Protest gegen Freihandel mit China: Parlamentsbesetzung in Taiwan endet
Studenten wollen das besetzte Parlamentsgebäude in Taipeh am Donnerstag verlassen. Die Regierungspartei ist ihnen zuvor entgegengekommen.
BERLIN taz | Die rund zweihundert meist studentischen Besetzer des Plenarsaals des taiwanischen Parlaments wollen am Donnerstag um 18 Uhr das Gebäude verlassen. Das verkündeten sie am Montagabend vor der Presse. Sie forderten ihre zahlreichen Unterstützer auf, sie am Donnerstag um 18 Uhr vor dem Gebäude zu empfangen.
Studentenführer Chen Wei-ting sagte, aus der Studentenbewegung sei bereits eine Bewegung der ganzen Bevölkerung geworden.
Mit der Besetzung protestiert die studentische „Sonnenblumenbewegung“ seit 18. März gegen ein bereits im vergangenen Jahr unterzeichnetes, aber noch nicht ratifiziertes Freihandelsabkommen für Dienstleistungen mit China.
Taiwans regierende Partei Kuomintang (KMT) hatte es zuvor ohne Aussprache mit ihrer Mehrheit in wenigen Sekunden durch den zuständigen Parlamentsausschuss drücken wollen.
Furcht vor Abhängigkeit von Peking
Gegner des Abkommens fürchten eine zu große wirtschaftliche und damit wachsende politische Abhängigkeit von Peking. Und sie kritisieren die Aushebelung parlamentarischer Prozesse durch die KMT.
Eine weitere Besetzung des wichtigsten Ministeriumskomplexes hatte ein gewalttätiger Polizeieinsatz verhindert. Doch am 30. März zeigten bis zu 500.000 Demonstranten den großen Rückhalt der besetzenden Studenten in der Bevölkerung.
Die Regierung musste deshalb Entgegenkommen zeigen und kündigte ein Gesetz an, das künftig die Überprüfung aller neuen Abkommen mit der Volksrepublik China vorsieht. Doch sollte das bereits unterzeichnete Dienstleistungsabkommen nicht darunter fallen. Die Besetzung ging weiter.
Peking sieht Taiwan als abtrünnige Provinz an und behält sich eine gewaltsame Wiedervereinigung vor. In den letzten Jahren hat sich die Situation zwischen Peking und Taipeh wegen des stark ausgeweiteten Wirtschaftsaustausches und Besucherverkehrs merklich entspannt.
Deal mit den Besetzern
Am Sonntag besuchte Parlamentspräsident Wang Jin-pyng die Besetzer. Wang gehört zur regierenden KMT, ist aber ein innerparteilicher Rivale von Präsident Ma Ying-jeou. Der hatte im September vergeblich versucht, Wang aus der KMT ausschließen zu lassen und ihm damit auf den Parlamentsvorsitz wegzunehmen.
Jetzt machte Wang den Studenten eine Zusage, die er offenbar nicht mit Ma abgesprochen hatte, die dieser aber nicht ignorieren kann. Wang versprach den Besetzern, das Gesetz zum Dienstleistungsabkommen nicht zu unterzeichnen, bevor nicht die Überprüfung aller Abkommen mit China einschließlich des Dienstleisungsabkommens verabschiedet sei. Im Gegenzug sollte die Besetzung beendet werden.
Die Studenten beschlossen das Ende ihrer Aktion nicht einstimmig. Doch: „Wir sind physisch und geistig erschöpft“, sagte Studentensprecher Oliver Chen.
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