Protest gegen Ausländerbehörde: „Bekannt für Willkür“
Das Bürger*innenasyl Barnim ruft zur Demonstration gegen die Ausländerbehörde in Eberswalde. Diese sei als besonders schikanös bekannt.
Aktuell werde viel darüber geredet, dass Flüchtlinge nur her kämen, um das hiesige Sozialsystem auszunutzen, sagt Stephan Müller vom Bürger*innenasyl Barnim. In ihrer Initiative erleben sie jedoch das Gegenteil: „Wir versuchen Menschen vor Abschiebung zu bewahren, die sich alle Mühe geben, sich hier zu integrieren, aber Behörden wie in Eberswalde legen ihnen massiv Steine in den Weg.“
Als Beispiel berichtet Müller von einem Paar aus Georgien, das 2018 nach Deutschland kam. Der Asylantrag wurde abgelehnt, 2021 wurde ihr Kind geboren. Der Mann wollte arbeiten, doch die Ausländerbehörde Eberswalde habe ihm keine Arbeitserlaubnis gegeben mit der Begründung, dadurch würde „eine faktische Integration stattfinden“, wodurch „eine Aufenthaltsbeendigung erschwert würde“, zitiert Müller aus dem Ablehnungsbescheid.
Integration torpediert
Daraufhin habe sich der Mann einen Ausbildungsplatz als Maler besorgt, aber über die Erteilung einer Ausbildungsduldung habe die Behörde nie entschieden. Im April sei der Vater dann alleine abgeschoben worden. „Die Ausländerbehörde torpediert erst die Integration und reißt dann die Familie auseinander, sodass Mutter und Kleinkind nun alleine hier sind“, kommentiert Müller den Fall. Über einen Antrag von Mutter und Kind bei der Härtefallkommission Brandenburg sei noch nicht entschieden.
Das Bürger*innenasyl Barnim, einem Landkreis nördlich von Berlin, besteht aus etwa 25 Aktivist*innen, rund 100 Menschen haben sich online bereit erklärt, von Abschiebung bedrohten Menschen Zuflucht zu gewähren. Die Gruppe arbeite viel mit Kirchenasylen zusammen, erklärt Müller.
Die Initiative kritisiert die deutsche und europäische Asylpolitik als unmenschliche Abschottung in der „Festung Europa“. „Abschiebung ist tödlich oder lebensgefährlich“, heißt es auf der Webseite. Geflüchtete würden sich aus Angst davor bisweilen umzubringen versuchen, auch drohe ihnen oft Gefahr in den Staaten, in die sie abgeschoben werden. Darum fordert das Bürger*innenasyl, wie andere Gruppen, die sich am Aktionstag gegen Ausländerbehörden beteiligen, die grundsätzliche Abschaffung dieser Behörde. Die erneut aufgeflammte Debatte um abzuschiebende „Straftäter“ kritisiert Müller als verlogen. Schon mit Fahren ohne Ticket könne man „Straftäter“ werden, zudem seien die meisten Abgeschobenen seien gar keine – und wenn doch, sei für sie das Justizsystem zuständig.
Demonstration „Rassismus bekämpfen, Ausländerbehörde abschaffen“: Donnerstag, 17 Uhr, Bahnhofsvorplatz Eberswalde. Es gibt Videos, Heißgetränke und ein Open Mic für Berichte von Betroffenen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind