Produkte aus den USA meiden: Ohne Cola und Country-Musik
Zu Ketchup und Social Media gibt es genug europäische Alternativen. Zu „The White Lotus“ noch nicht. Ein Selbstversuch aus Protest gegen die USA.
W ar das eine Aufregung in der letzten Woche, Zölle, Handelskrieg, der DAX, der DAX, der DAX! Die deutsche Börse im Minus, ETFs verlieren an Wert! Negativtrend! Weltweite Talfahrt! Die asiatischen Märkte! Der Crash! Trump reißt uns alle in den Abgrund!
Nur bei mir wollte sich keine große Aufregung einstellen, vielleicht weil ich keine ETFs besitze, nicht weiß, was der MSCI World ist, und überhaupt zu wenig marktwirtschaftliches Verständnis und finanzpolitisches Know-how habe, um die Folgen eines Handelskriegs abzuschätzen.
Außerdem bin ich Optimistin und sehe noch keine Weltwirtschaftskrise kommen. Aber natürlich bin ich bereit, Opfer zu bringen, damit es nicht so weit kommt. Mehr oder weniger unverhohlen wird ja inzwischen dafür geworben, US-amerikanische Produkte zu boykottieren.
In der Berliner „Abendschau“, dem Regionalfernsehen Berlins, wurde eine Kundin im Supermarkt befragt, ob sie sich vorstellen könne, amerikanische Waren künftig links liegen zu lassen.
Ein Boykott von Harley Davidson und Whiskey wäre in ihrem Alter kein Problem, meinte die Seniorin lachend. Das veranlasste mich zu der Überlegung, was ich denn mal so an US-amerikanischen Produkten boykottieren und nebenher für mein Land tun könnte, um dem Trump’schen System so richtig eins auszuwischen.
Bei Lebensmitteln ist es noch einfach. Zu Cola-Getränken, Ketchup- und Erdnussbuttermarken und klebrigen Süßigkeiten gibt es genug europäische Alternativen. Wozu McDonald’s, wenn in Berlin in jeder Straße eine Burgerbraterei steht? Ein Tesla- oder Ford-Kauf war auch auf längere Sicht nicht geplant, eine USA–Reise steht nicht an.
Calvin Klein war nie mein Style
Hilfiger und Calvin Klein waren nie mein Style. Ja, ja, die Tech-Firmen. Aber ist es nicht nachhaltiger, den Akkutod des alten iPhones abzuwarten, als sich jetzt ein europäisches Fairphone zuzulegen?
Kulturell könnte ich sofort auf Fusion, Incel-Heavy-Metal, Christrock, Gangsta Rap und patriotischen Neo Country verzichten. Mich dem chinesischen Hollywood-Boykott anzuschließen, fiele nach jahrzehntelanger Übersättigung nicht schwer.
Über den Abschied von Instagram und Facebook wird ja überall räsoniert – solange Studi-VZ nicht zurück ist und sich anderen Altersgruppen öffnet, werden wir da nicht herauskommen.
Schön wäre es, wenn man auch vergangene kulturelle Errungenschaften und Moden aus den USA im Nachhinein canceln und dadurch wie in einer Zeitmaschine ihre globale Verbreitung rückgängig machen könnten: Jogging zum Beispiel, oder Achtsamkeit oder die Influencer-Kultur.
Aber wäre die US-amerikanische Joggingmode nie nach Deutschland gekommen, hätte sich hier die Trimm-Trab-Bewegung der 70er Jahre durchgesetzt. Wäre das besser gewesen?
Schmerzvoll wäre ein Boykott der Streamingdienste. Ein Leben nur noch mit der Arte Mediathek? Gerade jetzt, wo bei Netflix endlich die zehnte Staffel von „Real Housewives of Beverly Hills“ gestreamt wird? Und die dritte Staffel von „The White Lotus“ steht auch noch auf der Watchlist. Da warten wir mit dem Boykott erst mal die 90-tägige Zollpause ab.
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