziehen. Seine Likudpartei erreichte in Umfragen Spitzenwerte, Gantz’ Blau-Weiß lag darnieder.
Doch jetzt im Sommer findet Netanjahu sich in seinem Alptraum wieder. Die Infektionszahlen schnellen in die Höhe und mit den Maßnahmen dagegen zugleich die Arbeitslosenzahlen. Der Unmut auf den Straßen wird immer lauter, und er kommt auch, aber nicht mehr nur von denen, die den Ministerpräsidenten längst im Knast sehen wollen.
Mehr als zehntausend Israelis demonstrierten am Samstagabend in Tel Aviv gegen die Finanzpolitik der israelischen Regierung in Anbetracht der Coronakrise. Einige blockierten danach Straßenkreuzungen, auch die Scheibe einer Bank soll zu Bruch gegangen sein. Für Israels Protestkultur ist das einiges. Tausende Anhänger der Black-Flag-Bewegung protestieren seit Monaten gegen die Korruption und den „Crime Minister“.
Seit drei Wochen in Folge finden die Proteste an Straßenkreuzungen über das ganze Land verteilt statt. Die Sozialarbeiter*innen streiken angesichts ihrer unzumutbaren ökonomischen Situation und des zunehmenden Drucks in der Pandemie. Selbst einige seiner langjährigen ultraorthodoxen Koalitionspartner von Schas und United Torah Judaism trauen Bibi nicht mehr über den Weg und sehen in Benny Gantz den vertrauenswürdigeren Partner.
Die Situation in Israel ist nicht nur Missmanagement oder Corona-Pech. Spätestens jetzt erkennen selbst viele von Netanjahus Anhänger*innen: Netanjahu kümmert sich nicht um die Israelis, sondern nur darum, von seinen Korruptionsvorwürfen abzulenken und Gerichtstermine aufzuschieben. Und statt sich um die eine Million Arbeitslosen zu kümmern, diskutiert er die Annexion des Westjordanlands.
Doch es scheint, dass die Israelis aufwachen und es eng wird für Netanjahu.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Trump und Putin
Bei Anruf Frieden
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen