Protest auf der Reichen-Insel: Sylt will Recht auf ruhige Urlaube

Der Kreis Nordfriesland will das Protestcamp der Punks auf der Nordseeinsel nicht mehr genehmigen. Der Schutz von Anwohnern und Urlaubern gehe vor.

Zelte und Punker

Stresst manche Urlauber: Punker-Camp auf Sylt Foto: Swen Pförtner/imago

HAMBURG taz | Das Punker-Camp auf Sylt soll aufgelöst werden. Wie die Kreisverwaltung Nordfriesland mitgeteilt hat, soll ein Antrag auf Verlängerung negativ beschieden werden. „Wir mussten sorgsam abwägen zwischen dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und den Grundrechten der Anwohner, der Einwohner und der Urlaubsgäste, die durch das Protestcamp beeinträchtigt wurden“, sagt Kai Mintrop von der Versammlungsbehörde.

Dass es die Punks nach Sylt zog, hat seinen Ursprung im 9-Euro-Ticket und einer interpretationsfähigen Äußerung des Geschäftsführers von Sylt Marketing, Moritz Luft. Der hatte laut Hamburger Morgenpost Anfang Mai gesagt, die Insel sei „nicht optimal gerüstet für das 9-Euro-Ticket und den zu erwartenden Ansturm“. Viele verstanden das so, dass Leute, die sich die Tour zur Insel normalerweise nicht leisten würden, der Insel fern bleiben sollten. Die Leute kamen erst recht, auch einige Punks.

Als dann auch noch Finanzminister Christian Lindner (FDP) Anfang Juli eine mondäne Hochzeit auf der Insel feierte, machte sich eine Gruppe Punks zur ersten Protestaktion auf – allerdings vor dem falschen Hotel. Mitte Juli zogen mehrere Hundert De­mons­tran­ten unter dem Motto „Sylt entern! Make The Rich Pay“ von Westerland nach Kampen. Und seit Anfang August existierte das Protestcamp der Punks im Rathauspark mit dem Ziel, die Vermögensverteilung und die Privilegien der Wohlhabenden infrage zu stellen.

Ein einen knappen Monat genehmigtes Protestcamp müsse reichen, findet jetzt die Kreisverwaltung. Anwohner hätten sich zunehmend beschwert – über das Grölen und Streiten im Camp, das Klirren, der mit Flaschen befüllten Einkaufswagen und auch darüber, dass Leute „ihre Notdurft in einer Telefonzelle, im Gebüsch sowie einer Garageneinfahrt verrichteten“, statt die bereitgestellten Klohäuschen zu nutzen.

Vier Wochen Aufmerksamkeit seien genug

„Bis zu einem gewissen Grad müssen Anwohner Lärm und andere Nachteile durch Protestcamps und Demonstrationszüge hinnehmen“, sagt Mintrop. Das habe das Bundesverfassungsgericht klargestellt. Es habe aber auch Grenzen festgelegt – sowohl zur Art der Beeinträchtigung als auch der Dauer.

Die Teilnehmer hätten ihre Anliegen nun vier Wochen lang in der Öffentlichkeit vertreten können und viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, argumentiert die Verwaltung. „Damit haben die Protestierer ihr Grundrecht verwirklicht und den Zweck der Versammlung erreicht.“ Den Anwohnern und Urlaubern könnten deshalb keine weiteren Eingriffe in ihre Grundrechte durch das Camp mehr zugemutet werden.

Der Kreis verweist beispielhaft auf die Beschwerde einer Touristin, deren Ferienwohnung direkt neben dem Rathauspark lag und die nachts keinen Schlaf fand – „nie“, wie sie dem Kreis schrieb. Damit sei das Grundrecht des Gastes auf körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt worden. Die Störung der Nachtruhe verletze überdies das Grundrecht auf Eigentum, das gelte auch für die Nutzung privater Grundstücke als Klo.

Punks wollen sich wehren

Die Punks wollen den negativen Bescheid des Kreises nicht hinnehmen. „Wir werden auf jeden Fall Widerspruch einlegen“, kündigt deren Sprecherin Lara an. Dass die Beschwerden ihre Gründe haben, leugnet sie nicht. „Wir haben eine Nachtruhe, an die sich nicht gehalten wird“, sagt sie. „Wir sind da auch gestresst.“ Viele Leute seinen nur einen Tag zum Camp gekommen, darunter auch eine Menge Sauftouristen, die dann in die Büsche gemacht hätten. „Da kann man nicht hinterhersein“, sagt Lara.

Am Mittwoch hätten sich die Punks mit Vertretern der Behörden zusammengesetzt, berichtet sie. In den kommenden zwei Tagen werde nicht geräumt. Mit der Polizei sei eine bessere Kommunikation vereinbart worden. Die Punks und die Polizei seien daran interessiert, dass alles friedlich bleibe.

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