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Proteste gegen Mediengesetz in PolenDemonstranten blockieren Sejm

Vor dem und im Parlament protestieren Menschen gegen die Politik der nationalkonservativen Regierung. Diese schießt verbal heftig zurück.

Vor dem Sejm, dem polnischen Parlament, demonstrieren Menschen gegen die Regierungspolitik Foto: dpa

Warschau ap/rtr | Gegner der nationalkonservativen Regierung in Polen haben sich am Samstag zu einer weiteren Demonstration vor dem Präsidentenpalast in Warschau versammelt. Etwa 2.000 Menschen riefen „Freiheit, Gleichheit, Demokratie. Sie schwenkten polnische und Europafahnen, hielten Ausgaben der Verfassung hoch und appellierten an Staatspräsident Andrzej Duda, die verfassungsmäßige Ordnung zu schützen. Duda sagte, er sie bereit zu vermitteln.

Auslöser der Proteste sind Pläne der Regierung, den Zugang von Journalisten zu Abgeordneten im Parlament ab dem 1. Januar zu beschränken. Zu der Kundgebung hatten das Komitee zur Verteidigung der Demokratie (KOD) sowie die Oppositionsparteien Bürgerplattform und Modern aufgerufen.

Ministerpräsidentin Beata Szydło rief zur Ruhe auf. Sie warf den Oppositionsparteien vor, den Interessen des Landes zu schaden. Sie seien frustriert und hilflos, weil sie nicht mehr an der Macht seien und schlügen jetzt Lärm. Die Proteste der Opposition bezeichnete sie als „skandalös“.

Innenminister Marius Blaszczak warf der Opposition vor, sie wolle die Macht an sich reißen. „Meiner Einschätzung nach waren die Ereignisse gestern der illegale Versuch, sich die Macht zu verschaffen“, sagte Blaszczak am Samstag dem Privatsender RMF FM.

„Terrorisierende“ Proteste

Der Vorsitzende der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit, Jaroslaw Kaczyński, verurteilte die Demonstration als „Rowdytum“ und drohte den Protestierenden mit Konsequenzen. „Wir werden nicht gestatten, terrorisiert zu werden“, sagte er.

Schon am Freitag hatten Tausende Warschauer vor dem Parlament demonstriert und die Autos von Politikern an der Durchfahrt gehindert. Oppositionsabgeordnete blockierten eine Abstimmung über den Haushalt für 2017. Die Mitglieder der Regierungspartei stimmten daraufhin in einem anderem Saal über den Haushalt ab, was die Opposition für rechtswidrig hält. Sie fordert eine Wiederholung der Abstimmung.

Am frühen Morgen hatte die Polizei gewaltsam die besetzten Ausgänge des Parlaments geräumt. Der Chef der regierenden rechtskonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) sowie Ministerpräsidentin Beata Szydlo konnten daraufhin in Autos das Gebäude im Zentrum Warschaus verlassen. Der Sitzstreik der Oppositionspolitikern im Plenum dauerte dagegen an.

Der frühere Regierungschef und heutige EU-Ratspräsident Donald Tusk, mahnte die Regierung, das Volk sowie die Werte und Prinzipien der Verfassung zu achten. Er erinnerte an die blutige Unterdrückung von Widerstand unter der kommunistischen Diktatur.

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