Protest und die AfD: Der Kleber ist aus
Die Letzte Generation will künftig auf Klebeaktionen verzichten. Ein Sieg der Autofahrer? Nein, findet unser Kolumnist. Gewonnen haben die Medien.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Taylor Swift ziert sich, Joe Biden zu unterstützen.
Und was wird besser in dieser?
Olaf Scholz sucht Handynummer von Helene Fischer.
Statt Bargeld sollen Asylsuchende in Deutschland bald eine Bezahlkarte bekommen. Was bringt das wem?
Behörden reklamieren Verwaltungsvereinfachung, automatische Scannerkassen im Supermarkt sind eh stumpf für entkartete Kunst. Hinter diesen Sachargumenten wabert ein Bild vom prassenden Proll, das diskriminierend gelesen wird und wirkt: Belastbare Zahlen, wie viel Bargeld tatsächlich ins Ausland ging, wurden nicht vorgebracht. Und unter uns: Wer von rund 400 Euro im Monat noch Bares für die Lieben daheim abhungert, sollte eher mit der Ehrenbürgerschaft von Schwaben belohnt werden. Stattdessen feiern ostdeutsche Pilotversuche die Abwanderung von Flüchtlingen als „Erfolg“. Das legt sich, wenn es keine Barzahlerkreise mehr gibt. Wer ganz fest glaubt, dass in den Elendslagern bei Sfax morgens als Erstes die Bild-Zeitung gelesen wird, glaubt auch an eine „Abschreckung“. Immerhin – jetzt verdienen die Banken auch am Asylanten.
Dava, eine Partei mit Nähe zum türkischen Präsidenten Erdoğan, hat sich gegründet. Welcher Promi sollte die nächste Partei gründen?
In Deutschland gibt es vier anerkannte „ethnische Minderheiten“ mit politischen Vorrechten: Roma und Sinti, Sorben und die Dänen und Friesen, politisch vertreten vom Südschleswigschen Wählerverein. Kriterium dafür sind eigene Sprache, Kultur, Geschichte – und deutsche Staatsbürgerschaft. So weit, so Türke. Schwammig wird’s beim „traditionellen Siedlungsgebiet“, „in der Regel seit Jahrhunderten“. Sorben und Roma und Sinti haben bisher keine eigene politische Repräsentation errungen, das kann man als gelungene Integration werten – brauchen sie nicht? Oder als anhaltende Diskriminierung. Bei der türkischen Minderheit: beides. Auf diesem Konflikt, der auch ordentlich Rassismus enthält, möchte etwa die Bild-Zeitung ein braunes Süppchen wärmen und versucht, der Dava Mesut Özil als Chefmaskottchen reinzuquatschen.
Die Letzte Generation will sich nicht mehr festkleben. Haben die Autofahrer*innen gewonnen?
Nö, die Medien. Die Aggro-Bauern erdreisteten sich, unter dem Jubel breiter Öffentlichkeiten „Passierscheine“ auszustellen, während Klimakinder in den bayerischen Knast wanderten. Fazit: Hetze siegt. Letztlich wurden Leute gegen die KlimaaktivistInnen aufgebracht, die ihren Anliegen wohlgesonnen gegenüberstanden. Klingt scheißliberal, stimmt aber leider: Vermutlich gibt es hinter aller Demagogie eine breite Mehrheit für Klimaschutz. Die gilt es zu organisieren. Muss ja nicht so lange dauern und so schiefgehen wie bei den Grünen.
AfD-Vorsitzende Alice Weidel sprach in einem Interview von einem „Dexit“, also einem Austritt Deutschlands aus der EU. Nichts von den Briten gelernt?
„Sie hassen Deutschland“, schallern AfD-Trompeten aus jedem Fenster gegen jeden Gegner. Um dann schicke Ideen vorzulegen, was man ungefähr tun müsste, wenn man Deutschland hasst: Staatsbürger rausschmeißen, innere Konflikte schüren, den Export durch EU-Austritt ruinieren, eine Eurokrise lostreten und Kopftücher für Mädchen. Ist das vielleicht die geheime Erdoğan-Partei?
Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA sollen am Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober in Israel beteiligt gewesen sein. Zahlreiche Länder haben nun ihre Zahlungen eingestellt. Zu Recht?
UNRWA hat rund 12.000 Beschäftigte in Gaza, das hilft vor allem den Beschäftigten selbst. Sie bilden das Schul- und Gesundheitssystem, dass die Hamas-Diktatur nicht herstellt und Israel schön egal ist. Zugleich muss UNRWA seine Arbeit mit Hamas koordinieren und so gestalten, dass Israel nicht bedroht wird. Wer dieser international kontrollierten Organisation den Stecker zieht, sollte schon einen Vorschlag haben, wer denn künftig der Staat-im-Nicht-Staat sein soll.
Und was machen die Borussen?
Mit Marco Reus könnte der letzte „Dortmunder zum Sehen“ im Sommer den BVB verlassen. Nach Zorc, Ricken und dem als Kind zugezogenen Götze war immer ein „Gebürtiger“ im Team. Schluss.
Fragen: Clara Loeffler
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