Programm gegen teuren Wohnraum: Bau auf, bau auf, bau auf!

In großen Städten fehlt Wohnraum und die Mieten steigen. Bundesministerin Hendricks (SPD) will dieses Problem durch günstige Neubauten lösen.

Billiger Wohnraum soll nicht hässlich sein, forderte die Ministerin. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer im Moment in Hamburg, München oder Berlin eine bezahlbare Bleibe sucht, wird von der neuen wohnungspolitischen Initiative der Bundesregierung kaum etwas haben. Allenfalls mittel- und langfristig kann das Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen etwas ausrichten, das Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) am Donnerstag in Berlin ins Leben gerufen hat. Und ob es angesichts divergierender Einzelinteressen der Partner überhaupt zu gemeinsamen Lösungen kommt, ist offen. Im Bündnis sind vertreten: Bundesregierung, Kommunen, Immobilienverbände, Bauwirtschaft, Architekten, Mieter, Gewerkschaften, Energielobbyisten.

Immerhin bei der Zustandsanalyse sind sich die Teilnehmer einig: Regionen mit Wohnungsleerständen stünden Regionen mit „Wohnungsknappheit sowie stark steigenden Angebots- und Neuvertragsmieten gegenüber“. Die Lösung in den Ballungsgebieten und Universitätsstädten sei mehr Neubau und eine Intensivierung der sozialen Wohnraumförderung. Die Bündnispartner wollen sich regelmäßig treffen, um unter anderem Strategien für günstigeres Bauen zu entwickeln. Im Herbst will das Bündnis eine Zwischenbilanz ziehen.

„Bezahlbares Bauen ist Voraussetzung für bezahlbares Wohnen“, sagte Hendricks. Bundesweit müssten 250.000 bis 300.000 Wohnungen jährlich gebaut werden, um die steigende Nachfrage zu befriedigen. Diese Nachfrage entstehe durch Zuzug aus dem Ausland und durch eine erhebliche Binnenwanderung. Im vergangenen Jahr seien aber nur 225.000 Wohnungen neu errichtet worden, in den Vorjahren noch deutlich weniger.

Ursache für die Binnenwanderung ist die stark unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Wer einen guten Job finden will oder wer eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren will, muss in die wachsenden Zentren oder Universitätsstädte ziehen. Das führt dort zu einer steigenden Nachfrage nach Wohnraum – was stark steigende Preise bedingt, wenn das Angebot nicht mitwächst. Allenfalls gemildert wird diese Entwicklung nur durch Fernpendler. Anders gesagt: Jeder Mecklenburger, der etwa aus Neustrelitz täglich nach Berlin oder aus Boizenburg nach Hamburg pendelt, entlastet den Wohnungsmarkt in den beiden Großstädten.

Das Bündnis müsse die Bautätigkeit in den Ballungsgebieten stärken, so Hendricks. Ein Mittel sei, mehr Bauland zur Verfügung zu stellen und Brachflächen zu erschließen. „Hierin ist eine Aufgabe der Kommunen zu sehen“, sagte Hendricks. Auch der Bund müsse seine Liegenschaftspolitik überdenken.

„Keine Einheitsentwürfe“

Zudem müssten die Mittel für den sozialen Wohnungsbau von den Bundesländern auch ausgeschöpft werden, und es müsste ein Umdenken in den Kommunen einsetzen. „Sozialer Wohnungsbau bedeutet nicht, dass schwierige Quartiere entstehen“, so Hendricks. Die meisten Familien mit zwei Kindern oder Senioren hätten mittlerweile Anspruch auf geförderte Wohnungen. Der Bund stellt den Ländern derzeit pro Jahr rund 518 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung.

Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Franz-Georg Rips, begrüßte das neue Baubündnis. „Wir brauchen aber schnelle Ergebnisse“, sagte Rips der taz. Es gebe viel Neubau, aber darunter seien nur wenig bezahlbare Wohnungen. Derzeit seien nur 11.000 neu gebaute Wohnungen öffentlich gefördert. „Diese Zahl muss vervierfacht werden.“

Um das Bauen günstiger zu gestalten, müsse die steuerliche Abschreibung für Investoren von 2 auf 3 Prozent erhöht werden. Zudem müssten die Baustandards gesenkt werden. Auch sollten sich Wohnungsinhaber offen für weiteren Zuzug zeigen. Dass zum Beispiel die Berliner per Volksentscheid eine Randbebauung des ehemaligen Flughafens Tempelhof ablehnten, sei „ein Zeichen für eine erschreckende Entwicklung“.

Gegen günstigeres Bauen brachten sich prompt die Architekten in Stellung. Beim Bauen und Sanieren dürfe „der Qualitätsfaktor nicht zugunsten rein ökonomischer Aspekte vernachlässigt werden“, warnte Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer. „Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, darf nicht dazu führen, dass uniforme Einheitsentwürfe zum Tragen kommen.“

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