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Protest in HamburgSpaziergang im Gefahrengebiet

Erster Protest gegen umstrittene Polizeikontrollen: 500 Menschen demonstrieren friedlich im Schanzenviertel, 44 kommen in Polizeigewahrsam.

Im Gefahrengebiet gegen Gefahrengebiete: Am Ende landeten 40 Menschen in Gewahrsam. Bild: Jonas Walzberg

HAMBURG taz | 414 Kontrollen, 83 Aufenthaltsverbote und 9 Platzverweise – so bilanziert die Hamburger Polizei das erste Wochenende im neu eingerichteten Gefahrengebiet. Die Sicherheitsmaßnahme, die unter anderem verdachtsunabhängige Personenkontrollen ermöglichen soll, steht weiter in der Kritik.

Am frühen Sonntagabend versammelte sich rund 60 Menschen spontan am Neuen Pferdemarkt. In einem friedlichen Marsch bewegte sich die Gruppe zur Polizeiwache an der Lerchenstraße wo sie bereits nach wenigen Minuten gestoppt und mehr als eine Stunde lang festgehalten wurde. Zuvor waren vereinzelt Böller und Feuerwerke gezündet worden.

Abtransport per Sonderfahrt

Die Lage im Polizeikessel blieb entspannt, einige der Eingeschlossenen konnten den Platz nach Preisgabe ihrer Personalien wieder verlassen. Das zu tun weigerten sich 44 Personen – sie wurden mit einem HVV-Bus mit der Aufschrift „Sonderfahrt“ abtransportiert. Nach vorübergehender Ingewahrsamnahme seien am Montagmorgen alle Betroffenen wieder frei gewesen, gab ein Polizeisprecher bekannt.

Nach dem schnellen Endes des ersten Protestzugs zogen ab 19.30 Uhr weitere 500 Menschen unangemeldet durch das Schanzenviertel. Über eine Stunde lang bewegten sich die AktivistInnen friedlich durch die Straßen des Stadtteils und riefen Parolen gegen die Kontrollpolitik der Polizei und für ein Bleiberecht der „Lampedusa“-Flüchtlinge. Entlang der spontan festgelegten Route hielten sich die Polizeieinheiten zunächst zurück. An der Kreuzung Simon-Utrecht-Straße/Talstraße wurde der Zug dann aber gestoppt. Gegen 21 Uhr löste sich die Versammlung auf.

Katz-und-Maus in schwarzer Kleidung

Darüber hinaus fand der Protest gegen das Gefahrengebiet am Wochenende auch spielerischere Formen. Schon seit Samstagnachmittag waren immer Menschen in Kleingruppen durch die Stadt gezogen, offenbar Aufrufen in den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter folgend: Dort war zu „Gefahrengebiet-Spaziergängen“ mobilisiert worden, Teilnehmer waren angehalten durch dunkle Kleidung gezielt polizeiliche Kontrollen provozieren und sich ein friedliches Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei zu liefern. In dem Aufruf hieß es es weiterhin, mit der Aktion solle die „Willkür des Senats“ deutlich gemacht werden.

Das polizeiliche Gefahrengebiet im Raum Sternschanze, St. Pauli und – teilweise – Altona gilt seit dem 4. Januar und soll „bis auf Weiteres“ in Kraft bleiben, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Neben den verdachtsunabhängigen Kontrollen können in dem Areal auch Platzverweise erteilt, Aufenthaltsverbote ausgesprochen und Personen in Gewahrsam genommen werden.

Hieß es zunächst, mit der Maßnahme solle möglichen Straftaten vorgebeugt werden, legte der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders, jetzt eine andere Spur aus: Dem Fernsehsender Hamburg1 sagt er, man wolle „keine Täter dingfest machen“, sondern „ein Zeichen setzen“.

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10 Kommentare

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  • B
    Bluesignol

    @ Rossignol:

     

    Hiess es zunächst verfassungsgemäss, der Innensenator Neumann entscheide über Polizeieinsätze, ergänzte der GdP-Sprecher Lenders das sei alleinige Sache der Polizeiführer Born und Dudde, werde aber gewöhnlich mit der GdP in der Bullen-Dienstsauna ausgeditscht.

     

    Hiess es zunächst die Bundesrepublik, zu der manchmal auch Hamburg gehört, wäre ein demokratischer Rechtsstaat, in dem verlässliche einheitliche Regeln gälten, ergänzte GdP-Sprecher Lenders das könne der Polizeiführer von Fall zu Fall auch anders sehen.

     

    Gesetze und Verordnungen sind nur dazu da, rechtzeitig zum eigenen Nutzen uminterpretiert zu werden.

  • Nee, also das geht nicht.

    Selbst wenn mensch alles falsch findet, was die DemonstrantInnen vor Weihnachten gemacht haben - das geht nicht.

    Wer wird denn in Gewahrsam genommen? Nach Nasenprinzip?

     

    Dann werden also alle die, die zu den Yuppies gehören, verschont. Also eine Gentrifizierungsförderung.

    Dolle Sache.

    • M
      M.A.
      @nzuli sana:

      Eine nicht genehmigte Demonstration, in einen Gebiet das Aufgrund massiver Gewaltdelikten seitens autonomer Linker (Körperverletzung, Entgasung, etc.) zur Gefahrenzone erklärt wurde.

       

      Die Polizei ist im Recht...

      • E
        einganznormalerbürger
        @M.A.:

        nicht vergessen: es ist mittlerweile offiziell bekannt, dass die bullen mit die schlacht begonnen!

  • H
    Harald

    "Neben den verdachtsunabhängigen Kontrollen können in dem Areal auch Platzverweise erteilt, Aufenthaltsverbote ausgesprochen und Personen in Gewahrsam genommen werden."

     

    Das ist das Repertoire einer Diktatur und nicht einer Demokratie, fällt mir dazu nur ein. Am Ende wird die Polizei mal damit rüberkommen müssen, ob sie nun überhaupt Leute in Gewahrsam haben oder hatten, die sie durch ein Gericht verurteilen lassen können. Alles andere ist nämlich Show, aber eine die einen miesen, faulen Geschmack hat. Dass die SPD so einen Mist einfach durchlaufen lässt, überrascht mich, immerhin ist deren Häuptling und Bürgermeister ein guter Jurist und weiß doch, wie wenig glaubwürdig dieser Zirkus ist.

  • A
    amigo

    Politik und Polizei haben bei einer deutlichen Mehrheit der Bewohner in den Ausnahmegebieten letztes Vertrauen und Rückhalt komplett verspielt.

    Ein autonomes Stadtviertel - z.B. wie in Christiania/Kopenhagen - ist unausweichliche Konsequenz, wenn man noch einen durch die Staatsmacht provozierten Bürgerkrieg verhindern will!

  • A
    aga

    Hier gibt es eine interessante Stellungnahme von den kritischen PolizistInnen: http://www.kritische-polizisten.de/pressemitteilungen/dokumente/2014-01-05-PM-Rote-Flora.pdf

  • - Hieß es zunächst, dass Beamten am 21.12. von der Brücke mit Steinen und Böllern beworfen wurden und der Demozug daraufhin gestoppt wurde - hieß es dann, dass der Demozug verfrüht losgegangen sei .....

     

    - Hieß es zunächst, dass die Davidwache von dunkel gekleideten Personen attackiert wurden (....). Als Polizeibeamte aus der Wache gekommen seien, wurden sie an der Ecke Reeperbahn/Davidstraße (...) gezielt und unvermittelt mit Stein und Flaschenwürfen angegriffen. Dabei habe ein 45-jährige Beamte einen Kiefer und Nasenbeinbruch erlitten (....) - hieß es dann der schwer verletzte Kollege ist nicht an der Reeperbahn, sondern in 200 Metern Entfernung in der Hein-Hoyer-Straße verletzt worden ....

     

    - Hieß es zunächst, mit der Maßnahme solle möglichen Straftaten vorgebeugt werden, legte der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders, jetzt eine andere Spur aus: Dem Fernsehsender Hamburg1 sagt er, man wolle „keine Täter dingfest machen“, sondern „ein Zeichen setzen“.