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Proteste gegen LNG-Gipfel in BerlinPartycrasher am Luxushotel

Klimaaktivisten stören ein Treffen der Gasindustrie im Luxushotel Adlon. Ende Gelände wird gestoppt, doch die Letzte Generation blockiert Eingänge.

Im Adlon ist es dreckig: Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation vor dem Berliner Luxushotel Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz | Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen versuchten am Dienstagmorgen, ein Treffen der Gasindustrie im Berliner Luxushotel Adlon zu blockieren. Von vier Seiten stießen die De­mons­tran­t:in­nen ab 7.30 Uhr zu den Eingängen des Hotels am Pariser Platz vor. Während zwei Gruppen von Ende Gelände mit insgesamt etwa 250 Teil­neh­me­r:in­nen von der Polizei gestoppt wurden, gelang es Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation zeitweise, Eingänge an der Rückseite des Hotels zu blockieren. Mithilfe eines LKW versperrten die Ak­ti­vis­t:in­nen zudem die Zufahrt zur Tiefgarage. Zuvor waren De­mons­tran­t:in­nen durch die Berliner Innenstadt gezogen.

Die Proteste richteten sich gegen den „World LNG Summit“, ein Lobbytreffen der fossilen Gasindustrie. Laut Angaben der Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen sind zum Flüssiggas-Gipfel insgesamt 750 Teil­neh­me­r:in­nen aus 50 Ländern und 500 Unternehmen angemeldet, zu Ticketpreisen ab 4.000 Euro. Um das Treffen zu schützen, war die Polizei ab dem Morgen mit hunderten Be­am­t:in­nen vor Ort. Mehr als ein Dutzend Polizeiwagen riegelten den Weg zum Hotel ab.

Ab 7 Uhr trafen sich zum Blockadeversuch von Ende Gelände 150 Personen vor dem Gebäude des Lobbyverbandes „Zukunft Gas“, ausgestattet mit Partyhüten, um der „Gasindustrie die Greenwashing-Party zu vermiesen“. Die Polizei wartete bereits und begleitete den in Fünferreihen aufgestellten Demonstrationszug bis zu einer Zwischenkundgebung in Sichtweite des Hotels. Pressesprecherin Fran Leitner hatte zuvor angekündigt: „Ende Gelände geht an Orte der Zerstörung, aber auch an Orte, wo Entscheidungen über Zerstörungen getroffen werden“.

Während einer Rede eines Anti-LNG-Aktivsten aus Louisiana, der von Ausbauplänen für weitere zwei Dutzend LNG-Export-Terminals an der US-amerikanischen Ostküste berichtete, streiften die De­mo­nstrationsteil­neh­me­r:in­nen ihre typischen weißen Maleranzüge über. Plötzlich versuchten die ersten Reihen den Durchbruch durch die Polizeiketten in Richtung Adlon. Po­li­zis­t:in­nen aber drängten sie zurück. Schließlich wurde die gesamte Gruppe eingekesselt, die Polizei nimmt 120 Menschen fest. Ein zweiter „Finger“ von Ende Gelände mit etwa 60 Personen wurde am Brandenburger Tor unter Einsatz von Pfefferspray gestoppt.

Eingekesselte Ende-Gelände-Aktivist:innen Foto: dpa

Erfolgreicher lief es dagegen für die Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation hinter dem Hotel. Sie überwanden aufgestellte Gitter und gelangten vor mehrere Eingänge. In der Wilhelmstraße verteilten sie dabei großflächig grüne Farbe an einem Eingang. Zudem fuhren sie mit einem LKW vor die Tiefgarageneinfahrt. Mehrere Ak­tivs­t:in­nen postierten sich mit Transparenten auf dem Dach, eine weitere Person klebte sich am Hinterrad an.

Während die Po­li­zis­t:in­nen Blo­ckie­re­r:in­nen vor den Eingängen auch durch teils rabiate Gewalt entfernten und dabei mehrere Menschen verletzten, dauerte die Bergung der LKW-Besetzer:innen bis zum Vormittag an – unter Schmerzensschreien der Festgeklebten, die ärztlich versorgt werden musste, noch bevor sie mitsamt des Reifens von dem Auto gelöst werden konnte. Obwohl die Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation zu dem Zeitpunkt bereits in einen umgitterten Bereich abgedrängt worden waren, schritt die Polizei immer wieder ein, warf Menschen zu Boden und legte ihnen Handschellen an.

Sprecher Raphael Thelen zeigte sich dennoch zufrieden. Sie hätten alle Ziele erreicht. Ziel sei es, das Treffen zu stören, bei dem „dreckige Geschäfte“ abgewickelt würden: „Wir akzeptieren nicht, dass reiche Konzerne sich auf diese Art und Weise Macht und Einfluss erschleichen.“ Auch Ende Gelände prangerte das Demokratiedefizit des Gipfels an: „Von den Deals, die hier gemacht werden, profitieren nur Autokraten und Aktionäre.“

Die Flüssigerdgasindustrie ist im Aufwind, spätestens seitdem sich Europa von russischem Gas unabhängig machen will. In Deutschland wurde in den vergangenen Jahren im Eilverfahren eine entsprechende Import-Infrastruktur mit sechs Terminals an vier Häfen geschaffen.

LNG-Industrie im Aufwind

Die Bundesregierung verkauft LNG als „Übergangstechnologie“, obwohl Herstellung und Transport mehr Treibhausgase ausstoßen als das Verbrennen von Kohle. LNG wird häufig über Fracking gewonnen, also durch das Herauspressen des Gases aus dem Boden. Klimagruppen von der Deutschen Umwelthilfe über Fridays for Future bis Ende Gelände engagieren sich daher schon seit Jahren gegen den Ausbau der fossilen Infrastruktur.

Sie alle waren in den vergangenen beiden Tagen bereits Teil eines alternativen Gasgipfels in der Rosa-Luxemburg-Stiftung, an dem auch Betroffene und Ex­per­t:in­nen aus den Gas-Herkunftsländern wie den USA, Brasilien oder Mexiko teilnahmen. In diesem Rahmen fand am Montagabend eine Podiumsdiskussion statt, an der auch Wirtschafts- und Umweltschutz-Staatssekretär Stefan Wenzel teilnahm, der am Dienstag auch als Teilnehmer des LNG-Gipfels erwartet wurde.

Wenzel rechtfertigte den deutschen LNG-Ausbau. Dieser solle die „Abhängigkeit und Erpressbarkeit von Russland verhindern“. Kritiker wie Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe sprachen dagegen von einer „riesigen Infrastruktur, die sich über 20, 30 Jahre rentieren muss“ und dem Ziel, bis 2045 klimaneutral zu sein, entgegenstehe.

Im Rahmen der Proteste gegen den Gipfel hatte Greenpeace am Vorabend den Spruch „Sauberes Gas ist eine dreckige Lüge“ an die Fassade des Adlon projiziert. Auch am Dienstagnachmittag sollen die Proteste weitergehen. Geplant ist eine Demonstration zum Gipfelort. Aufgerufen haben mehr als 40 Umweltverbände und Klimagerechtigkeitsgruppen.

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9 Kommentare

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  • Gideon , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. Die Moderation

  • Ach, darum ist es heute früh kalt geworden. Hab die. Heizung gleich etwas weiter aufdrehen müssen.



    Klimakleben nervt. Null Verständnis.

  • Das Anliegen ist zu wichtig, um es mit Randale zu konnotieren.



    Mit Blockaden und Verschmutzung macht man sich keine Freunde. Das Framing der öffentlich geglaubten Begriffe wird sich ändern (Antonio Gramsci) und Blockaden werden immer mehr als Gewalt verstanden. Damit geht der Schutz des GG für diese Versammlungen verloren. Also verbal und methodisch abrüsten bitte.



    Der Journalist schreibt hier sehr oft "Menschen ". Ich habe Angst, dass das nötiger ist als von vielen verstanden, immer mehr politische Gegner denken an "Orks "!

  • Was bitte ist denn die Alternative zum LNG-Import, wenn man Kohle, Kernkraft und heimisches Fracking nicht möchte? Dieses gegen Alles zu sein ist mir zu einfach und zu selbstherrlich. Wo sind die umsetzbaren Lösungsvorschläge?

  • War mit der LG vor Ort. Die Polizei ist tatsächlich sehr rabiat vorgegangen. Die ganze Zeit waren Schmerzensschreie von Aktivisti zu hören, obgleich keinerlei Gefahr von ihnen ausging. Dieses Vorgehen ist eines demokratischen Staates unwürdig. Es kann nicht sein, dass diese störungsfreie Durchführung des Lobbyismus auf Kosten der Grundrechte erzwungen wird.

  • Was genau wollen die Aktivisten? Einen sofortigen Ausstieg aus Gas? Haben sie alternative, umsetzbare Konzepte?

  • „Um das Treffen zu schützen, war die Polizei ab dem Morgen mit hunderten Be¬am¬t:in¬nen vor Ort“ – Na, da können wir also beruhigt sein, dass mit Steuergeldern für den Schutz der Superreichen Weltzerstörer gesorgt wird.

    • @Ardaga:

      Dieser Kommentar ist in einem Rechtsstaat mehr als fragwürdig. Soll die Polizei bei dieser eindeutigen Sachbeschädigung nicht handeln, weil es um „Reiche“ geht.



      Stehen Sie noch hinter dem Rechtsstaat?

  • Pressesprecherin Fran Leitner: „Ende Gelände geht an Orte der Zerstörung, aber auch an Orte, wo Entscheidungen über Zerstörungen getroffen werden“.

    Vollkommen richtig, denn während immer mehr Obdachlose auf den Straßen "leben" müssen, treffen sich die Mächtigen in Luxushotels und diskutieren darüber, wie man die Welt aus Profitgier noch schneller zerstören kann.

    taz: *Obwohl die Aktivist:innen der Letzten Generation zu dem Zeitpunkt bereits in einen umgitterten Bereich abgedrängt worden waren, schritt die Polizei immer wieder ein, warf Menschen zu Boden und legte ihnen Handschellen an.*

    Wir leben ja schließlich in einem "Rechtsstaat" und in diesem Land wird weiterhin der 'wundervolle und menschenfreundliche Kapitalismus' vor den jungen Klimaschützern beschützt, damit man den Verursachern des Klimawandels den Roten Teppich ausrollen kann - aber vor dem Luxushotel Adlon liegt der Rote Teppich ja ohnehin schon.

    Es wird sich nichts ändern, egal ob man sich aufregt oder Sarkasmen abfeuert, denn die Mächtigen sind zu mächtig und spielen ihr umwelt- und klimazerstörendes Monopolyspiel einfach weiter, und der Bürger klatscht dazu und schreit nach strengen Strafen für die Klimaschützer.