Protest gegen Spekulanten: Ruf nach Enteignung
Am Sonntag demonstrierten Mieter*innen gegen die Sanierungspläne des schwedischen Immobilienkonzerns Heimstaden Bostad in Berlin.
„Rettet unser Eckhaus“ – „Wir holen uns Berlin zurück“ – „Enteignung jetzt“. So lauteten einige der Parolen auf den selbst gebastelten Schildern, die am Sonntagnachmittag um den Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus platziert waren.
Dort hatten sich etwa 600 Menschen versammelt. Viele sind MieterInnen von Häusern, die von dem schwedischen Immobilienkonzern Heimstaden Bostad aufgekauft wurden. Dagegen hat sich in kurzer Zeit eine Protestbewegung der Betroffenen entwickelt. In vielen Berliner Stadtteilen wurden Infostände, Kundgebungen und Kiezspaziergänge organisiert.
Am Sonntagmittag gab es nun die erste berlinweite Demonstration der Heimstaden-MieterInnen. „Es geht auch darum, uns und allen MieterInnen in Berlin zu zeigen, wir sind viele und zusammen sind wir stark“, erklärt Luca von der Pressegruppe die Entscheidung, an einen Sonntag, wenn die Behörden geschlossen haben, zu demonstrieren.
Die TeilnehmerInnen waren an dem sonnigen Herbsttag guter Stimmung. Es wurde viel gescherzt und gelacht. „In den letzten Wochen sind Freundschaften entstanden. Erst haben wir auf Hausversammlungen unsere NachbarInnen kennengelernt und dann auf den Treffen auch die MieterInnen von anderen Häusern“, meint eine Demonstrantin. Sie hat auf einem Fahrrad eine aus Karton nachgebaute Hausfassade befestigt. An den Fenstern der Attrappe ist das Transparent „Stopp Heimstaden“ befestigt. Auf der Demoroute vom Alexanderplatz zum Mauerpark in Prenzlauer Berg schlossen sich PassantInnen an. Zwischenstopps gab es in der Torstraße und in der Kastanienallee vor Häusern, die auf der Einkaufsliste von Heimstaden stehen. Sie waren mit Protestbannern gut zu erkennen. Nach der Demonstration werden die Proteste weitergehen, betont Luca.
Weitere Proteste angekündigt
Eine zentrale Forderung vieler MieterInnen ist die Anwendung des Vorkaufsrechts. Doch auch weitergehende Forderungen fanden Zustimmung. Ein Mieter aus der Wiener Straße 20, die vom Konzern Covivio gekauft wurde, wies in einem Redebeitrag darauf hin, dass auch ein Milieuschutzgebiet die MieterInnen höchstens zehn Jahre schützt. „Wir müssen über Enteignung reden“, erklärte er unter Applaus.
„Der Kampf gegen Heimstaden wird lang. Wir werden Eigentumsumwandlungen, Luxusmodernisierungen und Mieterhöhungen nur verhindern, wenn wir uns zusammenschließen“, erklärte eine Aktivistin der neu gegründeten Initiative für eine MieterInnengewerkschaft (MG). Sie hat in den letzten Wochen die Heimstaden-MieterInnen bei ihrer Organisierungsarbeit unterstützt. „Wir sehen das Instrument des Vorkaufsrechts als eine wichtige Möglichkeit, um Wohnraum dem Markt zu entziehen. Wir fordern von der Berliner Politik ein Kauf aller Häuser zum sozialverträglichen Ertragswert, nicht zu Spekulationspreisen“, erklärt eine MG-Aktivistin. In den nächsten Wochen sind weitere Proteste der MieterInnen angekündigt, darunter eine Kundgebung vor der Berliner Dependance von Heimstaden am Kurfürstendamm 32.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos