Prognose zum Lehrkräftemangel: Noch weniger Lehrkräfte als gedacht
Eine Studie kritisiert die Planung der Kultusministerien: 2030 würden nicht wie gedacht nur 14.000 Lehrer*innen fehlen, sondern 81.000.
Berlin taz Die Kultusministerkonferenz (KMK) rechne in der Zukunft mit viel mehr neuen Lehrer*innen, als tatsächlich zu erwarten seien, warnt der Bildungswissenschaftler Klaus Klemm. Er hatte im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) analysiert, wie die KMK den Lehrkräftebedarf und das Angebot der Lehrkräfte bis 2030 berechnet. Dabei kam er zu anderen Ergebnissen als die Ministerien: Statt der prognostizierten 14.000 fehlenden Lehrer*innen, die der KMK-Bericht ermittelte, würden an deutschen Schulen mindestens 81.000 Lehrkräfte fehlen.
Die KMK „überschätzt massiv das Lehrkräfteangebot, das wir in den kommenden Jahren haben“, erklärte Klemm die Differenz in einer Pressekonferenz am Dienstag. Von der KMK-Präsidentin Karin Prien hieß es hingegen zur Studie: „Alle 16 Länder sind sich der Lage bewusst und ergreifen landesspezifische Maßnahmen.“ Es gäbe mehr Studienplätze mehr Plätze im Vorbereitungsdienst.
Dass die Länder handeln, sehe Klemm. Aber er zweifle aber an der Wirksamkeit. Neue Studienplätze im Lehramt würden nicht alle besetzt. Viele Bereiche oder Fächer seien offenbar zu unattraktiv. Die Maßnahmen bräuchten eben Zeit, heißt es aus der KMK.
Der Bericht der KMK ist aus dem Dezember 2020 und stützt sich auf Daten der verschiedenen Bundesländer. Manche Zahlen von denen seien aber „unseriös“, urteilt Klemm. Besonders die von Sachsen seien unrealistisch. Der Lehrkräftebedarf sei dort in jedem Jahr vom Angebot gedeckt. So flexibel könne der Lehrkräftenachwuchs gar nicht ausfallen. Auf Nachfrage teilt das Sächsische Kultusministerium mit, an der Methodik sei bereits gearbeitet worden und für den nächsten Bericht angewandt worden.
Weitere Lehrkräfte benötigt
Was den Bedarf an Lehrkräften anginge, kommt Klemm, anders als beim Nachwuchsangebot, nur auf eine leichte Abweichung und bescheinigt der KMK an dieser Stelle, die Annahmen seien „im hohen Umfang belastbar.“ Durch einen unerwarteten Geburtenanstieg und Migration war der Bedarf in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Allerdings seien neuere politische Vorhaben bisher nicht in die Prognosen mit eingeflossen – und die könnten weiter verschärfen.
So formulierten die drei Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag, sie wollten Kindern und Jugendlichen „bessere Bildungschancen, unabhängig von der sozialen Lage ihrer Eltern ermöglichen“. Das erfordere zusätzliche Personalressourcen, folgert Klemm. Ebenso wie inklusiver Unterricht und ganztägige Betreuung im Grundschulalter. Der hierbei entstehende Bedarf müsse noch zu den 81.000 fehlenden Lehrkräften hinzugerechnet werden.
Tatsächlich konnten im Dezember 2020 politische Versprechen der neuen Regierung noch nicht berücksichtigt werden. Im nächsten Bericht aber, heißt es aus der KMK. Dessen Veröffentlichung war vom Dezember 2021 auf das Frühjahr 2022 verschoben worden.
Dann verabschiede die KMK auch eine ergänzende Empfehlung darüber, wie Sondermaßnahmen in den Ländern ausgestaltet werden, verspricht KMK-Präsidentin Priem. „Schwerpunkt ist dabei die Qualifizierung von Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteigern.“
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