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Protest gegen AntisemitismusBeleidigt und bespuckt

Die neu gegründete Initiative gegen Antisemitismus ruft am Sonntag zur Kundgebung in Neukölln auf. Auch der Bezirksbürgermeister will teilnehmen.

Jüdische Symbole nicht aus Angst vor Übergriffen verstecken müssen- das ist das Ziel der Initiative Foto: dpa

Berlin taz | Immer wieder kommt es zu Attacken auf Jüdinnen und Juden in Berlin. Doch die wehren sich dagegen. „Jüdisches Leben ist keine Provokation“, heißt das Motto einer Kundgebung, die am 25. Juli ab 17 Uhr vor dem Neuköllner Rathaus stattfinden soll. Es ist die erste Aktion der neugegründeten Initiative gegen Antisemitismus in Neukölln.

Jonathan Guggenberger, der zu den Organisatoren der Kundgebung gehört, kennt im eigenen Freundeskreis Menschen, die beleidigt, bespuckt und geschubst wurden, weil sie eine Davidstern-Kette trugen und ein hebräisches Tattoo zu erkennen war. Diese Attacken waren ein wichtiger Grund für die Gründung einer Initiative gegen Antisemitismus. „Es kann nicht sein, sich als Jüdin oder Jude auf den Straßen Neuköllns oder auch anderswo verstecken zu müssen“, formuliert Guggenberger den Konsens der AktivistInnen. Alle Menschen müssten sich sicher fühlen können.

Die Initiative ist natürlich nicht die Erste, die sich in Berlin gegen Antisemitismus engagiert. So hat sich bereits 2003 die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (Kiga) gegründet. Während die ihren Schwerpunkt auf Bildungsarbeit legt, setzt die Neuköllner Initiative im Kampf gegen den Antisemitismus auf die Sensibilisierung einer kritischen Öffentlichkeit und eine länderübergreifende Vernetzung.

Die Kundgebung in Neukölln findet im Rahmen eines internationalen Aktionstags statt:. „End Jew Hatred“ (Schluss mit den Hass auf Juden) und „Combat Antisemitism-Movement“ (Bekämpft die antisemitische Bewegung) sind die beiden zentralen Parolen, unter denen am Sonntag auch in New York, Tel Aviv, Toronto und Brisbane Kundgebungen geplant sind.

Schon am 8. Mai 2021 war Jonathan Guggenberger an einen länderübergreifenden Protest gegen Antisemitismus beteiligt. Er war Mitorganisator der Gedenkkundgebung für Sarah Halimi vor der französischen Botschaft in Berlin. Die pensionierte jüdische Ärztin Halimi war in ihrer Pariser Wohnung von einem Islamisten schwer misshandelt worden. Anschließend wurde sie aus dem dritten Stock ihrer Wohnung in den Tod gestürzt.

Weil die französische Justiz den Täter für schuldunfähig erklärte, kam es zu keiner Verurteilung. Das führte zu am 8. Mai zu Protesten in zahlreichen französischen Städten und in Berlin. Die Kundgebung am Sonntag setzt diesen länderübergreifenden Widerstand gegen Antisemitismus fort. Guggenberger spricht von „einem ersten Zeichen an die Öffentlichkeit, auf das aber definitiv noch mehr folgen muss“.

Zu der Kundgebung haben sich auch der Neuköllner Bürgermeister Martin Hikel (SPD) und Yaki Lopez, Leiter Öffentlichkeitsarbeit der israelischen Botschaft, angekündigt.

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12 Kommentare

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  • warum in Neukölln?



    warum nicht in Charlottenburg?

    • @christine rölke-sommer:

      Weil die Chancen in Neukölln von einen antisemitischen Muslim angegriffen zu werden bedeutend höher stehen als in Charlottenburg.Machen die Mal einen Selbstversuch und gehen mit Kippa und Davidsstern T-Shirt über die Sonnenallee.

    • @christine rölke-sommer:

      Warum nicht in Neukölln?

      • @Petcat:

        kennen Sie den aufruf zur kundgebung?

        • @christine rölke-sommer:

          Ja, wo ist das Problem? Und vor allem, was ist denn in Charlottenburg anders? Trauen Sie den Neuköllnern nicht zu, gegen Antisemitismus zu sein?

          • 9G
            97287 (Profil gelöscht)
            @Petcat:

            Ehrlich gesagt nein. In Charlottenburg werden sie zumindest nicht bespuckt.

          • @Petcat:

            Sie glauben, die neuköllnerinnen bräuchten es, dass Yaki Lopez+Volker Beck ihnen erklären, wie sie gegen antisemitismus zu sein hätten?

            • 9G
              97287 (Profil gelöscht)
              @christine rölke-sommer:

              Ja, nachdem in Neukölln 150 Menschen gegen Antisemitismus demonstriert haben, scheint mir noch etwas Aufklärung nötig. Jede Demo für längere Öffnungszeiten von Spätis bekommt mehr Zuspruch . Aber in Berlin wurde auch in der Nazizeit weggeguckt. Insofern hätte ein Volker Beck eventuell doch was gebracht.

            • @christine rölke-sommer:

              Schade, dass Sie mir nicht auf meine Fragen geantwortet haben. Ich bin optimistisch, dass sehr viele Menschen ein Problem damit haben, wenn Juden beleidigt werden und das Gefühl haben sich nicht sicher und frei bewegen zu können- und zwar überall. Von daher kann auch überall zu dem Thema protestiert werden! Anscheinend sehen Sie das anders, oder?

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ich finde Antisemitismus angesichts unserer furchtbaren jüngsten Vergangenheit natürlich nicht akzeptabel. Das muss bekämpft werden.

    Die ständige Medienpräsenz zum Judentum jedoch könnte möglicherweise mit dazu beitragen, dass hier ein paar Schwachköppe erst dazu ermuntert werden, antisemitisch zu handeln. Es vergeht ja keine Woche, in der nicht über "blühendes" jüdisches Leben berichtet wird.



    Wenn Frau Grütters sich kürzlich hinstellt und angesichts der Neueröffnung einer Synagoge sagt, dass sei das größte Geschenk für Deutschland nach dem 2. Weltkrieg, dann bekomme ich ein merkwürdiges Gefühl in der Magengegend. Damit kann sie in Hinsicht ihrer Karriere nichts falsch machen, aber das halte ich doch für sehr, sehr übertrieben.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      "Ich finde Antisemitismus angesichts unserer furchtbaren jüngsten Vergangenheit natürlich nicht akzeptabe"

      Antisemitismus ist auch ohne diese Vergangenheit nicht akzeptabel.

  • Leider lebe ich nicht in Berlin - und zu Coronazeiten empfiehlt es sich nicht, mit dem Zug quer durch die Republik zu fahren. Aber ich hoffe doch, dass viele Berliner dabei sein werden. Denn die Zunahme antisemitischer Vorfälle ist empörend und schockierend. Das muss einfach aufhören. Ich wünsche der Demo starken Zuspruch und hoffentlich auch deutliche Wirkung.