Prognose fürs Jahr 2019: Weltweit weniger Kohlestrom
Nach ersten Schätzungen sinkt die globale Erzeugung des klimaschädlichen Kohlestroms in diesem Jahr um drei Prozent. Das Minus ist so groß wie nie.
In Amerika wurde die Kohle vor allem durch Erdgas ersetzt, ein wenig auch durch Wind und Solar. In Europa trat vor allem Windstrom an die Stelle der Kohle, erst dann folgten Erdgas und schließlich Photovoltaik. In Asien unterdessen wurde Kohlestrom vor allem durch Atomstrom und an zweiter Stelle durch Solarstrom ersetzt.
Erheblich ist die Verminderung des Kohlestroms auch in Deutschland. In den ersten elf Monaten des Jahres 2019 wurde hierzulande rund ein Viertel weniger erzeugt als 2018. Besonders die zumeist flexibleren Steinkohlekraftwerke waren seltener im Einsatz, während Strom aus Erdgas im Gegenzug um rund ein Viertel zunahm.
Damit liegt Deutschland etwa auf einer Linie mit anderen europäischen Staaten, deren Kohleverstromung 2019 in Summe um rund 23 Prozent sinkt, wie CarbonBrief prognostiziert. Einige Länder Europas haben den Kohleausstieg sogar schon annähernd vollzogen, so etwa Großbritannien, das in diesem Jahr nur noch auf 2 Prozent Kohlestrom kommt. Im Mai habe das Land – erstmalig seit Beginn der industriellen Revolution – zwei Wochen lang keinen Kohlestrom produziert.
Südostasien ist eine Ausnahme
Aber weltweit gibt es noch Regionen, in denen der Kohlestrom zunimmt. In Südostasien wird mit einem Anstieg um 10 Prozent im Jahr 2019 gerechnet. Den größten Zuwachs verzeichnet Vietnam. In China geht laut CarbonBrief zwar weiterhin alle zwei Wochen ein neues Kohlekraftwerk in Betrieb, doch offenbar wird der Strom nicht mehr in vollem Umfang benötigt, denn die Auslastung der Kohlekraftwerke sinkt; sie ist zwischenzeitlich auf ein Rekordtief von unter 49 Prozent gefallen.
Allerdings hat auch das Wirtschaftswachstum nachgelassen. Zwar ist China mit Abstand der größte Kohleverbraucher weltweit, doch im Jahr 2019 seien nun erste Verträge für Wind- und Solaranlagen abgeschlossen worden, die Strom zum gleichen Preis wie Kohlekraftwerke erzeugen. Der Zuwachs der Kohle in China werde daher abflachen.
In Europa unterdessen ist der Rückgang der Kohle auch ein Beleg dafür, dass der hiesige Emissionshandel durch den gestiegenen CO2-Preis zu wirken beginnt. Aktuell müssen die europäischen Kraftwerksbetreiber für den Ausstoß einer Tonne des Treibhausgases rund 25 Euro bezahlen – dreimal so viel wie Anfang 2018. Weil die Stromerzeugung aus Erdgas pro Kilowattstunde weniger CO2 ausstößt als der Einsatz von Kohle, verbessert ein steigender CO2-Preis die Wettbewerbsfähigkeit des Erdgases.
Die Emissionen des deutschen Strommix werden durch diese Entwicklung im Jahr 2019 weiter zurückgehen und sich der Marke von 400 Gramm CO2 pro Kilowattstunde nähern – das ist eine Halbierung innerhalb von drei Jahrzehnten trotz eines gleichzeitigen Rückgangs des Atomstroms von 28 auf nunmehr 12 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen